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Berlin: Berliner Krankenhaus GmbH: Sanierer warnen vor "schweren Hypotheken" auf dem Weg in die Privatisierung

Die Debatte über die neue Berliner Krankenhaus GmbH wird nicht abreißen, bis sie am 1. Januar 2001 gegründet wird.

Die Debatte über die neue Berliner Krankenhaus GmbH wird nicht abreißen, bis sie am 1. Januar 2001 gegründet wird. Und danach dürfte die gemeinsame Praxis der zwangsvereinigten ehemals städtischen Kliniken noch lange nicht reibungslos funktionieren. Einen Ausblick auf das Konfliktpotenzial der Fusion boten jetzt zwei Diskussionen, die unterschiedlicher nicht hätten verlaufen können.

Schauplatz Krankenhaus Neukölln, eine Personalversammlung: Am Montag hatte sich Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder dort einer breiten Front der Ablehnung gegenüber gesehen. 250 aufgebrachte Klinikmitarbeiter drängten den Staatssekretär zu einem eindeutigen Bekenntnis zum Bundesangestelltentarif (BAT). Schröder bekannte sich in etwas vagen Formeln - und erntete Unmut (Bericht vom 27. Juni).

Schauplatz Rathaus Schöneberg, ein Treffen von Berliner Krankenhausexperten: Dort war es am Dienstag die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Monika Helbig, die zum Thema BAT in die Mangel genommen wurde. Vor Gästen des SPD-nahen "Vereins Berliner Wirtschaftsgespräche" musste sie den öffentlichen Tarif verteidigen - gegen eine fast geschlossene Front von Krankenhaussanierern.

Von der GmbH sei durch das Festhalten am BAT "nicht allzu viel zu erwarten", warnte Bernhard Motzkus, der Verwaltungsdirektor der Charité. Motzkus selbst gilt als Rebell in der öffentlichen Krankenhauslandschaft. Er will schon lange aus dem BAT und der Beschäftigungssicherung heraus. In Krankenhäusern, sagt Motzkus, sei die "Haupteinsparung nur über den Abschied vom öffentlichen Dienstrecht zu erzielen." "BAT - wer könnte sich das noch leisten?", fragte auch Joachim Manz vom Vorstand des privaten Rhön-Klinikums in Bad Berka. Der öffentliche Tarif gehöre dort der Vergangenheit an. Die Loyalität der Mitarbeiter habe man mit einem anderen Instrument gewonnen - mit der Beteiligung an Gewinnen, die der moderne Dienstleistungsbetrieb abwerfe. Damit das auch in Berlin möglich werde, müsste das Land, das bislang hundertprozentiger Anteilseigner sein soll, "in der Privatisierung weiter gehen". Der Gesundheitsökonom von der Technischen Universität, Klaus Dirk Henke, prophezeite, die zugesagte Beschäftigungssicherung und das Fortschreiben des BAT werde für die GmbH eine schwere Hypothek sein. Eine leitende Mitarbeiterin des Krankenhauses Spandau wurde deutlicher: "Mordsgehälter und Besitzstandswahrung" bremsten die Sanierung.

Die Sozialdemokratin Helbig konnte da nur mit den Achseln zucken. Am BAT könne derzeit nicht gerüttelt werden. "Wir müssen die Akzeptanz breiter Kreise finden", hielt sie dem vergleichsweise kleinen Kreis im Rathaus Schöneberg vor. Die 16 000 Beschäftigten der zehn Krankenhausbetriebe seien eine starke Lobby und ein Arbeitsmarktfaktor. Das "Akzeptanz-Problem" verhindere vorerst auch eine echte Privatisierung der GmbH. Für die Gründungsphase werde die hundertprozentige Beteiligung des Landes festgeschrieben. Damit will der Senat der Angst der Mediziner begegnen, unwirtschaftlich arbeitende Abteilungen wie Rettungsstellen würden geschlossen.

Unterdessen nimmt die Krankenhaus-GmbH Formen an. Das Errichtungsgesetz sei soeben erstmals in der Koalitionsfraktion der SPD beraten worden, sagte Monika Helbig. An den Beratungen würden weiterhin die Gewerkschaften und Personalvertretungen beteiligt.

Der Moderator des "Wirtschaftsgesprächs", Walter Momper, schwieg zu den in SPD-Kreisen einst ketzerischen Thesen der Gäste. Gewerkschafter hatte man offenbar nicht eingeladen, oder sie waren nicht gekommen. Nur zwei Ärzte im Saal ließen sichtbar die Köpfe hängen. Eine leitende Oberärztin des Krankenhauses Moabit sagte hinterher, das jetzt von Schließung bedroht Krankenhaus habe als GmbH bereits wirtschaftlich gearbeitet und sei trotzdem aus dem Krankenhausplan geworfen worden. Ein HNO-Arzt aus dem Wenckebach-Krankenhaus wollte "Hilfe von der Politik", weil seine Station geschlossen werden soll. Monika Helbig konnte ihm nur raten, sich jetzt "dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen". Dem Tagesspiegel gegenüber äußerte sie sich gestern auch noch einmal zum BAT-Problem: Mit ihrer Position, das vorhandene Personal unbefristet im öffentlichen Tarif zu belassen, sei sie in der SPD fast allein.

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