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Update

Berliner Opfer in Nizza: Bezirksamt bestätigt Tod von Schülern und Lehrerin

Drei Todesopfer in Nizza stammen aus der Charlottenburger Paula-Fürst-Schule. Eine Berliner Schülerin ist verletzt. Insgesamt waren zehn Schülergruppen aus Berlin in Nizza.

Bei dem Anschlag in Nizza sind zwei Schülerinnen und eine Lehrerin der Paula-Fürst-Schule in Charlottenburg getötet worden. Das erfuhr der Tagesspiegel aus der Schule. Die Gemeinschaftsschule, deren Schüler derzeit an einem ausgelagerten Standort in der Nehringstraße in Charlottenburg unterrichtet werden, wurde am Freitagmittag geschlossen. Die Schüler wurden nach Hause geschickt. Es wurde auch ein Trauerraum eingerichtet. Die Eltern sind bereits informiert worden. Bei der Lehrerin handelt es sich um eine Deutschlehrerin der 12. Klasse, die eine Klassenfahrt begleitet hatte. Inzwischen steht die Polizei mit mehreren Einsatzkräften vor der Schule.

Das Gebäude der französischen Botschaft in Berlin wird zum Gedenken an die Opfer des Anschlages von Nizza in der Trikolore angestrahlt.
Das Gebäude der französischen Botschaft in Berlin wird zum Gedenken an die Opfer des Anschlages von Nizza in der Trikolore angestrahlt.

© dpa

Am Nachmittag bestätigte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf den Tod zweier Schüler und einer Lehrerin. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann sagte: "Wir sind zutiefst bestürzt über den Tod zweier Schüler*innen und einer Lehrerin der Paula-Fürst-Schule und trauern mit den Eltern, der gesamten Schule, Angehörigen und Freunden der Opfer. Wir stehen mit Ihnen Seite an Seite und sichern entsprechende Unterstützung zu. Als ein Zeichen der tiefen Trauer wurden die Dienstgebäude des Bezirksamtes auf Halbmast geflaggt." Ob es sich um Schülerinnen oder Schüler handelt, ging aus der Mitteilung nicht hervor.

Zehn Schülergruppen aus Berlin sind in Nizza

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) wollte die Todesfälle am Freitag zunächst nicht bestätigen, teilte aber am Freitagnachmittag mit, dass eine weitere Berliner Schülerin verletzt im Krankenhaus liege. „Mit dem schrecklichen Attentat von Nizza reicht der Terrorismus direkt hinein in die Schulklassen und die Familien unserer Stadt. Wir sind bestürzt und in großer Sorge", sagte Scheeres. "Unsere Schülerinnen und Schüler wollten gemeinsam mit den Franzosen den 14. Juli feiern. 

Der 14. Juli gilt als Tag und Zeichen der Freiheit, der Hoffnung und der Lebensfreude. Diese Lebensfreude hat ein Mensch gestern Abend bewusst angegriffen und das Leben vieler Menschen beendet. Das macht uns unermesslich traurig.“ Die Senatorin wies darauf hin, dass viele Schüler geschockt und traumatisiert seien und nun von Schulpsychologen betreut würden.

Vor der Paula-Fürst-Schule herrscht Ausnahmezustand, die Polizei hat das Gelände abgesperrt. Zugang haben nur für Schüler und Lehrer. "Meine zwei Söhne, elf und neun Jahre, sind auf der Schule", sagt eine Mutter. "Ich wusste gar nicht, dass es zwei Vermisste in Nizza gibt."

Die Berliner Polizei riegelte am Freitag das Gebäude der Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule in Charlottenburg rasch ab.
Die Berliner Polizei riegelte am Freitag das Gebäude der Außenstelle der Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule in Charlottenburg rasch ab.

