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Gut aufgelegt. Simina Grigoriu bei ihrer Lieblingsbeschäftigung.

© Birgit Kaulfuss

Berliner Techno-DJane: Frau am Teller

Simina Grigoriu startet als Technokünstlerin durch – ohne die Hilfe ihres Ehemanns Paul Kalkbrenner.

Hier schaut’s aus! Auf dem Boden liegen zwei große Ikea-Pakete, daneben ein offener Umzugskarton voller Schallplatten. Mittendrin steht Simina Grigoriu und wirkt verlegen. Vor zwei Monaten hätten sie und ihr Mann die Wohnung in Mitte erst bezogen, sagt sie entschuldigend. Deshalb sei vieles noch nicht ausgepackt, ihr heimisches Studio lediglich provisorisch eingerichtet. Immerhin steht das Pult mit den beiden Plattenspielern und dem Mixer schon. Undenkbar, dass die Techno-Produzentin ihre Technik lange in Kisten verstaut lässt.

Simina Grigoriu geht in die Küche und kommt mit zwei Tassen zurück. Kaffee mit Ahornsirup, sagt sie, drückt dem Gast einen Pott in die Hand und setzt sich ans Mischpult. Es ist einer der wenigen Tage ohne Terminstress. Sie erzählt von den Remixen, an denen sie zuletzt gearbeitet hat, von den Auftritten der vergangenen Wochen im Vorprogramm ihres Mannes. Sie sagt: „Ich bin immer nervös, wenn ich vor vielen Leuten spiele. Wenn ich es nicht wäre, würde es langweilig.“ So gesehen muss die letzte Zeit für sie aufregend gewesen sein. Im März spielte sie im ausverkauften Velodrom, zuvor standen Termine in Hamburg, Leipzig und Stuttgart auf dem Programm. Simina Grigoriu heizte das Publikum für ihren Gatten ein. Für Paul Kalkbrenner.

Mit einem berühmten Mann verheiratet zu sein, mag Vorteile haben. Wenn man denselben Beruf hat, macht es das Arbeiten nicht unbedingt leichter. Vorurteile, Befindlichkeiten, Heuchelei. Ein Leben mit dem Label „die Frau von“, der Partner als ewiges Maß der Dinge. Dabei braucht sich Simina Grigoriu keineswegs im Schatten des Technostars zu verstecken. Ein paar EPs hat die 31-Jährige bereits veröffentlicht, im vergangenen Jahr erschien ihr mit Ohrwürmern gespicktes Debüt-Album „Exit City“. Und am morgigen Samstag legt sie im „Tresor“ in Mitte auf. Nicht im Vor- sondern im Hauptprogramm. Es läuft also auch ohne Paul.

Ob sie sich auf diesen Auftritt anders vorbereitet als auf die Hallen-Gastspiele? Nein, sagt Simina Grigoriu. Die kleinen Gigs hätten nur eine andere Dynamik. „Wenn ich mit Paul auf Tour bin und die Bühne betrete, bleibt das Publikum, egal was ich mache. Weil es ihn sehen will. Wenn ich in einem Club auflege, besteht immer die Gefahr, dass die Leute gehen, wenn ich nicht gut bin. Ich mag diese Herausforderung.“ Dass die gebürtige Rumänin, die als Dreijährige mit der Familie nach Kanada auswanderte, den Tresor leer spielen wird, ist nicht zu befürchten. Die Schar ihrer Anhänger wächst, mit ihren melodiösen Sets hebt sie sich ab von der harten Spielart ihrer DJ-Kollegen.

Selbst ist die Frau. Ihre Musik produziert Simina Grigoriu selbst. Ehemann Paul Kalkbrenner bekommt die Stücke erst zu hören, wenn sie fertig sind.
Selbst ist die Frau. Ihre Musik produziert Simina Grigoriu selbst. Ehemann Paul Kalkbrenner bekommt die Stücke erst zu hören, wenn sie fertig sind.

© Promo

Seit fast fünf Jahren lebt Simina Grigoriu mittlerweile in Berlin, der Liebe wegen. Paul Kalkbrenner hatte sie in ihrer Heimatstadt Toronto kennengelernt. Der war damals noch kein internationaler Star, sondern „einfach nur ein Typ, der Techno machte“. Und auch der Film „Berlin Calling“, der ihm zum Durchbruch verhalf, war zu dem Zeitpunkt, im Sommer 2008, noch nicht angelaufen. Ein Freund Gregorius wollte den Streifen in die kanadischen Kinos holen. Deswegen hatte er Kalkbrenner eingeladen, so begegneten sie sich. Der deutsche Gast blieb eine Woche. Kurz vor seinem Rückflug kündigte Grigoriu ihren Job als Marketing-Direktorin und bestieg den Flieger nach Berlin, „mit einem Koffer und meinem Mixer“. Große Gefühle, große Entscheidungen, großes Kino.

Über Berlin wusste Simina Grigoriu damals kaum etwas. Inzwischen fühle sie sich hier wohl, auch wenn ihr Deutsch trotz Sprachkurs noch nicht gut sei. Immerhin reicht es für ein paar Witze. Zum Beispiel diesen: „Was sagt der DJ zum Jazz-Musiker? Zum Flughafen bitte!“

Zurzeit sammelt sie neue Ideen für ihr zweites Album. Aufgenommen werden soll es in den Nalepa-Studios in Köpenick. Das Erscheinungsdatum steht noch nicht fest. Nur so viel ist klar: Der Gatte bekommt die neuen Stücke erst vorgespielt, wenn sie fertig sind. Schützenhilfe? Unerwünscht! „Ich habe den Ehrgeiz, alles alleine zu machen“, sagt Grigoriu. „Ich bin mit einem der größten Technostars verheiratet.“ Da sei es leicht zu denken, ihre Musik werde von anderen Leuten produziert.

Anders als bei ihrem Debüt wird sich Simina Grigoriu diesmal voll auf die Arbeit konzentrieren: Im vergangenen Jahr organisierte sie parallel zur Albumproduktion ihre Hochzeit. Die fand auf Schloss Herzfelde in der Uckermark statt. Die Musik? Kam weder von der Braut noch vom Bräutigam – sondern von Freunden.

Simina Grigoriu legt am morgigen Samstag im Tresor auf, Köpenicker Straße 70 in Mitte. Beginn: 0 Uhr. Eintritt: 13 Euro

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