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Joachim Zeller (CDU) Mitglied des Europäischen Parlaments.

© Kai-Uwe Heinrich

Berliner EU-Politiker: Joachim Zeller verabschiedet sich aus dem Europäischen Parlament

Er wäre gerne länger geblieben. Nach zehn Jahren Europapolitik verlässt Joachim Zeller das EU-Parlament. Doch ganz kehrt er Brüssel nicht den Rücken.

Von Sabine Beikler

Dass jedes Land „sein Bahnmodell“ pflegt, aber Hochgeschwindigkeitsstrecken im europäischen Schienensystem gebaut werden, kann Joachim Zeller nicht verstehen. Der CDU-Europaabgeordnete fordert nicht nur auf den Transportwegen eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der EU. Auch die binationalen Grenzregionen müssten eine größere Unterstützung erhalten. „Es gibt noch zu viele nationale Hürden“, sagt der überzeugte Europäer, der sich nach zehn Jahren Europapolitik aus dem Europäischen Parlament verabschiedet.

Ganz kehrt er Brüssel nicht den Rücken: Er will im „Verein der ehemaligen Mitglieder des Europäischen Parlaments“ mitarbeiten und die Sitzungen des Parlaments verfolgen. Der 66-Jährige ist stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss für regionale Entwicklung, Mitglied im Entwicklungsausschuss und im Haushaltskontrollausschuss. Als stellvertretendes Mitglied arbeitet er im Unterausschuss Menschenrechte und ist Mitglied der Delegation in den Ausschüssen für parlamentarische Kooperation zwischen EU und Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan und der Mongolei.

Kontakte zu Polen liegen ihm am Herzen

Joachim Zeller hat in den vergangenen Jahren an 32 Wahlbeobachtungen teilgenommen und ist viel gereist. Vor allem gute Kontakte mit dem Nachbarland Polen liegen ihm am Herzen. Zeller hatte in den 1970er Jahren während seines Slawistikstudiums an der Humboldt-Uni auch in Krakau studiert und spricht Polnisch, Russisch und Englisch.

Er ärgert sich auch heute noch über die schlechten Bahnverbindungen nach Polen, hofft, dass die Strecke Berlin-Stettin ausgebaut wird und freut sich, dass der Kulturzug zwischen Berlin und Wroclaw (Breslau) sogar zweimal fährt, nämlich am Freitag und am Sonnabend. Der seit 2016 verkehrende Kulturzug ist inzwischen so erfolgreich, dass er bis Ende 2020 verlängert wird.

Bevor Zeller 2009 ins EU-Parlament einzog, war er 17 Jahre lang Kommunalpolitiker in Mitte: erst Stadtrat, von 1996 bis 2006 Bezirksbürgermeister, anschließend stellvertretender Bürgermeister. Zeller hatte damals schon ständig mit der EU-Förderpolitik zu tun und weiß, wie viel europäisches Geld in städtischen Projekten steckt. „Selbst EU-Direktbeihilfen flossen in bäuerliche Betriebe nach Lübars.“

Gerne wäre er noch länger geblieben

Über drei Jahre war Joachim Zeller in dieser Legislatur Berichterstatter im EU-Parlament für die Haushaltsentlastung der Kommission. Er musste sich durch Berichte des EU-Rechnungshofes, durch die Jahresberichte der Generaldirektionen der Kommissionen durcharbeiten und seine Empfehlungen abgeben. Er erinnert an die Affäre um Subventionsbetrug, in die der tschechische Regierungschef Andrej Babis seit drei Jahren verwickelt ist. Gegen Babis ermittelt die EU-Korruptionsbehörde Olaf.

Zeller wäre schon gern noch weiter in Brüssel aktiv gewesen. Aber er weiß, dass Mandate auf Zeit sind. Und er kennt seine Berliner Union. Als diese nach dem Bankenskandal die ersten Schritte durch das Tal der Tränen machte, musste 2003 Zeller als Landesvorsitzender ran. Zwei Jahre überstand der Politprofi dieses Ehrenamt. Da half ihm auch sein staubtrockener Humor und die Musik.

Der 66-Jährige ist ein leidenschaftlicher Musiker, besitzt eine beeindruckende Gitarrensammlung und spielt auch mal E-Gitarre. Oft griff er in Brüssel nach langen Parlamentstagen zur Gitarre. „Musik ist das Beste, um mit sich selbst ins Reine zu kommen“, betont er. Jetzt wird er für Familie, Folk, Blues und Rock mehr Zeit haben.

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