© Paul Zinken/dpa

Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland (SPD), teilte am Nachmittag mit: "Tief betroffen bin ich auch von der Meldung, dass zwei Berliner Jugendliche und eine Lehrerin unter den Opfern sein sollen. Mein ganzes Mitgefühl und meine Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei den Opfern, ihren Angehörigen und Freunden.“ Der Fraktionschef der Berliner CDU, Florian Graf, hatte zuvor geschrieben: "Mittlerweile ist es traurige Gewissheit, dass unter den Opfern auch eine Berliner Lehrerin und zwei Berliner Schülerinnen sind. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind in diesen schweren Stunden bei den Opfern, deren Angehörigen, Freunden und Schulkameraden."

Linken-Landeschef Klaus Lederer erklärte mittags: "Wieder Frankreich und wieder viele Tote, Verletzte, wieder trauernde Familien, Freunde und Angehörige." Noch wisse man nichts über die Hintergründe der Tat. "So unfassbar schrecklich solche Anschläge auf unsere Freiheit auch sind, dürfen wir nicht mit der Einschränkung von Freiheit beantworten. Vernunft muss uns leiten, bei aller Trauer."

Vorläufig steht fest, dass Schüler folgender Häuser bis vor kurzem in Nizza waren oder noch dort sind - und unverletzt sind: Wilma-Rudolph-Schule in Zehlendorf, das Gerhart-Hauptmann-Gymnasium in Friedrichshagen, das Albert-Einstein-Gymnasium in Britz, das Heinz-Berggruen-Gymnasium in Westend, das Marie-Curie-Gymnasium in Wilmersdorf, das Romain-Rolland-Gymnasium in Reinickendorf, das Otto-Nagel-Gymnasium in Biesdorf, das Gabriele-von Bülow-Gymnasium in Tegel und das Max-Planck-Gymnasium in Mitte.

Eine Schülerin berichtet

Eine Schülerin, deren Kunstkurs an diesem Sonnabend nach Berlin zurückkehren wird, erlebte die Nacht in Nizza so: „Wir haben uns auf der Promenade das Feuerwerk angeschaut. Dann brach Panik aus.“ Die Besucher des Festes an der Promenade hätten „Schüsse!“ geschrien, die Menge rannte. „Wir hatten Angst, überrannt zu werden.“ Das Sicherheitspersonal eines nahen Hotels habe die Schüler hereingewunken, die Lobby des Hauses füllte sich schnell mit Flüchtenden. „Wir haben dann an Zimmertüren geklopft“, erzählt die Schülerin am Telefon. „Ein Ehepaar hat uns in sein Zimmer gelassen.“ Dort hätten schließlich vier Mädchen aus dem Kurs übernachtet.

Charlottenburg-Wilmersdorf hat an seinen Dienstgebäuden auf Halbmast geflaggt, wie hier vor dem Bürgeramt am Hohenzollerndamm.
Charlottenburg-Wilmersdorf hat an seinen Dienstgebäuden auf Halbmast geflaggt, wie hier vor dem Bürgeramt am Hohenzollerndamm.

© Cay Dobberke

Weil die Polizei noch keinen Überblick über die Situation hatte und es auf den Straßen möglicherweise zu gefährlich war, durften die Schüler nicht durch die Stadt zurück in ihre eigentliche Unterkunft laufen. Die Gäste großer, prominenter Hotels sollen sich noch in der Nacht aus Angst vor weiteren Anschlägen in kleineren Hotels eingemietet haben. „Es gab Gerüchte von Geiselnahmen“, sagt die Berliner Schülerin. „Wir haben uns ziemlich schnell gegenseitig angerufen.“ So habe noch in der Nacht festgestanden, dass die zwölf Schüler und zwei Lehrer dieses Berliner Gymnasiums unverletzt waren. Am Sonnabend soll der Kurs zurück nach Berlin fliegen.

Die Wilma-Rudolph-Oberschule in Zehlendorf teilte auf ihrer Internetseite mit: "Unser Leistungskurs Deutsch in Nizza ist in Sicherheit. Alle unsere Schülerinnen und Schüler in Nizza sowie die beiden betreuenden Lehrerinnen sind in Sicherheit. Unsere Lehrerinnen halten uns auf dem Laufenden." Vom Gerhart-Hauptmann-Gymnasium in Friedrichshagen ist derzeit eine 11. Klasse in Nizza, hieß es im Sekretariat der Schule. Diese habe sich gemeldet, dass niemand zu Schaden gekommen ist.

