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Die Zustände im vom PeWoBe betriebenen Flüchtlingsheim in der Hellersdorfer Maxi-Wander-Straße standen zuletzt in der Kritik.

© Kitty Kleist-Heinrich

Update

Berliner Flüchtlingsheimbetreiber: PeWoBe-Mitarbeiter fabulierten über "Kinderguillotine"

Die Rede ist von "max. Pigmentierten" und einem "Krematorium": Interne E-Mails der PeWoBe, über die "BZ" und "Bild" berichten, enthalten schockierende Aussagen. Die Grüne Pop fordert nun, alle Verträge mit der Pewobe fristlos zu kündigen.

Von Sabine Beikler

Die Pewobe ist erneut in den Schlagzeilen. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) ist „entsetzt“, Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) findet es „ekelerregend und eine Grenzüberschreitung“. Die Fraktionschefin der Grünen und Spitzenkandidatin, Ramona Pop, fordert, zu prüfen, ob die Mails einen Straftatbestand erfüllen. "Außerdem erwarte ich, dass das Land alle Verträge mit der Pewobe fristlos kündigt", sagte Pop dem Tagesspiegel am Sonntag. Die Rede ist von E-Mails leitender Mitarbeiter der Heimbetreiberin Pewobe (Professionelle Wohn- und Betreuungsgesellschaft). Diese tauschten sich zunächst darüber aus, was mit einer 5000-Euro-Spende von BMW in einem Heim gemacht werden könnte. Ein Sandkasten sei jedoch „bei unseren Bewohnergruppen ganz schnell ein Aschenbecher oder ein heimisches Klo“, schrieb Peggy M., zentrale Wohnheim-Koordinatorin bei der Pewobe. Und schlägt stattdessen unter anderem eine „Kinderguiolltine“, also eine Kinderguillotine, vor. „Bild“ und „BZ“ machten die Vorgänge am Sonnabend öffentlich.

In dem angeschlagenen Duktus geht es in den auf Juli 2015 dotierten Mails weiter. Der abstoßende Vorschlag von Peggy M. findet Zustimmung von Birgit B.: „.... mal was anderes als das Standartprogramm“. Mal ist die Rede von den 5000 Euro der „BMW-Gutmenschen“, dann geht es um „Enthauptungen“, die Dreck machen würden, „weil es immer ein bisschen spritzt“. Und als Entsorgungsmöglichkeit schlägt Birgit B. ein „großvolumiges Krematorium“ vor. „Der Vorteil ist, dass wir dann auch unser Umweltzertifikat wieder bekommen, weil wir die Abwärme sinnvoll und zielführend einsetzen können. Wir sind so gut!“ Und in dem Kontext ist auch die Rede von „max. Pigmentierten“, deren Aufgabe die Reinigung sein sollte.

Sozialsenator Czaja ist fassungslos. „Ich war entsetzt, als ich die Auszüge aus den E-Mails gelesen hatte“, sagte Czaja. Auf Grundlage der „Gesamtschau der Situation in den Berliner Pewobe-Einrichtungen“ bewertet die Sozialverwaltung derzeit, „ob die Pewobe generell noch als Betreiber von Flüchtlingsunterkünften in Berlin geeignet ist“. Der Sozialverwaltung wurde der zitierte E-Mail-Verkehr von einer anonymen Quelle ebenfalls zugespielt. „Wir hatten die Pewobe umgehend zu einer Stellungnahme aufgefordert und das Material dem Verfassungsschutz zur Prüfung übergeben. Die Pewobe hat uns gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass es sich um Auszüge handelt, die aus dem Zusammenhang gerissen sind“, hieß es.

„Mario Czaja ist jetzt in der Pflicht“, sagte Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) dem Tagesspiegel. Was müsse denn lange geprüft werden, fragt Kolat. „Ich erwarte, dass Czaja sofort Konsequenzen zieht“, sagte Kolat. Der Umgang mit der Pewobe werde in der nächsten Senatssitzung am Dienstag Thema sein. Bernhard Schodrowski, stellvertretender Senatssprecher, sagte, dass der Senat über die vorliegenden Mails „genauso schockiert wie die zuständige Senatsverwaltung“ sei. Der Senat sei sicher, dass „die Sozialverwaltung die richtigen und notwendigen Schritte gegenüber dem Heimbetreiber ergreift“.

