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Zöllner

© Mike Wolff

Berliner Schulen: Lehrermangel schon am ersten Schultag

Bildungssenator Jürgen Zöllner gab überraschend bekannt: 51 Schulen warten noch auf Personal. Viele Pädagogen erkrankten zum Ferienende - die Gewerkschaft befürchtet eine weitaus höhere Unterversorgung.

51 von 758 öffentlichen Schulen hatten gestern, am ersten Schultag, nicht genügend Lehrer. Dies gab Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) gestern bekannt. Er geht aber davon aus, dass die Lücken schnell gefüllt werden können. Bis eine dauerhafte Lösung vorliege, werde der Unterricht durch Vertretungen oder rasche Umsetzungen „sofort vollständig abgesichert“. Bevor es zu Neueinstellungen komme, müsse erst einmal geklärt werden, ob es an einzelnen Schulen noch Überhänge gebe. Insgesamt hätten die Schulen 4000 Schüler mehr angegeben als rechnerisch da sein könnten. Als Grund nannte Zöllner Doppelanmeldungen von Schülern.

Betroffen von Lehrermangel sind unter anderem 18 Grundschulen. Hier könne man die Fehlstunden bis zur Klärung in den kommenden Tagen aber gut ausgleichen, weil in den ersten Klassen ja erst kommende Woche unterrichtet werden muss. Die entsprechenden Lehrer könnten also vorläufig einspringen. Insgesamt versprach Zöllner, dass Ende nächster Woche die „tatsächlichen“ Schülerzahlen vorliegen werden. Die „Nachsteuerungen“ könnten dann in der übernächsten Woche erfolgen.

An 27 Schulen war der Mangel offenbar nicht früher erkennbar: Hier haben sich erst jetzt zu Ferienende Lehrer krank gemeldet, wobei schon absehbar ist, dass die Genesung mehr als drei Monate dauern wird. Für diese Lehrer will die Bildungsverwaltung „kurzfristig“ Ersatz schaffen.

Insgesamt beziffert Zöllner den Anteil der unterversorgten Schulen auf 6,7 Prozent. Unabhängig von den konkreten Schülerzahlen sei die Schulaufsicht aufgefordert „mit jeder Bedarfsschule rasch gemeinsam eine Lösung zu finden“.

Die Schulleitervereinigung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bezweifelte gestern Zöllners Zahlen. Sie hat ebenfalls alle Schulen kontaktiert und geht davon aus, dass wesentlich mehr Schulen unter Lehrermangel leiden. „Die genauen Zahlen kennen wir aber nicht“, schränkte der Vorsitzende der Schulleitervereinigung, Erhard Laube, gestern ein. Er will erst am Mittwoch mit eigenen Einschätzungen an die Öffentlichkeit treten.

Aus den Schulen gibt es sehr unterschiedliche Signale. „Wir haben alle Lehrer an Bord“, hieß es aus dem Lankwitzer Beethoven-Gymnasium. Allerdings sagte Schulleiter Wolfgang Harnischfeger, er wisse von vielen Schulen, denen noch Lehrer fehlten.

An der Rixdorfer Grundschule in Neukölln fehlten zweieinhalb Lehrer und eben so viele Erzieher für den Hort, sagte die koordinierende Erzieherin Heidi Hebler. In der Judith-Kerr-Grundschule in Schmargendorf gebe es zu wenige Räume für die Teilungstunden, bemängelten zwei Lehrerinnen. Die jetzige Raumverteilung sei eine „Notvariante“, oft gebe es in den jeweiligen Räumen dann Tische und Stühle, die für die kleineren Kinder viel zu groß seien. Eine Schulleiterin, die anonym bleiben wollte, gab an, dass bei ihr zehn Prozent der Lehrer fehlten.

Wie berichtet, hatte der Bildungssenator erstmals alle Schulen aufgefordert, schon zwei Tage vor Ferienende über fehlende Lehrer oder über Korrekturen bei den Schülerzahlen zu berichten. Dies führte dazu, dass Zöllner bereits am ersten Schultag einen Überblick über die Gesamtsituation hatte. Niemand hatte allerdings erwartet, dass er diese Zahlen gleich gestern bekannt geben würde.

Allerdings ist der Bedarf, schnell Klarheit zu bekommen, auch größer als sonst, denn erstmals haben die Schulen keinerlei eigene Vertretungsreserve. Der Senat wünscht, dass alle Schulen genau 100 Prozent ihres Personalbedarfs an Bord haben. Das aber ist bei kleineren Schulen praktisch kaum erreichbar.

D. Martens, S. Vieth-Entus

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