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Berliner Senat: Wo ist Wowereit?

Seit seiner holperigen Wiederwahl im November hat sich der Regierende Bürgermeister, einst als Partymeister gefeiert, rar gemacht. Zwei Drittel der Berliner sind nach einer jüngsten Umfrage mit der Arbeit des Senats unzufrieden.

Berlin - In den kommenden zwei Wochen kann sich Berlin im Glanz der Berlinale sonnen - auch für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wieder eine gute Gelegenheit, mit den Stars im gleißenden Licht der Kameras aufzutreten. Nach Neuauflage der rot-roten Regierung haben viele in der Stadt ein Gefühl von Stillstand. Die Opposition spricht von "Apathie und Lethargie".

Bezeichnend ist der Streit um die Ehrenbürgerwürde für Wolf Biermann. Weil der Senat erst abtauchte und dann auf stur schaltete, wuchs sich die Debatte um den Liedermacher zu einer Affäre aus, die auch den "Regierenden" beschädigte. Wowereit ging bis zuletzt mit einer eigenen Meinung weitgehend auf Tauchstation.

"Gelähmter Senat"

Zwei Drittel der Berliner sind nach einer jüngsten Umfrage von Infratest dimap mit der Arbeit des Senats unzufrieden. Lokalzeitungen schreiben über einen "gelähmten" Senat und einen "unsichtbaren" Bürgermeister und Kultursenator in Personalunion. Dabei brennen die Probleme der Hauptstadt vielen unter den Nägeln. Die Zukunft von Staatsoper und Opernstiftung ist unklar, zum Neubau auf dem Platz des Hohenzollern-Schlosses hat sich Wowereit nach deutlich positiven Zeichen vom Bund nicht geäußert. Die massiven Probleme in den Schulen in Kreuzberg, Neukölln oder Wedding nehmen eher zu als ab. Ob Studiengebühren für Langzeitstudenten kommen, weiß auch keiner so genau. CDU-Generalsekretär Frank Henkel sagt: "Auch vier Monate nach der Wahl rätselt die Stadt, was dieser Senat vorhat."

Selbst das eigene Lager muckt auf und kritisiert den Mangel an Ideen und Inhalten. SPD-Chef Michael Müller ärgert sich darüber, dass die Regierungsfraktionen der Opposition die Bühne überlassen. In die Plenarsitzungen brachten weder SPD noch Linkspartei eigene Anträge oder Initiativen ein. Intern verdonnerte Müller die Arbeitskreise dazu, endlich Konzepte zur Messe Berlin oder der Gestaltung der Gemeinschaftsschule vorzulegen.

"Die Menschen wollen ruhig regiert werden"

Nur ungern geben die Sozialdemokraten zu, dass sie nach der misslungenen ersten Abstimmung zur Wahl Wowereits noch keinen Tritt gefasst haben. 23 der 53 SPD-Abgeordneten sind Parlamentsneulinge. Alte und Neue reiben sich eher in Flügelkämpfen auf, als inhaltliche Debatten zu führen. Zwischen den Koalitionspartnern knirscht es heftig. Die Linkspartei sei nach ihren herben Verlusten bei der Abgeordnetenhauswahl noch zu sehr mit sich selbst beschäftigt, heißt es bei der SPD.

Senatssprecher Michael Donnermeyer kann die Vorwürfe naturgemäß nicht nachvollziehen. "Die Menschen wollen ruhig regiert werden", sagt er. "Wir gehen unser eigenes Tempo." Der Eindruck von Passivität oder Ideenlosigkeit liege am Vergleich mit früheren Jahren. Einst hätten die Banken-Affäre, eine Regierungsbeteiligung der PDS oder das richtige Mauer-Gedenken die Tagesordnung bestimmt. "Es ist nur nicht mehr so spektakulär wie am Anfang", meint er. "Das heißt aber nicht, dass nicht regiert wird."

Zwar ist Wowereit zurzeit Beauftragter für die deutsch- französischen Kulturbeziehungen. Von bundespolitischen Ambitionen, wie noch vor Monaten angekündigt, ist bei ihm aber nichts mehr zu spüren. Stärker ins Licht der Öffentlichkeit treten wird er zumindest in den nächsten Tagen. Während der Berlinale repräsentiert der Bürgermeister die Hauptstadt bei Galafeiern, Premieren und Empfängen. (tso/dpa)

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