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Im Visier von Ermittlungen: Der Chef der Berliner Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD)

© Gregor Fischer/dpa

Update

Berliner Senatskanzlei und Fall McKinsey: Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungen gegen Böhning

Die Zusammenarbeit zwischen der Senatskanzlei und McKinsey ist nun ein Fall für die Justiz. Die Staatsanwaltschaft nimmt sich auch die Beraterfirma vor. Böhnings Anwalt sagt: "Kein Skandal".

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Seit April prüft die Staatsanwaltschaft, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen Björn Böhning einleitet, der als Chef der Senatskanzlei zu den engsten Vertrauten des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) gehört. Jetzt ist die Entscheidung gefallen: Gegen Böhning sind offizielle Ermittlungen aufgenommen worden - ebenso wie gegen die Beraterfirma McKinsey. Der Verdacht lautet auf Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme. Der Sprecher der Justizverwaltung, Lars Hoffmann, bestätigte dem Tagesspiegel am Donnerstag entsprechende Informationen. Zuerst hatte die "B.Z." darüber berichtet.

Hoffmann zufolge erhielt Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) am Morgen einen Bericht der Staatsanwaltschaft über das Verfahren gegen Böhning. Die Entscheidung der Behörde sei "einvernehmlich" gefallen, sagte der Sprecher. Es habe "keinerlei Weisungen" von Seiten der Justizverwaltung gegeben. Heilmann sagte bereits mehrfach, er halte nichts von einer politischen Staatsanwaltschaft. "In allen Verfahren haben wir es so gehandhabt, dass wir von Entscheidungen der Staatsanwaltschaft erst im Nachhinein informiert wurden", sagte Heilmann.

Dem Vernehmen nach gingen Strafanzeigen bei Heilmann und der Staatsanwaltschaft ein. Diese Anzeige soll einen Umfang von drei Seiten gehabt haben und sehr detailliert beschrieben sein. Offenbar habe jemand genau Bescheid gewusst, wie es hieß. Diese Anzeige richtete sich gegen Böhning, nicht gegen den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD).

Es geht um die umstrittene Kooperation zwischen der Senatskanzlei und McKinsey. Die Unternehmensberatung hatte 2015 unentgeltlich das Flüchtlingsmanagement des Senats unterstützt. Zum Jahresende erhielt McKinsey dann von Böhning den Auftrag, an einem Masterplan Integration und Sicherheit mitzuarbeiten – wofür der Senat 238.000 Euro brutto bezahlte.

Der ehemalige SPD-Politiker Lutz Diwell hatte im Auftrag von Böhning ein Gutachten verfasst, demzufolge die externe Beratung des Senats legitim war. Später wurde bekannt, dass Diwell inzwischen von McKinsey als Berater verpflichtet worden war. Damit standen Vorwürfe von Korruption und Untreue zulasten des Landes im Raum. Gegen Diwell selbst wird nun jedoch nicht ermittelt, wie Justizverwaltungssprecher Hoffmann betonte.

Anwalt: "Es gibt keinen Skandal"

Auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, bestätigte am Mittag, dass ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Böhning und gegen Verantwortliche von McKinsey eingeleitet wurde. Ermittelt werde wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung. Dass die Prüfung so lange gedauert habe (seit April), erklärte Steltner damit, dass Korruptionsfragen immer sehr schwierig zu bewerten seien.

"Der Senatskanzlei liegen zu den Berichten in den Zeitungen keine Informationen vor", sagte Senatssprecher Bernhard Schodrowski dem Tagesspiegel. Dem Vernehmen nach wird sich auch Müller nicht dazu äußern.

Böhning selbst wollte sich auf Tagesspiegel-Anfrage nicht äußern. Allerdings meldete sich sein Anwalt Marcel Kelz zu Wort. Demzufolge habe weder er noch Böhning selbst von der Staatsanwaltschaft offiziell mitgeteilt bekommen, dass ein Ermittlungsverfahren eröffnet werden solle. Dies habe er und Böhning aus der Presse erfahren. Auch auf ein Angebot Böhnings vor Monaten, an der Aufklärung des Falles mitzuarbeiten, sei die Staatsanwaltschaft nicht eingegangen. Kelz erklärt in der Stellungnahme weiter: "Wer erwartet, dass es durch die Einleitung von Ermittlungen eine neue Bewertungsgrundlage gibt, wird enttäuscht sein. Es gibt keinen Skandal, sondern allenfalls verschiedene rechtliche Bewertungen zu einem öffentlich bekannten Sachverhalt." Jeder kenne die Binse, dass drei Juristen zum selben Thema drei verschiedene Meinungen hätten. "Herr Böhning steht auch weiterhin dazu, dass es zur dringend erforderlichen menschenwürdigen Versorgung der Flüchtlinge damals notwendig war, jede angebotene, erst recht ehrenamtliche, Unterstützung anzunehmen. Sollte Herr Böhning über die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens auch offiziell in Kenntnis gesetzt werden, wird er über mich Akteneinsicht nehmen und anschließend gerne zur Sache Stellung nehmen", heißt es in dem Anwaltsschreiben weiter.

CDU: "Die Vorwürfe sind erheblich"

CDU-Fraktionschef Florian Graf hingegen forderte angesichts der neuen Entwicklung genau diese Erklärung von Müller. "Die Vorwürfe, die gegen Björn Böhning und eventuell sogar gegen den Regierenden Bürgermeister selbst gerichtet sind, sind erheblich", erklärte er. Ob Böhning angesichts eines Ermittlungsverfahrens Chef der Senatskanzlei bleiben kann, gilt auch in dessen eigener Partei als fraglich.

In dem Bericht der "B.Z." heißt es weiter, die rechtliche Bewertung des Falles sei innerhalb der Anklagebehörde umstritten gewesen: Einige Staatsanwälte hätten sich zunächst gegen die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens ausgesprochen.

Um was geht es im Fall Diwell/McKinsey? Eine Chronik der Affäre können Sie hier nachlesen.

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