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Tresor-Grüner Dimitri Hegemann steht in der Eingangstür seines ehemaligen Clubs.

© John MacDougall/AFP

Berliner Humboldt Forum: Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Tür

Das erste Ausstellungsobjekt ist auch das schwerste: Im Humboldt Forum wurde die Tür des legendären Clubs „Tresor“ aufgebaut.

Das Leben ist voller verpasster Chancen. Man bekommt sie, ignoriert sie, dann ist es zu spät und man ärgert sich. Der „Tresor“ in der Leipziger Straße, der legendäre Club in den Kellerräumen des längst abgerissenen Kaufhauses Wertheim? Paul Spies, Direktor des Stadtmuseums Berlin, war nie drin, obwohl er doch nur mit Freunden hätte mitgehen müssen.

Aber manchmal gibt es eine zweite Chance, und so kann nun Spies durch die tonnenschwere „Tresor“-Tür, Relikt des Tresorraums im Wertheim-Bau, so oft hindurch schreiten wie er will. Nur der Club ist verschwunden.

In der vergangenen Woche erst wurde die Öffentlichkeit von der Nachricht geschockt, dass es mit der Eröffnung des Humboldt Forums in diesem Jahr nun doch nichts wird. Die Klimaanlage zickt, aber das vermag einer verrosteten, jahrelang Wind und Wetter ausgesetzten Tresortür nichts mehr anzuhaben – und so avancierte sie zum ersten Ausstellungsstück, das in dem wiederaufgebauten Schloss und der Berlin-Ausstellung im Humboldt Forum seinen Platz fand.

Paul Spies, zugleich Chef-Kurator Berlins im Humboldt Forum, Hans-Dieter Hegner, Bauvorstand in der Forumsstiftung, sowie Moritz von Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin GmbH, hatten am Dienstag auf die Schlossbaustelle gebeten, um die tags zuvor eingebaute Tür zu präsentieren – Start des Aufbaus der Berlin-Ausstellung in den seit März fertiggestellten Räumen. Auch Dimitri Hegemann war gekommen, Gründer des nach der Wende entstandenen, 2005 ins Heizkraftwerk Mitte umgezogenen Techno-Clubs und Leihgeber der Tür.

Ein wahres Monstrum von Tür, 2,30 Meter hoch, 2,7 Tonnen schwer, mit den Schließfächern an der Rückseite und dem stählernen Unterbau kommt man sogar locker auf fünf Tonnen. Sie bricht nur deswegen nicht durch den Boden der im ersten Obergeschoss gelegenen Berlin-Schau in spe, weil man das Gewicht auf eine große Fläche verteilt hat.

Club und Tür stehen für das neue, weltoffene Berlin

Ein Ausstellungsstück, das laut Spies wie geschaffen ist für das Grundkonzept der rund 4000 Quadratmeter großen Berlin-Ausstellung im Humboldt Forum, die nicht Berlin für sich, sondern immer in seiner Wechselwirkung mit der Welt, seiner Vernetzung und Internationalität zeigen will.

Die Tresortür ist 2,3 Meter hoch und wiegt 2,7 Tonnen. Sie ist Bestandteil der Berlin-Austellung im Humboldt Forum.
Die Tresortür ist 2,3 Meter hoch und wiegt 2,7 Tonnen. Sie ist Bestandteil der Berlin-Austellung im Humboldt Forum.

© Kitty Kleist-Heinrich

Zur Geschichte der Tresortür aus dem Wertheim-Kaufhaus gehören der Aufstieg und die Vertreibung der jüdischen Besitzer, die Zerstörung Berlins im Krieg, der Dornröschenschlaf der Kellerräume im Niemandsland des innerstädtischen Grenzstreifens, schließlich ihre Wiederentdeckung durch Dimitri Hegemann, die, wie er sagt, dem Öffnen einer Pyramide glich.

Hunderttausende Nachtschwärmer aus aller Welt haben den Club durch diese Tür betreten, die den Umbruch der Gesellschaft, das Entdecken neuer Freiräume, schließlich, wie, Hegemann sagt, den „Aufbruch der Jugend in eine völlig neue musikalische Epoche“ symbolisiert. Die Welt habe dadurch eine ganze neue Perspektive auf Berlin als offener Stadt gewonnen.

Die Berlin-Ausstellung wird im Frühjahr 2020 eröffnet – vermutlich

Der Standort der Tresortür, etwa an der südöstlichen, dem Nikolaiviertel zugewandten Ecke des Schlosses, ist nicht zufällig gewählt. Der Boden überspannt dort nur eine relativ kleine Strecke, auch das hilft ihm, den Trum problemlos zu tragen. Vor allem aber markiert die Tür symbolkräftig den Übergang zwischen den beiden Themenräumen „Freiraum“ und „Grenzen“, steht gleichsam für die Ambivalenz des Türstehers, an dem man erst vorbei muss, um den Freiraum zu erreichen, der ausgrenzt wie auch schützt.

Der spätere Besucher wird diese Tür aber ohne Kontrolle durchschreiten können, sogar ohne schützende Filzpantoffeln und dank einer Rampe barrierefrei. Wie viel später als zunächst geplant, soll kommende Woche bekanntgegeben werden. Gestern hieß es vage: Kommendes Frühjahr.

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