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Auch die Elf-Klässler des Otto-Nagel-Gymnasiums, die derzeit auf Kursfahrt in Südfrankreich sind, waren nicht betroffen. Die Gruppe sei nur auf einem Tagesausflug in Nizza gewesen und habe die Stadt bereits gestern um 15 Uhr wieder verlassen, teilte die Schule mit.

Entwarnung auch beim Albert-Einstein-Gymnasium: Alle 19 Schüler und ihre Lehrer seien unversehrt, wenn auch unter Schock, sagte Schulleiter Wolfgang Gerhardt. Sie hätten sich in unmittelbarer Nähe aufgehalten und die Geschehnisse direkt miterlebt. Heute Abend reisen die Schüler zurück, sie sollen bei der Ankunft und in den kommenden Tagen von Notfallseelsorgern und Schulpsychologen betreut werden. Nizza ist bei Schulen wegen günstiger, schneller Verbindungen aus Berlin beliebt.

Auswärtiges Amt schließt deutsche Opfer nicht aus

Das Auswärtige Amt äußerte sich am Nachmittag, konnte aber noch nicht mit Sicherheit bestätigen, dass Deutsche unter den Todesopfern sind. Eine Sprecherin sagte aber: „Wir müssen leider davon ausgehen, dass Deutsche unter den Todesopfern in Nizza sind. Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir absolute Gewissheit haben werden.“ Das Ministerium bestätigte am Abend lediglich, dass sich unter den Verletzten eine Deutsche befindet. Sie wird medizinisch behandelt, ist aber nicht in Lebensgefahr.

Am Nachmittag sagte auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller in einer Ansprache am Brandenburger Tor: "Wir müssen leider davon ausgehen, dass auch Berliner unter den Opfern sind."

Viele Klassen meiden Paris und reisen nach Südfrankreich

Zehn Klassen allein aus Berlin in Nizza – das klingt nicht so, als ob deutsche Schulen das Nachbarland für Klassenfahrten meiden würden. Bei den Schülern handelt es sich vor allem um Französisch-Kurse von Gymnasien, die im kommenden Jahr das Abitur machen. Um die Sprache zu vertiefen, bietet sich eine Reise nach Frankreich an, die Kosten sind niedriger als etwa für Fahrten in die französischsprachige Schweiz. Flüge nach Nizza sind günstig und kurz. Tatsächlich jedoch sind nach dem Terror der vergangenen Monate deutlich weniger Schülergruppen nach Frankreich gereist. Dies bestätigt Ingo Dobbert von CTS Reisen, ein auf Klassenfahrten spezialisierter Anbieter. Zwei der Berliner Schülergruppen, die derzeit in Nizza sind, haben bei ihm gebucht; sie seien zum Glück wohlauf. „Bei Fahrten nach Frankreich hatten wir in den vergangenen Monaten einen Einbruch von 40 Prozent“, sagt Dobbert. „Nach den Anschlägen in Paris im November 2015 wollte kaum eine Schule dorthin reisen, die Lehrer stornierten oder buchten um.“

Besonders bitter sei, dass sich nach den Paris-Attentaten viele Südfrankreich als Ziel ausgesucht hätten, weil sie dort die Terrorgefahr als geringer einschätzten. Stark betroffen seien außerdem auch Reisen in die Türkei: „Mit uns ist in den vergangenen Monaten keine Schülergruppe nach Istanbul gefahren, das war früher eigentlich beliebt.“ Auch nach Brüssel reisen weniger Gruppen, viele Schulen hätten stattdessen nach Amsterdam umgebucht. Die meisten Klassenfahrten würden zu Zielen in Deutschland führen, vor allem Berlin. Ansonsten seien Rom, Barcelona und Prag beliebt. Die Senatsbildungsverwaltung teilte mit, man habe bisher keine Tendenz erkennen können, dass Schulen Frankreich meiden. Wenn diese ihre Reisen aus Sicherheitsgründen stornieren müssen, können die Kosten von der Senatsverwaltung übernommen werden. Über eine Stornierung entscheide die Schule.

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