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Auch sowas machen Stadträte: Hans Panhoff (l.) und Peter Beckers mit Winzer Daniel Mayer (hinten) und Weinkönigin Jana Sabban auf dem Kreuzberg bei der Weinlese.

© picture alliance / dpa

Berliner Bezirke stellen sich neu auf: Stadtrat - ein Job mit Freiheiten

Bezirksstadtrat? Klingt nach einem drögen Job, birgt aber Potenzial. Wer etwas draus macht, kann viel gestalten – und wird ziemlich gut bezahlt.

Von Fatina Keilani

Als Berufsbezeichnung klingt „Bezirksstadtrat“ vielleicht nicht gerade sexy, in Wahrheit kann das aber ein extrem wichtiger Job sein, durch den man im Bezirk viel bewirken und an allen Ecken die Ergebnisse seiner Arbeit sehen kann. „Auf vielen Feldern ist man allein verantwortlich“, sagt zum Beispiel Pankows Bürgermeister Matthias Köhne (SPD). Schließe ich die Stadtteilbibliothek? Gebe ich der Musikschule mehr Geld, und wenn ja, wem nehme ich es weg? Welches Theater fördere ich? Solche Fragen entscheiden Stadträte allein.

Die Bezirksverordnetenversammlung ist zwar nötig, um den Bezirkshaushalt zu beschließen, aber was der einzelne Stadtrat dann mit dem Geld macht, ist weitgehend seine Sache. Politik wird über Geld gemacht. „Und deswegen muss man sich sehr genau überlegen, welches Ressort man an die AfD vergibt“, sagt zum Beispiel Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). „Mir ist es ein Anliegen, dass weder das Jugend- noch das Bildungsressort in die Hand der AfD gerät.“ In Neukölln liege an mehr als der Hälfte der Schulen der Migrantenanteil bei über 90 Prozent, 80 Prozent der Investitionsmittel gehen in Schulen und Bildung. „Welche Prioritäten setzt da wohl jemand, der den Großteil unserer Bevölkerung ablehnt?“, fragt Giffey.

Die Freiheiten sind zugleich das Schöne am Stadtratsposten. Der Bürgermeister hat keine Richtlinienkompetenz, kann also nicht hineinregieren. Als Baustadtrat ist man besonders fein raus, speziell wenn es schon einen Bebauungsplan gibt. „Der Stadtrat entscheidet dann, was gebaut wird“, sagt zum Beispiel Norbert Kopp (CDU), Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf.

Kreativität kann knappe Kassen ausgleichen

Sibyll Klotz, grüne Stadträtin in Tempelhof-Schöneberg mit dem großen Ressort Gesundheit, Soziales und Stadtentwicklung, schwärmt von ihrem Job. „Es gibt ja nie genug Geld und Personal, also muss man kreativ sein“, sagt Klotz. Sie denke da zum Beispiel an die Seniorenfreizeitstätten des Bezirks. Die gehören nicht zu den staatlichen Kernaufgaben und sind daher immer bedroht; eine besonders heruntergekommene an der Grenze zu Neukölln stand vor der Schließung. Mit etwas Kreativität konnte sie gerettet werden. Der Trick: „Wir erbringen dort möglichst viele Produkte der Kosten- und Leistungsrechnung“, sagt Klotz. Diesen Bürokratenjargon muss man für das Amt des Stadtrats natürlich draufhaben. Übersetzt heißt das in etwa: Erst mal haben wir das Ding renoviert, dann jede Menge Träger und Veranstaltungen reingeholt, um es auszulasten, und nun rechnet es sich und alle sind glücklich.

Stadträte werden zu Beamten auf Zeit ernannt und nach B 4 bis B 6 besoldet, das heißt, ein Stadtrat erhält in Berlin ein Grundgehalt von 7533,07 Euro, der Bürgermeister bekommt 8465,63 Euro, sein Stellvertreter liegt mit B 5 dazwischen. Manche werden sogar über die Bezirksgrenzen hinaus bekannt, wie etwa Giffeys Vorgänger Heinz Buschkowsky, der mit seinen Thesen zu Integrationsproblemen eine Zeit lang in jeder Talkshow saß.

Schwieriger Umgang mit der AfD

Der Job des Bezirksamts ist es, die Landesgesetze umzusetzen. Das erledigen nicht alle Bezirke gleichermaßen streng, siehe den Streit um die Spätis.

Politik wird darüber gemacht, wofür man Geld ausgibt. „Wir sind eingeengt zwischen Personal- und Finanzvorgaben“, sagt Oliver Igel (SPD) aus Treptow-Köpenick. „Unser Regierungshandeln ist, Schwerpunkte zu setzen.“

Wenn jetzt die AfD in einigen Bezirken Stadtratsposten besetzen darf, wäre also zu schauen, welche Ressorts man ihr anvertraut. Dass sie Stadträte stellen wird, ist sicher, denn in Berlin werden die Posten nach Proporz besetzt und nicht danach, wer die Mehrheit hat, auch wenn manche das kritisieren und die Diskussion über das „politische Bezirksamt“ seit dem Wahlerfolg der AfD wieder neu aufgeflammt ist. Welche Ämter es geben muss, ist vorgeschrieben – zum Beispiel muss jeder Bezirk ein Jugendamt, Grünflächenamt, Ordnungsamt haben, insgesamt sind es zehn Ämter, sie stehen im Bezirksverwaltungsgesetz. Wo man sie jedoch ansiedelt, wie man also die Ressorts zuschneidet, bestimmen die Bezirke. Hier gäbe es Spielräume. Macht ein Stadtrat seinen Job nicht ordentlich, kann die BVV ihn mit Zweidrittelmehrheit abberufen.

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