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Berliner FDP: Altliberaler fordert mehr Piratentum

Der Plan des Landesvorstands der FDP lautet: weitermachen. Obwohl man nicht mal mehr in einer einzigen Bezirksverordnetenversammlung sitzt. Nicht in Mitte, nicht in Charlottenburg-Wilmersdorf und auch nicht in Steglitz-Zehlendorf.

Jürgen Dittberner ist am Sonntag zu Hause geblieben. Er kennt das, wie es ist, wenn die FDP aus dem Abgeordnetenhaus fliegt und man einsam auf der Wahlparty rumsteht. Er war dabei: 1995, 1999. Dittberner, Politologe, FDP-Mitglied und einst Staatssekretär im Senat, sagt, dass er diese 1,8 Prozent „deprimierend und peinlich findet“. Die Partei sei zertrümmert. Dittberner sitzt am Montagmittag am Flughafen Tegel, um nach Griechenland zu fliegen. Er sagt, das sei keine Flucht, der Urlaub sei lange geplant gewesen.

Dittberner hat noch eine Botschaft für die Partei, für die er bis jetzt als Bezirksverordneter in Charlottenburg-Wilmersdorf gesessen hat. Er findet: „Man kann nicht sagen, ich mache einfach so weiter und ziehe keine Konsequenzen. Das geht jetzt nicht.“

Das aber ist der Plan des Landesvorstands: weitermachen. Auch wenn man nicht mal mehr in einer einzigen Bezirksverordnetenversammlung sitzt. Nicht in Mitte, nicht in Charlottenburg-Wilmersdorf, nicht mal in Steglitz-Zehlendorf. Das Argument fürs Weitermachen lautet: Gerade weil es so desaströs ausgegangen sei, müsse man nun vermeiden, „aus der Hüfte zu schießen“. Ein schneller Rücktritt Meyers, finden viele, würde nur verhindern, dass man sich „ehrlich mit den Fehlern beschäftigt“. Zwar hat der bisherige Fraktionsvize Sebastian Czaja den Rücktritt Meyers gefordert, aber niemand hat ihn öffentlich unterstützt. Die Jungen Liberalen wollen einen Sonderparteitag, der auch „personelle Konsequenzen ziehen kann“. Sollten die Angriffe auf Meyer zu stark werden, warnt der andere Fraktionsvize, Klaus-Peter Lüdeke aus Steglitz-Zehlendorf, „dann werde ich intervenieren“.

Am heutigen Dienstag trifft sich der Landesausschuss, dann wird man sehen, wie geschlossen die Reihen sind. Vermutlich wird es darauf hinauslaufen, dass Meyer bis Weihnachten weitermachen kann, danach könnte es sein, dass sich aus den Reihen der verbliebenen Mandatsträger im Bundestag einer findet, der übernimmt. Im Prinzip kommen dafür nur die Bundestagsabgeordneten Martin Lindner, einst FDP-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, oder Schatzmeister Lars Lindemann infrage.

Nun muss sich die Partei fragen, wie man sichtbar bleiben kann. Volker Thiel, bisheriger Abgeordneter aus Treptow/Köpenick, kann sich an die „bittere Zeit“ von 1995 bis 2001 erinnern, in der die Liberalen ebenfalls draußen standen. „Wir haben hart gearbeitet, aber das war für den Papierkorb.“ Jeder müsse sich nun fragen, ob er den Biss für diesen Job habe.

Dittberner wiederum fordert einen „völligen Neuaufbau. Wir müssen Schluss machen mit den alten Konzepten einer liberalen Mittelstandspolitik. Es gibt in Berlin gar keinen liberalen Mittelstand. Wir müssen uns viel mehr um die neuen Bürgerbewegungen kümmern und um die neuen sozialen Netzwerke im Internet. Das hat uns die Piratenpartei vorgemacht.“ Dann hat der 71-Jährige noch einen Wunsch, bevor er nach Samos davonfliegt. Er würde es doch sehr begrüßen, wenn sich „nun Leute von ganz unten trauen, in die Partei zu gehen, um sie zu erobern“. Piratenmäßig sozusagen.

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