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Pankow hat drei ganz unterschiedliche Seiten. Hier: Kaffeekultur in Prenzlauer Berg.

© dpa

Berliner Bezirke vor der Wahl: Pankow - der Dreigeteilte

Klischees in Prenzlauer Berg, Künstler in Weißensee, Idylle im Norden: In Pankow kann man alles finden – von Pferdekoppel bis Bionade-Biedermeier.

Längst braucht niemand mehr einen Sonderzug, um nach Pankow zu kommen. Alle Verkehrsmittel der Stadt fahren kreuz und quer hindurch – dringend notwendig in einem Bezirk, dessen drei prominenteste Ortsteile immer mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Das quirlige, hinter zahllosen Klischees manchmal kaum noch erkennbare Prenzlauer Berg, das vorwiegend grüne, als Wohngebiet begehrte Pankow selbst, und schließlich Weißensee, das durch die Kunsthochschule und den Jüdischen Friedhof bekannt ist, aber insgesamt noch ein wenig im Schatten der berühmteren Nachbarn liegt.

Pankows Name ist – historisch betrachtet – immer noch leicht kontaminiert. Konrad Adenauer sprach von den „Herren aus Pankoff“, wohl kein Versprecher, sondern ein kleiner Seitenhieb auf die russokratische Bonzifizierung des Majakowskirings, wo die DDR-Elite wohnte, bis sie sich 1960 nach Wandlitz in Sicherheit brachte.

Doch das beschauliche, heute wieder stark gefragte Villenviertel Niederschönhausen ist ja nur ein winziger Teil eines Flächenbezirks, der von der Stadtmitte in Prenzlauer Berg bis draußen nach Buch reicht und damit als einziger nicht nur einen wesentlichen Teil der Ost-City umfasst, sondern draußen sogar vom Autobahnring geschnitten wird – und einen alten Dorfanger an der Kirche haben sie auch noch.

Mehr Wohnungen im Grünen

Noch ein Klischee gefällig? „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, nach Pankow war sein Ziel.“ Der Gassenhauer, der im Biergarten beginnt und letal endet, blendet in eine Zeit zurück, in der Pankow vor allem grünes Ausflugsziel für beengte Städter war. Davon ist allerhand erhalten geblieben, denn hier gibt es immer noch relativ viel Grün und relativ viel Platz. Deshalb ließen sich dort schon kurz nach der Wende viele Neu-Pankower nieder. Auf den Brachflächen in Französisch Buchholz entstanden schon in den 90er Jahren 3000 Wohnungen, vor allem Reihen- und Einfamilienhäuser, auf der Elisabeth-Aue sollen demnächst noch einmal 5000 dazukommen.

Prenzlauer Berg hat den Helmholtzplatz mit seiner Armada teurer Kinderwagen, Pankow den Bürgerpark, der seine Besucher mit einem alten Berliner Problem drangsaliert, den Flugzeugen nach Tegel, die hier so niedrig über den Bäumen hängen, dass Neulinge unwillkürlich alle paar Minuten einmal den Kopf einziehen. Und Weißensee, nicht zu vergessen, hat den Weißensee mit Café, Freilichtbühne und Badestelle, die zeitgemäße Version Zille’scher Stadtidyllen.

Längst gibt es dort und im Ortsteil Pankow mehr Zuzüge als in Prenzlauer Berg, der Geburtsstätte des viel belächelten Bionade-Biedermeiers, wo die Mieten und die Preise für Wohneigentum längst in die Stratosphäre geschossen sind.

Die Welt am Kollwitzplatz

Touristen suchen in Pankow natürlich immer noch die fein restaurierte Idylle, die sie vor allem am Kollwitzplatz finden, dem Epizentrum der weltweiten Prenzlauer-Berg- Hysterie. Bill Clinton war 2000 mal im „Gugelhof“, zusammen mit Joschka Fischer, Gerhard Schröder und Madeleine Albright, das hat man sich auch in den USA gemerkt. Etwas weniger spektakulär geht es in Oderberger Straße und Kastanienallee zu, dem Dorado der Berliner Modelabels und Designer. Richtig was los ist im Mauerpark, der eigentlich nur ein Stück Wiese entlang der alten Mauer ist, sich aber an jedem Wochenende in ein riesiges Karaoke-Zentrum mit Sonntags-Flohmarkt verwandelt.

Ganz im Norden Pankows, in den Ortsteilen Karow und Blankenfelde, wechselt die Szenerie abrupt auf ländlich, es gibt Naturschutzgebiete, Pferdekoppeln, Kartoffelfelder – bis dann noch weiter draußen das entlegene Buch wieder in die Stadt zurückführt. Campus Berlin-Buch heißt der Wissenschafts- und Technik- Standort, es gibt nebenan eine renommierte Großklinik und viel Wohnraum in bescheidenen Mehrfamilienhäusern.

Schließlich hat der Bezirk auch noch ein richtiges Barockschloss, das Schloss Schönhausen, das 1621 von der preußischen Adelsfamilie zu Dohna errichtet wurde und seine heutige Gestalt um 1765 unter Friedrich dem Großen erhielt. Der schöne Park wird von der Panke durchflossen. Heute ist es ein Museum, das die lebhafte Geschichte des Gebäudes spiegelt: Es war zu DDR-Zeiten auch Sitz des Staatspräsidenten Wilhelm Pieck. Womit wir wieder in „Pankoff“ wären – aber die hohe Politik hat den Bezirk längst und für immer verlassen.

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