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Zurückbleiben, bitte. Die Berliner Bezirksämter besetzen neue Stellen nicht, die Wartezeiten betragen Monate. Nun wächst zumindest das Problembewusstsein.

© imago/Olaf Wagner

Berliner Hürdenlauf: Externe Untersuchung bei den Bürgerämtern

Eine externe Untersuchung soll helfen, das Chaos bei den Bürgerämtern in den Griff zu bekommen. Auch in anderen Städten läuft nicht alles rund – es gibt aber Erfahrungen, die Berlin helfen könnten.

Bei den Berliner Bürgerämtern läuft es nicht. Das hat jetzt auch die Senatsverwaltung erkannt. Eine umfassende Organisationsuntersuchung soll helfen. Um Vorschläge zur Optimierung der bisherigen Arbeitsabläufe einzuholen, soll ein Betrag von 45 000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Untersuchung werde von einem externen Dienstleister durchgeführt. Diese Pläne teilte die Senatsverwaltung für Finanzen am Montag mit.

Bereits vergangene Woche hatte der Senat einen Bürgerämter-Aktionsplan vorgestellt. Dieser soll vor allem das Chaos bei der Terminvergabe verbessern. Dazu werden Termine vorerst nur noch per Telefon vergeben. Außerdem sollen die Bürgerämter auch am Sonnabend und in den Abendstunden öffnen. Die Berliner Opposition verspricht sich von den Plänen des Senats aber keine Verbesserung der Lage. Der Vizevorsitzende des Ausschusses für Digitale Verwaltung, Thomas Birk (B90/Grüne), warnt  vor einer Überlastung des Callcenters, das zukünftig alleine für die Terminvergabe zuständig sein soll. Denn mehr Personal sei hierfür nicht vorgesehen. Er prophezeit sogar die Wiederkehr der althergebrachten analogen Wartenummern

Termine von Privatleuten geblockt

Das ist vielleicht nicht die schlechteste Idee, zeigt der Vergleich mit anderen Großstädten Auch in Hamburg werden 75 Prozent der Termine online vergeben. Die Hamburger müssen nach Angaben der Sprecherin des Bezirksamts Harburg im Durchschnitt ganze 25 Tage auf einen Termin warten. Auch hier gab es aber seit der Einführung der Online-Terminvergabe Probleme mit der sogenannten "Termin-Mafia".

Ähnlich wie in Berlin wurden Termine von Privatleuten geblockt und anschließend meistbietend versteigert. In München gibt es bislang noch das alte Nummern-System: „Bei unseren Meldeämtern gibt es bisher keine Terminvereinbarung. Die Bürger kommen und ziehen eine Wartenummer“, sagt die Pressesprecherin des Landkreisverwaltungsreferats, Daniela Schlegel. Allerdings sei ein Konzept zur Terminvereinbarung  auch für die Bürgerbüros vorgesehen.

Ein Sachbearbeiter auf 7.300 Einwohner

Obwohl München in den vergangenen Jahren um rund 200 000 Einwohner gewachsen ist, hätten die die Bürger auf den Ämtern trotzdem nicht länger als ein bis zwei Stunden warten müssen.  Trotz der positiven Erfahrungen, gerät das Wartenummernsystem in der bayerischen Hauptstadt dann manchmal doch ins Schlingern. Viel zu oft seien die Wartemarken nachmittags schon vergriffen. Fast täglich müssten laut Berichten der „Süddeutschen Zeitung“ alle sechs Bürgerbüros wegen Überfüllung vorzeitig schließen. Als Anfang November bundesweit das neue Meldegesetz in Kraft getreten war, berichtete die Presse von meterlange Schlangen vor den Bürgerbüros.

Anders als in Berlin und Hamburg liegt der Anteil der Terminkunden in Köln bei nur 30 Prozent. Dabei müssen die Einwohner in Köln nur ein bis zwei Wochen auf einen Termin bei der zuständigen Behörde warten.  Auch hier kommen die meisten Leute einfach vorbei und ziehen eine Nummer. In Frankfurt am Main hat man eine gute „Termin-Strategie“ entwickelt:  Rund 30 Prozent der Sachbearbeiter bearbeiten die Anliegen von Besuchern mit Termin. Die übrigen Mitarbeiter stehen für die „Warte-Kunden“ zur Verfügung.

„In der Regel ist es kurzfristig möglich, einen Termin zu vereinbaren. Eine Wartezeit von mehr als zwei Arbeitstagen kommt nur äußerst selten vor“, sagt Gertrud Bernhard, Sprecherin der Stadt Frankfurt." In München und Köln und Hamburg kommt im Durchschnitt ein Sachbearbeiter auf 7.300 Einwohner.

Spät- und Samstagsöffnungen seien wenig hilfreich

Über die tatsächliche Personalausstattung in Berlin lassen sich derzeit nur Vermutungen anstellen. Trotz mehrerer Nachfragen waren nicht alle Berliner Bezirke dazu bereit, auf Anfrage des Tagesspiegels Angaben über die Zahl der Mitarbeiter in den Bürgerämtern zu geben. Der Bezirksstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Knut Mildner-Spindler (Die Linke), äußerte sich kritisch zum Vorhaben des Senats.

„Die Pläne sind sinnvoll. Wenn sie ernst gemeint sind, müssen sie aber mit Personal untersetzt werden, sonst ist das eine Luftnummer“, so Mildner-Spindler. Spät- und Samstagsöffnungen seien auch wenig hilfreich, denn ohne mehr Personal „ wäre länger geöffnet, aber Arbeitsplätze stünden leer“. Auch wenn man sich bei den Bezirken sonst weitgehend bedeckt mit Äußerungen zu den Senatsplänen hielt, scheint man sich in einer Forderung einig: der nach mehr Personal. Eventuell könnte es auch hilfreich sein, vom „Allzuständigkeitsprinzip“ Abstand zu nehmen.

Die Tatsache, dass jedes Amt für ganz Berlin zuständig ist, erschwere „die Koordinierung der Kundenströme für alle unter den gegebenen Umständen“,  sagt Nicole Jantzen vom Bezirksamt Spandau. Auch in Friedrichshain Kreuzberg wünscht sich Knut Mildner-Spindler den  „Mut, vom Allzuständigkeitsprinzip abzurücken. Dann wäre jeder Bezirk gegenüber seinen Bürgern und seinen Mitarbeitern allein verantwortlich, wie eine Dienstleistung organisiert wird“.

I survived Bürgeramt - einen persönlichen Leidensbericht aus Wedding lesen Sie hier.

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