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Der Rechnungshof kontrolliert die Haushalts- und Finanzpolitik des Senats.

© Tobias Hase/dpa

Berliner Finanzen: Karin Klingen soll Chefin des Rechnungshofs werden

Nach langem Streit einigt sich Rot-Rot-Grün doch noch auf eine Kandidatin. Die sozialdemokratische Juristin soll Ende Juni vom Parlament gewählt werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es sieht so aus, als wenn sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) bei einer wichtigen Personalie koalitionsintern durchsetzen kann. Wenn nichts mehr schief geht, wird die Abteilungsleiterin in der Senatskanzlei, Karin Klingen, Ende Juni in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses vor der Sommerpause zur neuen Präsidentin des Berliner Rechnungshofs gewählt. Mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen, wobei es bei geheimen Abstimmungen im Parlament immer ein Restrisiko gibt.

Die Oppositionsfraktionen CDU, AfD und FDP wollen der Sozialdemokratin nicht ihr Vertrauen schenken. Es dauerte eine Weile, bis der Personalvorschlag in den Reihen der Regierung ausdiskutiert war. Kritik gab es zunächst von Linken und Grünen, die sich in das Auswahlverfahren nicht rechtzeitig einbezogen fühlten. In allen drei Koalitionsfraktionen gab es ein gewisses Unbehagen, weil die Kandidatin über Jahre in der SPD Parteipolitik betrieb und in Sachsen-Anhalt sogar für den Bundestag kandidierte. Zudem gab es Zweifel, ob eine bisherige leitende Beamtin in der Senatskanzlei unabhängig genug ist, um künftig die Berliner Finanzen scharf zu kontrollieren.

Klingen mühte sich, Zweifel zu zerstreuen

Mitte Mai trafen sich Regierungschef Müller, seine Stellvertreter Ramona Pop (Grüne) und Klaus Lederer (Linke) mit den Vorsitzenden der Regierungsfraktionen zu einem Krisentreffen, um das Thema abzuräumen. Müller machte deutlich, dass er von Klingen nicht abrücken wolle, obwohl ihm die Fraktionschefs nicht zusichern konnten, dass bei der Wahl im Abgeordnetenhaus alle Abgeordneten für die Bewerberin stimmen würden. Man einigte sich darauf, eine Denkpause einzulegen, die dazu führte, dass weder Linke noch Grüne oder gar die SPD der 52-jährigen Juristin den Karrieresprung noch verwehren wollen. Voraussichtlich wird sie am 28. Juni, in der letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause mit rot-rot-grüner Mehrheit gewählt.

Dem Vernehmen nach hat sich Klingen in den letzten Wochen darum bemüht, Zweifel an ihrer Unabhängigkeit zu zerstreuen. Erstens ließ sie intern wissen, dass sie schon vor ihrer Bewerbung alle innerparteiliche Funktionen abgegeben habe. Zweitens versprach sie, als Rechnungshofpräsidentin an keiner Finanzprüfung beteiligt zu sein, die die Senatskanzlei betrifft. Trotz alledem wird Klingen, die knapp zwei Jahrzehnte im Landesdienst Sachsen-Anhalts stand und erst vor drei Jahren nach Berlin kam, sich das Vertrauen des gesamten Parlaments erst erarbeiten müssen – mit einem Monatsgehalt von 9916 Euro im Rücken.

Ihre parteilose Vorgängerin Marion Claßen-Beblo, die Ende April in den Ruhestand ging, war 2009 mit einer breiten Mehrheit (87 Prozent) vom Abgeordnetenhaus gewählt worden. Einen Monat zuvor hatte Hella Dunger-Löper, SPD-Urgestein und Vertraute des damaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) eine Niederlage erfahren müssen. Die Juristin fiel im Parlament durch, weil ihr Abgeordnete der rot-roten Koalition die Stimme verweigerten.

Das warf einen Schatten auf die ansonsten glänzende sozialdemokratische Bilanz. Denn von 1968 bis 2009 war die Führung des Landesrechnungshofs fest in SPD-Hand. Das war unter anderem dem christdemokratischen Regierungschef Eberhard Diepgen zu verdanken, der 2001 das SPD-Mitglied Jens Harms für den Präsidentenjob vorschlug, obwohl auf der Kandidatenliste ursprünglich nur Christdemokratzen standen. Damals hatten führende SPD-Leute von der Senatskanzlei gefordert, solche Spitzenämter "nicht nach Art des Hauses zu vergeben".

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