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Die Oranienstraße in Kreuzberg – bald sollen hier der Autoverkehr eingestellt werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Update

Berliner Bezirk will „Flaniermeile“ schaffen: Oranienstraße soll weitgehend autofrei werden

Die Oranienstraße soll für den Autoverkehr weitgehend gesperrt werden. Auch an vielen anderen Stellen sollen Friedrichshain-Kreuzbergs Straßen umgebaut werden.

Wenig Platz, dichter Verkehr und viele Zweite-Reihe-Parker machen die Oranienstraße in Kreuzberg zu einer Gefahrenzone. Um die Lage zu entschärfen, will der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Straße für den privaten Autoverkehr ab 2024 weitgehend sperren. Das kündigten Verkehrsstadträtin Annika Gerold (Grüne) und der Leiter des Straßen- und Grünflächenamts, Felix Weisbrich, bei einem Pressetermin am Mittwoch an.

Nur Busse und Anlieger sollen dann noch Zufahrt haben. „Es wird dort keinen motorisierten Individualverkehr mehr geben. Dafür reicht der Platz nicht aus“, sagte Weisbrich.

Seit Jahren plant der Bezirk an der Neugestaltung der Oranienstraße zwischen Moritzplatz und Skalitzer Straße. Obwohl die umfangreichen Beteiligungsverfahren der Anlieger noch laufen, haben sich für die Verantwortlichen einige Erkenntnisse bereits durchgesetzt: „Die Straße ist gefährlich“, sagte Weisbrich.

Die Oranienstraße ist Anlaufstation für den Einzelhandel und Ausgehmeile, Unternehmen sollen ihre Waren leicht liefern können. Zugleich verläuft die wichtige Metrobuslinie M29 hier entlang und auch viele Radfahrer:innen nutzen die Strecke. Doch wegen des engen Straßenquerschnitts fehlt für eigene Radwege der Platz, da sich ansonsten keine Busse mehr kreuzen könnten, so Weisbrich. Für alle bisherigen Nutzungsformen zugleich fehle also der Platz. „Ein Faktor muss herausgenommen werden“, sagte der Amtsleiter. Die Wahl fiel auf den Autoverkehr.

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„Eine Einkaufs- und Flanierstraße mit hohem Radverkehrsanteil“

Der Platz, der durch den Wegfall der parkenden Pkw gewonnen wird, solle auch dem Fußverkehr zu Gute kommen. Bislang müssen sich Fußgänger:innen auf den schmalen Gehwegen der belebten Straße allzu oft aneinander vorbeidrängen. Angestrebt werde daher ein niveaugleicher Ausbau der Straße ohne Gehsteigkanten. „Es entsteht ein offener Charakter. Es wird eine Einkaufs- und Flanierstraße mit hohem Radverkehrsanteil und Busverkehr“, sagte Weisbrich.

Starten soll der Umbau nach derzeitigen Plänen 2024. Viele Details müssten im weiteren Verfahren allerdings noch geregelt werden, erklärte der Amtsleiter. So zum Beispiel wie der Durchgangsverkehr verhindert werden soll, Busse und Anlieger die Straße zugleich jedoch noch befahren können, wie Weisbrich einschränkte. „Das wird baulich sichergestellt.“ Wie genau, das müsse die weitere Planung noch zeigen.

Gerold und Weisbrich stellten am Mittwoch die Umbaupläne des Bezirks für den Straßenverkehr im laufenden Jahr vor. Im Fokus stehe dabei die Neueinrichtung oder Verbreiterung von Radwegen nach den Vorgaben des Mobilitätsgesetzes. Sobald die Kälteperiode endet, würden etwa auf der südlichen Seite der Stralauer Allee die Arbeiten am neuen, breiten Radweg beginnen, sagte Weisbrich. Dieser werde künftig auf der Fahrbahn geführt. Ein Fahr- beziehungsweise Parkstreifen des Autoverkehrs falle dafür weg. Geschützt werden soll die Radstrecke mit flachen Protektionselementen.

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Ebenfalls im Frühjahr soll der noch provisorische Abschnitt des ebenfalls geschützten Radwegs zwischen Kottbusser Tor und Hermannplatz in Angriff genommen werden. Bislang trennen im nördlichen Teil der Strecke bis zum Landwehrkanal Baustellenbaken und gelbe Markierungen den Pop-up-Radweg vom Parkstreifen. Nun soll die 2020 zunächst mit temporären Maßnahmen geschaffene Einrichtung ebenfalls wie auf dem Rest der Strecke beidseitig auf insgesamt 550 Metern zu einem baulichen Radweg mit festen Schutzelementen umgebaut werden.

Zeitgleich will der Bezirk ab dem Frühling auch den temporären Radweg entlang der Petersburger Straße zwischen Bersarinplatz und Landsberger Allee beidseitig auf einer Länge von insgesamt 1750 Metern verstetigen. Gleiches ist auf der Frankfurter Allee geplant, wo auf der nördlichen Fahrbahnseite zwischen Voigtstraße und Proskauer Straße anstelle der provisorischen Konstruktion ein dauerhafter Radweg eingerichtet werden soll. Einen geschützten Radweg soll im Verlauf des Jahres auch die Prinzenstraße zwischen Moritzplatz und Ritterstraße erhalten.

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Zusätzlich plant der Bezirk, rund 800 neue Radbügel größtenteils auf bisherigen Parkplätzen aufzustellen. „Das Thema Parkplätze wollen wir in der Erfassung ganz systematisch angehen“, sagte Annika Gerold. Nach Zählungen des Bezirks gebe es ungefähr 50 000 Abstellplätze für Autos in Friedrichshain-Kreuzberg. Rund ein Prozent davon, also etwa 500 sollen in diesem Jahr wegfallen. „Es gibt Bestrebungen, noch mehr zu machen“, sagte Gerold. So sollen künftig auch Stellplätze entfallen, um Platz für Fußgänger:innen zu schaffen und Flächen zu entsiegeln.

Letzteres werde ebenfalls eines ihrer zentralen Themen, kündigten Stadträtin Gerold an. „Wir haben zu viel versiegelte Infrastruktur und einen zunehmenden Handlungsdruck durch den Klimawandel.“ Ziel sei, bis 2026 die versiegelte Fläche im Bezirk um zehn Prozent zu senken. So sollen etwa die Baumscheiben vergrößert werden und alternative Straßenbeläge aufgebracht werden. Auf neuen verkehrsberuhigten Flächen wie dem Lausitzer Platz soll zudem mehr Grün entstehen.

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