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Berliner Kino-Legende: Hundert Jahre Wilmersdorfer Eva-Lichtspiele

Ganz lupenrein ist das Datum ja nicht. Aber trotzdem wird an der Wilmersdorfer Blissestraße groß gefeiert. Denn seit 1913 gibt es hier ein Kino - die legendären „Eva-Lichtspiele“. Für das Jubiläum hat sich der Chef etwas Besonderes ausgedacht.

Mozart sei Dank. Seit Ende Oktober 1984 lief Milos Formans Film „Amadeus“ schon im Gloria-Palast und im Kant-Kino, als Hannelore Rojahn, damalige Betreiberin der Eva-Lichtspiele in der Blissestraße 18, zum 1. März 1985 nach hartem Ringen um die Vorführrechte endlich auch eine Kopie erhielt. Gut drei Wochen später wurde der Film mit Oscars geradezu überschüttet: acht Trophäen bei elf Nominierungen, darunter die Preise für den besten Film und die beste Regie. Ein Gottesgeschenk für das Wilmersdorfer Kiezkino: Um 70 Prozent schnellten die Besucherzahlen in die Höhe, sogar die Programmstruktur musste für Monate aufgegeben werden, um die Neugier des Publikums befriedigen zu können – und das, obwohl anfangs eine erheblich verregnete Kopie mit fragwürdiger Tonqualität abgespielt werden musste, und das bei Mozart!

Zerschrammte Kopien? Kommen heute im Eva nicht mehr vor, nicht bei den aktuellen Filmen, die dort seit anderthalb Jahren mit digitaler Technik abgespielt werden. Karlheinz Opitz, seit sechseinhalb Jahren Chef im Eva, stand der neuen Technik mit ihren hohen Investitionskosten anfangs skeptisch gegenüber, ist mittlerweile aber doch froh, dass sein an diesem Wochenende den 100. Geburtstag feierndes Haus technisch in der Gegenwart angekommen ist. Zumal die finanzielle Belastung dann doch nicht so schlimm war. Nur etwa ein Drittel der 80 000 Euro für die Umrüstung musste er tragen, für den größeren Rest gab es Zuschüsse von hier und dort.

Der Mann für Eva: Karlheinz Opitz leitet seit sechseinhalb Jahren die "Eva-Lichtspiele".
Der Mann für Eva: Karlheinz Opitz leitet seit sechseinhalb Jahren die "Eva-Lichtspiele".

© Thilo Rückeis

Der 100. also. Ein nicht ganz lupenreines Geburtstagsdatum. Zwar ist sich Opitz sicher, dass das vielfach genannte Eröffnungsjahr 1912 um ein Jahr zu früh liegt, es vielmehr 1913 war, aber für den 15. Juni gibt es keinen Beleg. Aber wenn man schon feiert, dann doch lieber im Sommer als im Herbst oder Winter, und zwar am Sonnabend ab 15 Uhr mit Kaffee, Kuchen und Livemusik auf der Wiese vor dem nahen Friedrich-Ebert-Gymnasium, ab 16 Uhr im 250-Sessel-Saal mit der Vorführung von „Viktor und Viktoria“ (1933) und um 20 Uhr mit einem Kurzfilmprogramm, beides bei freiem Eintritt.

Gegründet wurde das Kino als Roland-Lichtspiele. Ab 1921 gab es zur Musikbegleitung eigens eine Violinistin, ab 1925 dann sogar ein Orchester. Auch an diese Stummfilmherrlichkeit wird am Sonnabend erinnert: Auch einige noch tonlose Kurzfilme werden gezeigt – mit Klavierbegleitung.

Der Ufa-Klassiker als Jubiläumsbonbon ist kein Zufall, sondern ein kleines Dankeschön an die Stammgäste. Seit Jahrzehnten gehören deutsche Filme aus den 30er und 40er Jahren zum festen Bestandteil des Programms, unter Opitz’ Regie wurde dies sogar auf wöchentliche Film-Oldies ausgeweitet – „bei stabilem Andrang“, wie er sagt. Dazu gibt es jeweils eine filmhistorische Einführung, die auch notwendige Hinweise auf ideologische Spurenelemente in den Ufa-Komödien nicht ausspart. Das Publikum dieser Reihe gehöre zu zwei Dritteln zur Altersgruppe 60+, der älteste Stammgast sei eine 99-Jährige, die Woche für Woche komme, stets festlich gekleidet, als gehe es ins Theater. Aber zunehmend sieht Opitz auch jüngeres, filmhistorisch interessiertes Publikum ab 30 in den alten Streifen. Dominiert wird das Programm allerdings durch Neuproduktionen: Jeder dritte Film im Eva werde gleich zum Bundesstart gezeigt, sagt Opitz. Oft sind es kleinere, ambitionierte Werke, aber auch schon mal ein auf Massenwirkung zielendes Millionending wie „Der große Gatsby“. Digital und garantiert nicht verregnet.

Weiteres zum Kino unter www.eva-lichtspiele.de

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