Die 5000-Euro-Spende der Berliner BMW-Hauptstadt-Niederlassung am Kaiserdamm ging an das Flüchtlingsheim in der Rognitzstraße. „Das Geld wurde guten Gewissens gespendet und für den Bau eines Spielplatzes verwendet“, sagte Nicola Brüning, Leiterin der Repräsentanz Deutschland von BMW, dem Tagesspiegel. Brüning kommentierte die Mails nicht. Das BMW Werk in Spandau hat laut Sprecherin Romy Ertl kürzlich 20 000 Euro an die Initiative „GermanNow“ gespendet, die in den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof Deutsch-Kurse anbieten und eine Ausstellung in der Galerie „Under the mango tree“, Merseburger Straße 14 in Schöneberg, mit Malereien von Flüchtlingen organisiert haben.

Die Pewobe ist nicht das erste Mal in den Schlagzeilen. Sie äußerte sich auf Anfrage des Tagesspiegels nicht. Die Pewobe wird von der Berliner Anwaltskanzlei Irle Moser vertreten. Auf Anfrage des Tagesspiegels ging auch von der Kanzlei keine Stellungnahme ein. Allerdings zitieren „Bild“ und „BZ“ eine Erklärung, in der die Kanzlei unter anderem darauf hinweist, dass das Thema „Guillotine“ nachweislich „zwar in völlig überzogener aber niemals auch nur ansatzweise ernstgemeinter Weise“ diskutiert worden sei. „Hintergrund“ sei ausweislich der vorliegenden E-Mail-Korrespondenz „ein durch das Rechtschreibkorrekturprogramm T9 verursachter Korrekturfehler, wie er bei gebräuchlichen Mobiltelefonen häufiger auftaucht und insoweit zu teilweise absurden Wortschöpfungen führt“. Warum dieses Programm offensichtliche orthografische Fehler nicht beseitigt hat, wird nicht erklärt. Auch heißt es, die Mail-Korrespondenz sei am Sonntagnachmittag beziehungsweise -abend geführt worden und daher nicht der dienstlichen Sphäre zuzuordnen.

Wer in der Freizeit so denkt, hat auch in der Dienstzeit respektlose Meinungen. Spätestens mit diesen Relativierungen haben sich nicht nur die einzelnen Beteiligten sondern auch die Gesamtorganisation für diese Aufgabe komplett disqualifiziert.

schreibt NutzerIn Soungoula

Die Pewobe betreibt in Berlin neun Heime: in der Maxie-Wander-Straße (Hellersdorf), Rognitzstraße (Charlottenburg), am Schöneberger Ufer (Tiergarten), Haarlemer Straße (Neukölln), Bühringstraße (Weißensee), Scharnweberstraße (Reinickendorf), Bornitzstraße (Lichtenberg), Colditzstraße (Tempelhof) und in der Wassersportallee (Grünau). Das Landesamt für Flüchtlingsfragen (LAF) hatte entschieden, die Zusammenarbeit in der Maxie-Wander-Straße zu beenden (siehe Kasten).

In den Qualitätskriterien des LAF ist festgelegt, dass mindestens die Hälfte des Personals in einem Heim über eine fachliche Eignung verfügen muss, also eine pädagogische Ausbildung oder ein Studium der Sozialpädagogik/Sozialarbeit. Mit der Pewobe bestehe in dieser Frage „Dissens“, heißt es. „Der Betreiber vertritt mit Verweis auf den Datenschutz eine andere Rechtsauffassung und verweigert die Vorlage der Qualifizierungsnachweise“, sagte Sprecherin Regina Kneiding. Dies werde „in die Gesamtbewertung“ der Pewobe mit einfließen.

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