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Radlerparadies: Die Leipziger Straße Richtung Potsdamer Platz am Sonntagmorgen.

© Lars von Törne

Berliner Halbmarathon: Autofrei, Spaß dabei

Normalerweise ist die morgendliche Fahrradfahrt durch Berlins Innenstadt zur Arbeit ein gefährlicher Hindernisparcours. An diesem Sonntag war alles anders.

So muss es sich damals angefühlt haben, 1973, als die Ölkrise den Bewohnern der westlichen Welt die ersten autofreien Sonntage der Neuzeit bescherte – und eine Fahrradfahrt mitten auf der Autobahn das ultimative Freizeiterlaubnis war. 41 Jahre später, am Sonntagmorgen kurz vor dem Startschuss des Halbmarathons, konnte man  mitten in Berlin als Radfahrer ein ähnliches Gefühl genießen. Vor allem, wenn man sich am Morgen mit dem Fahrrad quer durch die Innenstadt bewegte.

An normalen Tagen ist der morgendliche Weg zur Arbeit von Prenzlauer Berg zum Potsdamer Platz ein Hindernisparcours, der so gefährlich wie nervenaufreibend ist. Auf den beiden großen Verbindungsstraßen Unter den Linden und Leipziger Straße drängeln sich neben dem Radler die Busse, Lkws und Pkws in bis zu sechs Reihen, dazu kommen gefühlte 20 Baustellen, deren Zahl und Größe kontinuierlich zu wachsen scheint. Munter wechseln die Autofahrer die Spuren und biegen hier und dort ab, ohne sich darum zu kümmern, ob da noch ein kleiner Radfahrer im Wege sein mag. Es dröhnt und stinkt, der Adrenalinpegel steckt im Dauerhoch – wer erleben will, wieweit Berlin noch von einer fahrradfreundlichen Stadt entfernt ist, bekommt das hier jeden Tag aufs Neue vorgeführt.

Am Sonntagmorgen nun das komplette Gegenteil. Dank der fast vollständigen Sperrung der City für den Autoverkehr hat man als Radler kurz vor Marathonbeginn die Leipziger Straße für sich allein, nur an den Kreuzungen sieht man ein paar Helfer des Sport-Events. So wird die Fahrt vom Alexanderplatz bis zum Potsdamer Platz zum idyllischen Ausflug. Übermütig kann man von einer Spur zur nächsten schlenkern, nicht mal Ampeln halten einen auf, die wurden für den Lauf offenbar abgeschaltet.

Entspannt kann man mitten auf der Straße vor dem Bundesrat halten und dessen imposanten Fassade zum ersten Mal von dieser Stelle aus in Ruhe in Augenschein nehmen – an anderen Tagen sind hier alle Sinne darauf ausgerichtet, nicht von einem Lkw oder Bus überrollt zu werden, da sich hier wegen der Baustelle vom Leipziger Platz die Straße gefährlich verjüngt. Der Höhepunkt ist dann die Einfahrt auf den Potsdamer Platz, dessen Hochhäuser über der menschenleeren Straße noch spektakulärer wirken. Von mir aus könnte ab heute jeden Tag Marathon sein – oder am besten immer: Kurz vor dem Marathon!

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