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Straßen

© Mike Wolff

Berliner Schlaglöcher: Der Frust nach dem Frost

Es ist ein Wetter zum Steinerweichen. Zumindest, was die typischen Berliner Straßen betrifft: Tagsüber sickert das Tauwasser durch den Asphalt in die Ritzen. Im Nachtfrost dehnt es sich dann aus – und sprengt die Risse auseinander.

Berlin - Es ist ein Wetter zum Steinerweichen. Zumindest, was die typischen Berliner Straßen betrifft: Tagsüber sickert das Tauwasser durch den Asphalt in die Ritzen. Im Nachtfrost dehnt es sich dann aus – und sprengt die Risse auseinander. „Noch wirkt der Boden ein bisschen wie Kitt“, sagt Harald Büttner, der das Straßenamt von Mitte leitet. „Aber wir rechnen mit erheblichen Schäden.“ Bereits am Freitag war eine Spur der Leipziger Straße gesperrt, weil Kanaldeckel eingesunken waren. „Die Übergangsperiode jetzt ist schlimmer als der Dauerfrost“, sagt Büttner. „Meine Bezirksingenieure haben ganz aktuell einen Sanierungsbedarf von 50 Millionen Euro errechnet.“

Mit Blick auf das gerade beschlossene Konjunkturpaket des Bundes will Büttner „schon mal auf die Euphoriebremse treten: Weil damit keine Instandhaltungen bezahlt werden dürften, sondern nur Grundsanierungen, „ist dieses Konjunkturpaket schon wieder Geschichte, wenn wir endlich anfangen können“. Denn Grundsanierung bedeute, dass über das umstrittene Straßenausbau-Beitragsgesetz abgerechnet werden müsse und folglich eine Beteiligung der Anlieger notwendig sei. „Das braucht also mindestens ein Jahr Vorlauf“, sagt Büttner, der vor allem für wenig diskussionsbedürftige Arbeiten wie die Verlegung von neuen Wasserleitungen „eine Verschlankung“ der vorgeschriebenen Bürokratie für notwendig hält. An mangelndem Willen jedenfalls liege es nicht, dass die Straßen immer schlechter werden – sondern daran, dass das Geld einfach nicht reiche und dass die Verwaltung „seit langem ausgeblutet und völlig überaltert“ sei.

Neben den Autofahrern müssen sich auch Fußgänger und Radfahrer zurzeit mit einem offenkundigen Problem herumschlagen: Die Wege sind verdreckt wie selten und an vielen Stellen auch enorm glatt, obwohl der große Schneefall mehr als zwei Wochen her ist. Viele Grundstückseigentümer haben sich offensichtlich nicht um ihre Räumpflicht auf den Gehwegen geschert. Dass es allerdings auch vor vielen öffentlichen Gebäuden besonders glatt ist, ärgert beispielsweise den Charlottenburg-Wilmersdorfer Ordnungsstadtrat Marc Schulte (SPD). Die vom Bezirksamt beauftragten Winterdienstfirmen seien für Ermahnungen „ganz schwer erreichbar“ gewesen und kündigt ein Nachspiel an. Denkbar wären Vertragsstrafen und Kündigungen. Säumige Privatleute dagegen würden zunächst vom Ordnungsamt ermittelt und ermahnt. „Ein mühsames Prozedere“, sagt Schulte, der auch an der Leistung der Berliner Stadtreinigung (BSR) kein gutes Haar lässt: Ein von ihr beauftragter Subunternehmer habe beispielsweise in der Wilmersdorfer Straße lausige Arbeit abgeliefert, obwohl es für die Fußgängerzone klare Vorschriften gebe – etwa die, alle 30 Meter eine Verbindung zwischen beiden Straßenseiten zu räumen.

Auch die gesetzliche Räumpflicht für Radwege haben nach Schultes Erfahrung die von der BSR beauftragten Firmen ignoriert. Selbst von Maschinen mühelos befahrbare Hauptrouten wurden nicht geräumt. Die so entstandenen Eisbuckelpisten seien „lebensgefährlich“, moniert Schulte und unterstützt damit die massive Kritik, die bereits der Fahrradbeauftragte des Senats geübt hatte. BSR-Sprecherin Sabine Thümler bestätigt die Defizite: „Wir sind mit den Leistungen dieser Unternehmen nicht zufrieden und werden Druck machen.“

Um den nun wieder präsenten Silvestermüll kümmert sich die Stadtreinigung nach Auskunft Thümlers, sobald der tägliche Winterdienst erledigt ist. Viele Mitarbeiter hätten seit Neujahr keinen freien Tag mehr gehabt, weil so viel zu tun sei. „Zurzeit kann niemand sagen, wann wir die Stadt wieder sauber haben werden.“ Und mitten im Winter den Splitt von den Wegen zu fegen, „wäre wirtschaftlicher und ökologischer Unsinn“.

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