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BERLINER Chronik: 25. November 1987

Die DDR-Staatsmacht geht gegen die regimekritische Umweltbibliothek vor.

Im Herbst 1987 schien sich in der DDR viel zu ändern: In Moskau ließ Michail Gorbatschow mit „Glasnost“ („Transparenz“) Berichte über Probleme des Alltags ebenso zu wie über Katastrophen. Die DDR konnte sich schlecht entziehen. Für die Umweltbibliothek in der Zionskirche war das zunächst positiv: Seither konnten die Oppositionellen Wolfgang Rüddenklau und Carlo Jordan halb legal Bücher zur Umwelt und anderen verbotenen Themen drucken. Eine andere Bürgerrechtsbewegung, die „Initiative Frieden und Menschenrechte“ (IFM), druckte schon seit anderthalb Jahren ihr Untergrundblatt „grenzfall“ ohne kirchlichen Schutz. Die Hoffnung auf bessere Zeiten wuchs. Doch in der Nacht auf den 25. November wurde sie zerschlagen.

Die Ost-Berliner Staatsanwaltschaft und die Staatssicherheit durchsuchten in der Nacht zweieinhalb Stunden die Räume der evangelischen Zionsgemeinde. Alle Kopiergeräte sowie Manuskripte werden beschlagnahmt, mehrere Personen festgenommen, gegen zwei ergeht Haftbefehl.

Die Aktion löst helle Empörung aus. Bischof Gottfried Forck besucht demonstrativ die Gemeinde. Regimekritiker protestieren mit Demonstrationen und mit ständigen Mahnwachen vor der Zionskirche. Die DDR-Presse meldet knapp, man habe die Verhafteten „auf frischer Tat bei der Herstellung staatsfeindlicher Schriften ertappt“. Ermittelt wird wegen „Zusammenschluss zur Verfolgung gesetzwidriger Ziele", was mit Gefängnis bis zu fünf Jahren geahndet wird. Wie in Ost-Berlin lädt die Stasi in anderen Städten Regimekritiker vor und untersagt ihnen Reisen nach Berlin. Brigitte Grunert(mit epd)

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