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Bislang untersuchen amtliche Ärzte die Kinder vor der Einschulung.

© dpa

Berliner Gesundheitsdienst: Nicht genug Kinderärzte für Schuluntersuchungen

Für Schuluntersuchungen fehlt es an Kinderärzten. Im Berliner Gesundheitsdienst sind hunderte Stellen offen. Senator Mario Czaja will überprüfen lassen, was von den Behörden künftig noch erledigt werden soll.

Im Berliner Gesundheitsdienst fehlen nach wie vor mehr als 300 Mitarbeiter. Wie aus Zahlen der Senatsgesundheitsverwaltung und der Bezirke hervorgeht, sind allein in den Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten mehr als 20 Arztstellen unbesetzt. Mediziner bewerben sich trotz Bemühungen von Bezirken und Senat ungern im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). Da in den Wintermonaten die Schuleingangsuntersuchungen anstehen, könnte das zum Problem werden: Rund 30 000 Kita-Kinder müssen bis März von amtlichen Ärzten untersucht werden.

Kitas wissen nicht, wie viele Plätze sie nächstes Jahr haben

Von den Ergebnissen hängt ab, ob die Kinder eingeschult werden. Kita-Plätze in Berlin sind knapp, fast überall gibt es Wartelisten. Deshalb dürfte wartende Eltern ärgern, wenn die Untersuchungen nicht wie vorgesehen bis März, sondern länger dauern. Denn erst danach wissen die Kitas, wie viel freie Plätze sie haben. „Wir haben unsere Kinderarztstellen zum Glück besetzt, aber mich rufen regelmäßig Kollegen aus anderen Bezirken an und fragen nach Unterstützung“, sagte Matthias Brockstedt, Chef der Kinder- und Jugendgesundheitsdienste in Mitte. Das dortige Gesundheitsamt ist sonst weniger gut aufgestellt, es fehlen amtliche Hygieniker.

Doch nicht nur in Mitte – wo zahlreiche Institutionen ihren Sitz haben und viele Massenveranstaltungen stattfinden – droht der Personalmangel zum Problem für Katastrophenschutz, Seuchenbekämpfung und Bedürftigenversorgung zu werden. Aus Ämtern und Berufsverbänden heißt es, die Vorbehalte gegen einen Job in den Bezirken werde Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) kaum wegbekommen. Gerade Fachärzte gehen lieber in die Kliniken, wo Aufstiegschancen und Gehalt größer sind. In einem Brief an den Unterausschuss „Produkthaushalt und Personalwirtschaft“ des Abgeordnetenhauses schreibt Czaja: Neben höheren Tarifstufen, um Ärzte zu gewinnen, wird derzeit zur „Verbesserung des Images des ÖGD“ eine Broschüre erstellt. Der Opposition ist das zu wenig. „Imagekampagnen bringen wenig, Czaja muss sich mit allen Akteuren an einen Tisch setzen“, sagte Heiko Thomas, Gesundheitsexperte der Grünen.

Werden die Gesundheitsdienste verkleinert?

In dem Brief spricht Czaja auch eine „aufgabenkritische Überprüfung“ des ÖGD an. Das bedeutet: Welche Aufgaben sollen von Behörden erledigt werden, welche können an gemeinnützige oder privatwirtschaftliche Träger ausgelagert werden? Dies könnte heißen, neue Aufgaben wieder abzugeben. Oder aber alte Aufgaben auszugliedern. Etwa Schuluntersuchungen: Kinder werden dann nicht in den Ämtern, sondern von niedergelassenen Ärzten untersucht. Die stellen dem Senat (oder womöglich den Krankenkassen) entsprechende Rechnungen. Senat und Bezirke müssten das Jahr über weniger Amtsärzte bezahlen.

Ob solche Untersuchungen dann vergleichbar seien, bezweifelt Wolfgang Albers (Linke), Chef des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus. Haushaltsexpertin Manuela Schmidt (ebenfalls Linke) hatte am Donnerstag auf die Mehreinnahmen des Senats aufmerksam gemacht: Weil Berlin mit 1,2 Milliarden Euro Steuerplus rechnen könne und dazu weniger Zinsen auf Altschulden zahlen müsste, fordert sie einen Nachtragshaushalt für 2013. Auch für den ÖGD sei Geld da. Gehe man den Weg der Aufgabenreduzierung weiter, sagte Albers, drohe irgendwann ein „Rumpf-Gesundheitsamt“ – und welcher Arzt bewerbe sich dann überhaupt noch?

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