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An Gymnasien sind die Klassen größer, an den Sekundarschulen verstärken sogar Sozialarbeiter das Kollegium. Das finden die Schulleiter ungerecht.

© Kitty Kleist-Heinrich

Berliner Schulpolitik: Gymnasien fühlen sich benachteiligt

An Berlins Gymnasien regt sich der Unmut über die Schulpolitik der Hauptstadt, die die Sekundarschulen bevorzugt. Die Kluft zwischen Spitzen-Schulen und den Gymnasien in sozialen Brennpunkten werde immer größer, sagen die Schulleiter.

Noch ist die neue Aufnahmeregelung für die Oberschulen nicht vollständig ausgewertet, aber schon gibt es Forderungen nach Änderungen des Verfahrens. Kritisiert wird insbesondere die zunehmende Entmischung an gefragten Sekundarschulen und Gymnasien, die sich Spitzenschüler „herauspicken“ konnten. Damit werde das Ziel der Schulreform konterkariert.

Alarmiert sind die Schulen auch durch die zunehmende Kluft zwischen beliebten Sekundarschulen und Gymnasien in sozialen Brennpunkten. Während die Gymnasien bis zu 32 Kinder pro Klasse aufnehmen müssen und keine Sozialarbeiter bekommen, bestehen die Sekundarschulklassen aus 26 Kindern, die zudem durch Sozialarbeiter unterstützt werden. Die bessere Ausstattung beruht auf der Erwartung, dass die Sekundarschulen eine schwierigere Klientel haben. Dies ist aber aufgrund des neuen Aufnahmeverfahrens längst nicht mehr überall der Fall: Während die Gesamtschulen früher mindestens 20 Prozent hauptschulempfohlene Kinder aufnehmen mussten, gibt es für die jetzigen Sekundarschulen diese Vorschrift nicht mehr. In der Folge konnten sich beliebte Sekundarschulen ausschließlich gymnasialempfohlene Kinder aussuchen. Einzelne Sekundarschulen nahmen selbst Schüler mit einem Notendurchschnitt von 2,2 oder 2,6 nicht mehr auf.

Ganz anders die Situation an den Brennpunktgymnasien. Sie müssen sich mit einem Anteil von Gymnasialempfohlenen arrangieren, der mitunter bei nur 50 bis 70 Prozent liegt. Zugleich ist hier der Weg bis zum Abitur ein Jahr kürzer – und das bei größeren Klassen. „Die Sekundarschulen sind besser gestellt“, kritisiert denn auch Eberhard Kreitmeyer vom Charlottenburger Gottfried-Keller-Gymnasium.

Paul Schuknecht vom Verband der GEW-Schulleiter sieht die Lösung des Problems nicht in einer besseren Ausstattung der Gymnasien, sondern in einer radikalen Änderung der Aufnahmebedingungen. Damit an die Gymnasien tatsächlich nur die leistungsstärksten Kinder kämen, müsse die Politik die Aufnahmebedingungen verschärfen. So wäre dafür gesorgt, dass die Gymnasien eine Klientel hätten, die auch tatsächlich in größeren Klassen und innerhalb von zwölf Jahren zum Abitur kommen könne, erwartet Schuknecht. Dies hatte auch Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren von Anfang an gefordert.

Für die Sekundarschulen schlägt Schuknecht vor, zur früheren Quotierung zurückzukehren. So werde sichergestellt, dass keine Sekundarschule nur die leistungsstärksten Schüler auswählen könne. „Nur so können die Sekundarschulen ihrer gesamtstädtischen Verantwortung gerecht werden“, meint Schuknecht.

So wie er denken jetzt viele Rektoren. „Uns sind durch die NC-Regelung Kinder verloren gegangen, die wertvoll für unser Profil gewesen wären“, bedauert Stephan Zapfe von der Carl-Zeiss-Sekundarschule. Anstatt gesellschaftlich engagierte Siebtklässler aufnehmen zu können, die auch mal einen Schnitt von 2,8 hätten, sei bei ihnen wegen des neuen Verfahrens und der hohen Nachfrage bei 2,5 Schluss gewesen. Eine mögliche Lösung des Dilemmas haben die Sophie-Scholl- und die Martin-Buber-Schule gefunden: Sie haben nicht gelost, dafür aber ein Viertel der Schüler mit einem Schnitt von 2,8 und abwärts aufgenommen. Im Gegenzug durften sie die übrigen Kinder nach dem Profil der einzelnen Klassen auswählen. „Perspektivisch“ könne er sich dieses Verfahren auch an anderen Schulen vorstellen, sagt Klaus Brunswicker, Leiter der Scholl-Schule. Doch er warnt vor Eile. Zunächst solle man das Aufnahmeverfahren für ganz Berlin auswerten.

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