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Da ist zum Glück noch eine. Diese Lehrerin unterrichtet Berliner Grundschüler. Es finden sich immer weniger Kollegen, die bereit sind, diese Aufgabe zu übernehmen.

© Kai-Uwe Heinrich

Berliner Grundschulen ohne Lehrer: Kleine Schüler, großer Mangel

Nur jeder zehnte angehende Lehrer will sein Referendariat an einer Grundschule antreten. Die Gewerkschaft fordert mehr Gehalt und mehr Aufstiegschancen – denn es fehlen auch Rektoren.

Die Personalnot an den Grundschulen wird sich offenbar weiter verstärken: Von 1000 Referendaren, die im Januar ihren Vorbereitungsdienst antreten, haben sich nur knapp 100 für eine Grundschule entschieden. Dies gab die Lehrergewerkschaft GEW am Mittwoch bekannt. Diese Zahlen sind umso alarmierender, als der Bedarf an den Grundschulen von allen Schularten am stärksten wächst. Die Bildungsverwaltung hofft auf Bewerber aus dem Bundesgebiet, wo es in den kommenden Jahren einen Überhang von jährlich 900 Grundschullehrern geben wird.
„Drei Viertel des Schüleranstiegs erfolgt in den Grundschulen“, rechnet die GEW vor. Parallel haben alle Schulen eine große Pensionierungswelle zu verkraften. Unterm Strich müssen bis 2021 rund 14 000 neue Lehrer eingestellt werden. Was das bedeutet, ist bereits in diesem Sommer zu sehen: Die Grundschulen haben die größten Lücken.

26 Grundschulen werden nur kommissarisch geleitet

„Wenn mein einziger Lehrer für den naturwissenschaftlichen Unterricht nicht trotz Pensionierung weiterarbeiten würde, müssten die Stunden jetzt von Lehrern ohne Fachausbildung übernommen werden“, berichtete Christiane Freund, die Leiterin der Weddinger Mövensee-Grundschule – und nannte gleich noch ein zweites Beispiel für die Grundschulnot: Obwohl schon lange klar ist, dass sie nächste Woche in den Ruhestand geht, hat sich noch kein Nachfolger gefunden. Ähnlich geht es weiteren 25 Grundschulen: Sie alle müssen bis auf Weiteres kommissarisch geleitet werden. Zum Vergleich: An den Sekundar- und Sonderschulen sind acht, an den Gymnasien vier Leiterstellen vakant und an den Berufsschulen nur eine.

Christiane Freund ist nicht nur Rektorin, sondern auch im Vorstand der GEW- Schulleitervereinigung, die am Mittwoch dringend attraktivere Bedingungen für die Grundschulrektoren forderte. Die Bezahlung sei nicht adäquat, wenn man die Verantwortung und den zeitlichen Mehraufwand berücksichtige. Laut GEW verdient ein Grundschulleiter kaum mehr als ein einfacher Lehrer. An Gymnasien und Sekundarschulen ist das anders. Hinzu kommt, dass Grundschulleiter sich auch kaum Verstärkung holen können: Es gibt keinen Stundenpool für Aufgaben jenseits des Unterrichts. Nur der Konrektor kann den Leiter unterstützen, während es an den Oberschulen zusätzliche Beförderungsstellen wie Fachleiter oder pädagogische Koordinatoren gibt.

Die GEW fordert bessere Aufstiegsmöglichkeiten und mehr Geld

„Es muss Aufstiegsmöglichkeiten an den Grundschulen geben“, fordert denn auch die GEW-Vorsitzende Sigrid Baumgardt. Bei den Lehrern sieht es nicht besser aus. Auch sie verdienen an den Grundschulen wesentlich weniger als an den Sekundarschulen oder Gymnasien, müssen aber mehr unterrichten. Der Appell der Bildungsverwaltung an die Adresse der Oberschullehrer, doch bitte an Grundschulen zu wechseln, um dort die Lücken zu stopfen, hat kaum gefruchtet: Nur zwölf Lehrer waren dazu bereit, obwohl sie ihr höheres Gehalt behalten dürften.

Noch sind zum Schuljahresbeginn nicht alle rund 2000 offenen Stellen besetzt. Am 10. Juli gibt es nochmal ein nachgezogenes Casting speziell für Neukölln, wo 50 Lehrer fehlen, und in Bayern wurde am Dienstag nochmals gezielt geworben. Für die Gymnasien und Sekundarschulen sagten Gunilla Neukirchen und Lothar Semmel von der GEW-Schulleitervereinigung, dass die Stellen erstaunlicherweise fast komplett besetzt werden konnten. Allerdings nicht immer mit den fehlenden Fachlehrern. Gelobt wurde die hohe Zahl an Referendaren. Allerdings sei es kaum möglich, 15 oder mehr Referendare an einer Schulen adäquat zu betreuen: Zusätzliche Lehrerstunden gibt es für diese Aufgabe nicht.

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