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BERLINER Chronik: 4. März 1987

West-Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen DDR-Flüchtlinge.

Eine abenteuerliche Flucht im Kugelhagel hat in West-Berlin ein juristisches Nachspiel, das viel Aufsehen erregt. Wie die Zeitungen und Rundfunksender im Westen der geteilten Stadt ausführlich berichten, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwei junge Leute. Sie hatten Ende August 1986 mit ihrer damals acht Monate alten Tochter in einem gestohlenen Lastwagen die Grenzsperren der DDR nach West-Berlin durchbrochen. Der schwer mit Kies beladene Lastwagen war mit hohem Tempo in den westlichen Grenzbereich gerast, so dass die hier überraschten Autofahrer zu waghalsigen Ausweichmanövern gezwungen waren. Ermittelt wird jetzt im Westen gegen die Flüchtlinge wegen Diebstahls (des östlichen Lastwagens) und wegen Straßenverkehrsgefährdung (im Westen). Beides ist natürlich im Westen wie im Osten strafbar. Das junge Paar kann sich nach Darstellung der West-Berliner Staatsanwaltschaft auch nicht auf einen „übergesetzlichen Notstand“ berufen. Denn kein Flüchtling dürfe das Leben anderer Menschen gefährden, wie es weiter vonseiten der Ermittler hieß. Lediglich die anfänglichen Ermittlungen wegen Sachbeschädigung (der DDR-Sperranlagen) wurden nach Absprache mit dem Justizsenator Rupert Scholz (CDU), der später Verteidigungsminister unter Helmut Kohl wurde, eingestellt. Brigitte Grunert

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