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Sie stehen zusammen: Regine Günther (l), Verkehrssenatorin, und Ramona Pop (Bündnis90/Die Grünen), Wirtschaftssenatorin.

© Jörg Carstensen/dpa

Nach Kirchner-Eklat: Verkehrssenatorin im Hindernisparcours

Regine Günther ist in Berlin für den Verkehr verantwortlich. Doch davon merkt man nicht viel, sagen Kritiker.

Aus vielen Metropolen dieser Welt waren sie nach Berlin gekommen, zur „Internationalen Mobilitätskonferenz“. Aus Moskau, Paris, London, Peking und Los Angeles. Und dann schilderten die Experten aus diesen Städten ihre Projekte: Moskau baut 56 Kilometer U-Bahn – in drei Jahren. Paris hat eine vielspurige Ringstraße um die Innenstadt auf eine Autospur pro Richtung zurückgebaut. Nun ist dort Platz für eine Straßenbahn, diese fährt im 90-Sekunden-Takt.

Dann ist Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) an der Reihe, sie soll Berlins Projekte schildern. Ein Fachteilnehmer der Konferenz schildert ihren Beitrag so: Berlin funktioniere insgesamt. Berlin habe wenig Autos, aber eigentlich noch zu viele. Berlin wolle eine App machen, die „alles“ aufs Smartphone bringen solle, was es an Mobilität gebe. Berlin braucht ein Gesamtsystem. Und dann dieser Satz: „Das wird natürlich noch ein bisschen dauern.“ 

„Aber wir können nicht jahrelang prüfen, uns läuft die Zeit davon.“ 

Die Zuhörer nehmen die Ankündigung einer App und dass es bis zur Umsetzung noch ein bisschen dauern werde mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Ratlosigkeit zur Kenntnis. Die Konferenz hatte übrigens den Untertitel „Neue Wege für Berlin“. Wer in Berlin Ahnung von Verkehr hat, war da. Günther stehe für „wir prüfen erst mal gründlich“, sagte ein Konferenzteilnehmer dem Tagesspiegel. „Aber wir können nicht jahrelang prüfen, uns läuft die Zeit davon.“ Unverständlich sei, dass sich die Verkehrssenatorin so wenig für Verkehr interessiere, klagte ein Planer: Gerade als Umweltpolitikerin müsste sie sich doch für die Verkehrswende einsetzen, jedes Auto weniger komme dem Klima zugute.

Radfahrer bestätigen all dies. Nach dem Erfolg des Volksentscheids Fahrrad war die Erwartungshaltung unter Rad-Aktivisten riesig. Rot-Rot-Grün werde jetzt endlich die Verkehrswende einleiten, so die Hoffnung. Ein Vierteljahr später, es war der 1. April 2017, die Fahrradmesse Velo auf dem Messegelände.

Günther geriet im Frühjahr mit Kirchner aneinander

Günther hielt die Eröffnungsrede – die Zuhörer schildern es so: eine Ansammlung von Allgemeinplätzen, uninspiriert, langweilig. Eine Stunde später trat Günthers damaliger Staatssekretär Jens-Holger Kirchner auf einer vom Tagesspiegel veranstalteten Podiumsdiskussion auf. Er redete sich in Rage, forderte deutlich höhere Parkgebühren für Autofahrer, diese seien in Berlin „eine Frechheit“. Am 2. April titelte der Tagesspiegel: „Parken für Anwohner in Berlin wird teurer“. Daraufhin krachte es hinter den Kulissen und Kirchner bekam die Anweisung, sich nicht mehr öffentlich mit solchen Vorstößen zu äußern.

Hinter den Kulissen ist zu hören, dass Günther ihren Staatssekretär aus dem BVG-Aufsichtsrat gedrängt habe. Dies dementierte ihr Sprecher, im September sei Kirchner bereits krank gewesen. Aber er war es, der bis dahin stundenlang auf Arbeitsebene mit den BVG-Fachleuten diskutiert hat. Die Senatskanzlei hatte am 4. September nur mitgeteilt, dass Kirchner „sein Aufsichtsratsmandat niedergelegt“ habe und Günther ihn ersetze. Dem Vernehmen nach ist sie seitdem nicht bei der BVG gesehen worden.

Durch einen „Morgenpost“-Bericht wurde am Donnerstag bekannt, dass der Leiter des Sonderreferats Klimaschutz in der Verwaltung von Günther, Lothar Stock, seit einem Jahr bei vollen Bezügen freigestellt ist. Angeblich hat Günther keine Verwendung für ihn. Die Pressestelle lehnte am Donnerstag jede Stellungnahme aus „personalrechtlichen“ Gründen ab. Kirchners Rausschmiss wegen seiner Krebserkrankung hatte Günther mit der hohen Arbeitsbelastung für sie und das restliche Personal begründet.

- Lesen Sie auch: Verkehrssenatorin Günther übersteht Missbilligungsantrag der Opposition im Abgeordnetenhaus

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