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Berlin: Berliner Grüne: Ja zum Atomkonsens, aber demonstrieren gegen Castoren

Gerade noch rechtzeitig vor der Bundesdelegiertenkonferenz am Wochenende hat der Grünen-Parteirat mit dem Kompromisspapier "Den Atomausstieg nutzen" einen innerparteilichen Konflikt über Atommülltransporte und Castor-Transporte beigelegt. Die Berliner Grünen-Delegierten werden diese Resolution am Sonnabend mehrheitlich unterstützen.

Von Sabine Beikler

Gerade noch rechtzeitig vor der Bundesdelegiertenkonferenz am Wochenende hat der Grünen-Parteirat mit dem Kompromisspapier "Den Atomausstieg nutzen" einen innerparteilichen Konflikt über Atommülltransporte und Castor-Transporte beigelegt. Die Berliner Grünen-Delegierten werden diese Resolution am Sonnabend mehrheitlich unterstützen. In dem Papier wenden sich die Grünen ausdrücklich dagegen, "Anti-Atom-Proteste zu denunzieren oder zu kriminalisieren". Das schließe den zivilen Ungehorsam oder auch gewaltfreie Blockaden mit ein. Die Partei will aber nicht "zu Aktionen, Demonstrationen oder Blockaden aufrufen, die sich gegen den Atomkonsens wenden". Laut Resolution wolle man sich auch weiterhin "im Umfeld der Transporte an Demonstrationen beteiligen, die auf der Basis des Atomkonsenses für einen schnellstmöglichen Atomausstieg erfolgen".

Die Grünen-Spitze zählt die Castor-Transporte von La Hague nach Gorleben zum Atomkonsens dazu. Die Position im Grünen-Landesverband Berlin ist an dem Punkt gespalten. Vorstandssprecherin Regina Michalik: "Ich stehe zum Atomkonsens. Wir mobilisieren zur Großdemonstration am 24. März in Lüneburg, aber auch zum Tag X, wenn der Castor rollt." Bereits im Dezember 1999 hat der Landesverband verabschiedet, gegen Castortransporte zu mobilisieren, "so lange der Atomausstieg nicht gesetzlich geregelt ist". Bis heute hätten die Energiekonzerne den Konsens aber nicht unterschrieben. "Deshalb halten wir Demonstrationen für sinnvoll, um den gesellschaftlichen Druck zu erhöhen."

Der Berliner Grünen-Abgeordnete Hartwig Berger ist Mitglied der "Atompolitischen Opposition bei den Grünen" und erklärter Castor-Gegner. "Dieser Transport nach Gorleben öffnet die Tür für die geplanten Transporte nach Frankreich." Diese "Türöffner-Funktion" könne er nicht mittragen. Das Argument, Deutschland habe seinen Atommüll zurückzunehmen, diene einer "verlogenen Ausrede, mit der Atomtransporte aus Deutschland in andere Länder ermöglicht werden soll". Dem Transport nach Gorleben werden laut Berger Castor-Transporte von den Kernkraftwerken Stade, Biblis A, Neckarwestheim und Philippsburg Richtung La Hague folgen.

Auch die rund 600 Grünen-Mitglieder des Kreisverbands Friedrichshain-Kreuzberg sind mit der Umsetzung des Atomkonsenses unzufrieden. Solange der Atomkonsens nicht von der Industrie unterzeichnet worden sei, werde man zu Demonstrationen mobilisieren. Das Grünen-Mitglied Kurt-Dietmar Lingemann sagt, er habe den ersten Parteiratsbeschluss vom Januar nicht Ernst nehmen können. In diesem Beschluss wurden die Kreis- und Ortsverbände dazu aufgerufen, "nur solche Demonstrationen zu unterstützen, die sich dafür einsetzen, dass der Atomausstieg unter Einhaltung höchstmöglicher Sicherheit erfolgt". Danach hagelte es bundesweit Proteste von Grünen-Politikern. Regina Michalik unterzeichnete zum Beispiel als Berliner Landesvorsitzende einen offenen Brief, in dem parteiinterne Kritiker nach wie vor zu Protesten gegen Castor-Transporte aufriefen. Dieser alte Parteiratsbeschluss wurde durch die Resolution vom 5. März hinfällig. Der Grünen-Kreisverband Kreuzberg-Friedrichshain gab zwar keine offizielle Beschlussempfehlung ab, doch ist die Mehrheit "deutlich dagegen", sagte Lingemann. Fast eine Pattsituation gab es Anfang der Woche bei der Abstimmung des 550 Mitglieder zählenden Kreisverbands Charlottenburg-Wilmersdorf über die neue Resolution. Vorstandssprecherin Claudia Rathjen sagte, "mit knapper Mehrheit" habe man sich dem Beschluss angeschlossen. Die Mehrheit im Verband stehe zwar zum Atomkonsens. "Die Haltung zu den Castor-Transporten ist aber nach wie vor sehr umstritten."

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