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Berliner U-Bahn-Geschichten: Warten im Tunnel

Etwa 20 Minuten für eine U-Bahnstation - das ist wohl persönlicher Rekord.

Von Amir El-Ghussein

Es ist ein kalter, nasser Morgen. Die Uhr treibt zur Eile, die Schritte lenken mich in Richtung U-Bahnhof Mehringdamm. Das Ziel ist nah, Möckernbrücke, nur eine Station. Die Uhr zeigt 8:35, die Wartezeit beträgt vier Minuten, verkündet zumindest die Leuchtanzeige. Die Menschen auf dem Bahnsteig mehren sich. Die Bahn wird voll.

Dann fährt die Bahn der U7 ein, Menschen quellen heraus, die wartenden Fahrgäste drängen herein. Stehplatz. Macht nichts, es ist ja nur eine Station. Dann nimmt die Bahn Fahrt auf, gerade soviel, dass sie komplett im U-Bahn Tunnel verschwindet. Dann kommt sie zum Stehen. Naja, kennt man ja, ist sicher nur kurz. Die Wartezeit beginnt. Das Berliner U-Bahnfenster flimmert vorbei.

Langsam fangen die Fahrgäste an, mit den Füßen zu scharren, die Zeit wird lang. Dann, nach vielleicht sieben Minuten, öffnet sich die Tür Richtung Fahrerkabine. Ein BVG-Mitarbeiter tritt ein, drängelt sich durch die Wartenden. Die Fahrgäste fordern lautstark Aufklärung für die Wartezeit. Außer einem gegrummelten: "Tür schließt nicht richtig", bekommen sie nichts zu hören. Der BVG-Mitarbeiter entschwindet durch die Zwischentür ins nächste Abteil. Interessant, dachte die Türen hätten keine Funktion, wären eine Art Attrappe.

Ein Déjà vu

Die Zeit vergeht. Das U-Bahnfenster dreht die Schleife. Werbung für Didi Hallervordens neues Wasauchimmer, es werden Kinder für ein Casting gesucht, und der Kicker erzählt Geschichten über Hoffenheim und Real.

Dann geht die gleiche Türe erneut auf. Und als wäre es ein Déjà vu, tritt der uniformierte BVG-Fehlersucher erneut ein. Diesmal drängt er sich zu den Seitentüren und überprüft drei davon, dann geht er zurück. Kein Wort der Aufklärung oder der Information.

Die gefühlte Wartezeit liegt inzwischen bei Stunden, die reale bei etwa 20 Minuten. Ich kann den Bahnsteig noch sehen, fällt mir auf. Ein Pärchen neben mir ärgert sich, weil es einen Termin verpasst. Der junge Mann will das Ereignis gleich mal bei Facebook posten und zückt sein iPhone. Erst danach kommt er auf die Idee, seine Verspätung anzukündigen.

Dann ruckt auf einmal die Bahn und die Fahrt beginnt. Möckernbrücke, der Zug fährt ein - zu Fuß wär's schneller gegangen.

Eine BVG-Sprecherin erklärte später: " Es hat zwischen 8:44 und 8:58 Uhr einen Zugschaden gegeben." Begründung: Eine Tür habe nicht richtig geschlossen.

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