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Berlin: Berliner Haushalt: Bankenkrise: Berlin braucht sechs Milliarden Mark mehr als geplant

Im Senatsgästehaus in Grunewald rauchten am Sonntag die Köpfe. Die Krise der Bankgesellschaft zwingt das Land Berlin zu einer Neuverschuldung in bisher unvorstellbarer Höhe.

Im Senatsgästehaus in Grunewald rauchten am Sonntag die Köpfe. Die Krise der Bankgesellschaft zwingt das Land Berlin zu einer Neuverschuldung in bisher unvorstellbarer Höhe. Voraussichtlich muss die Kreditaufnahme für das Haushaltsjahr 2001 von 3,6 Milliarden um weitere sechs Milliarden bis auf 9,6 Milliarden Mrk erhöht werden. Das erklärten der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Senator Peter Strieder (SPD) nach einem dreistündigen Krisentreffen.

Der Senat muss durch Kredite seine Garantie für die Deckung des Kapitalbedarfs der mehrheitlich landeseigenen Bankgesellschaft einlösen. Nach bisherigen Informationen liegt er bei vier Milliarden Mark. Das Geld muss in den nächsten sechs Wochen bis drei Monaten fließen. Bis dahin sei die Beteiligung anderer Geldgeber nicht zu erwarten, sagte Strieder. Finanzsenator Kurth führt Verhandlungen mit den Anteilseignern Nord LB und Gothaer Versicherung.

Auf jeden Fall sind zwei Milliarden Mark zusätzliche Kredite nötig, weil geplante Vermögensverkäufe durch Geschäfte mit der Bankgesellschaft nicht zu tätigen sind. Die Einnahmen aus Vermögensverkäufen sind bisher mit 5,6 Milliarden Mark eingeplant; davon fehlen nun zwei Milliarden Mark.

Der tatsächliche Kapitalbedarf des Bankenkonzerns hängt aber vom Bericht der Bankenaufsicht zum 1. Juni ab. Damit ist auch das endgültige Zahlenwerk für den Landeshaushalt 2001 noch nicht endgültig klar. Unter diesen Umständen kann der Senat den Entwurf des Nachtragsetats nicht planmäßig am Dienstag beschließen, sondern erst nach Pfingsten. Die SPD-Seite setzte durch, dass zuvor gesicherte Zahlen auf dem Tisch liegen müssen. Das Parlament will über den Nachtragsetat bis zur Sommerpause entscheiden.

Die Koalitionsrunde erörterte ausführlich die Krise der Bankgesellschaft und die Folgen für den Landeshaushalt 2001 und 2002. Diepgen und Strieder verwiesen auf die zusätzlichen Belastungen der beiden Haushaltsjahre durch Kreditzinsen sowie durch den Ausfall von Dividenden und Körperschaftssteuern der Bankgesellschaft. Für eine Milliarde Mark Kredite müssen rund 50 Millionen Mark Zinsen aufgebracht werden.

Nach Darstellung von Diepgen und Strieder erwartet man vom Konzern-Vorstand ein tragfähiges Sanierungs- und Organisationskonzept. Diepgen äußerte sich nicht zu Spekulationen, dass von den 16 000 Arbeitsplätzen der Bankgesellschaft nicht 1600, sondern 3000 abgebaut werden sollen. Vorschläge müsse zunächst der Vorstand an den Aufsichtsrat richten. Der Senat hofft überdies, möglichst schnell einen Partner zu finden, der sich an der Bankgesellschaft beteiligt. Das Land Berlin will seine Mehrheitsbeteiligung (56,6 Prozent) aufgeben.

Zum Thema Online Spezial: Finanzkrise in Berlin Der CDU-Chef und der SPD-Chef bekräftigten, dass der Bankenvorstand Schadensersatzansprüche gegen ehemalige und amtierende Manager prüfen werde. Zu ihnen gehört auch der frühere Vorstandssprecher der Berlin Hyp, Klaus Landowsky, der zugleich CDU-Fraktionschef war. "Es kann nicht sein, dass immer nur die Kleinen zur Verantwortung gezogen werden", sagte Strieder. Als Justizsenator versprach Diepgen jede Unterstützung der Staatsanwaltschaft und Polizei bei den Ermittlungen gegen Verantwortliche der Bankgesellschaft samt Tochterunternehmen. Derzeit sind 23 Ermittlungsverfahren anhängig.

Dass auch gegen Mitarbeiter wegen Provisionen für die Vergabe von Krediten ermittelt werde, wollte Diepgen nicht bestätigen. Er lasse sich nicht über Einzelfälle informieren: "Aber die Staatsanwaltschaft muss mit großer Energie Aufklärungsarbeit leisten."

Diepgen und Strieder widersprachen der Einschätzung des Rechnungshofes, dass Berlin in einer extremen Haushaltsnotlage sei und Hilfe vom Bund brauche. Doch wurde die Linie verabredet, mit dem Bund über teilungsbedingte Sonderlasten zu verhandeln, die nicht in den Fonds Deutsche Einheit aufgenommen worden sind. "Die Kohl-Regierung hat uns damals im Stich gelassen", bemerkte Strieder. Der Finanzsenator hatte allein die Belastungen aus alten Verpflichtungen der Wohnungsbauförderung mit 3,5 Milliarden Mark jährlich angegeben.

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