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Berlins ehemaliger Justizsenator und CDU-Direktkandidat für die Bundestagswahl, Thomas Heilmann.

© picture alliance / Kay Nietfeld/

Berliner Unternehmer werben für CDU-Kandidaten: Thomas Heilmann wird mangelnde Transparenz bei Wahlbrief vorgeworfen

Bürger fragen sich, wie der Absender eines Wahlbriefs an ihre Daten kam. Heilmanns Unterstützer behauptet, nichts von der Versendung an Bürger gewusst zu haben.

CDU-Direktkandidat Thomas Heilmann lässt zwei Unternehmer in seinem Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf per Brief für sich werben - und wird kritisiert, so intransparente Wahlwerbung für sich zu machen. Einer der Unternehmer bestreitet dabei, einer Versendung des Schreibens in dieser Form zugestimmt zu haben. Er soll gedacht haben, als Empfänger seien lediglich CDU-Mitglieder vorgesehen gewesen.

„Thomas Heilmann vertritt Steglitz-Zehlendorf im Bundestag und ist einer der ideenreichsten Abgeordneten, die wir bisher kennenlernen durften.“ Das steht in dem Brief, den Anwohner:innen Steglitz-Zehlendorfs vergangene Woche in ihren Postkästen fanden.

Im Adresskopf werden die Unternehmerin und Gründerin der Haba-Digitalwerkstätten, Verena Pausder, und der Gründer des Start-ups Get your Guide, Johannes Reck, genannt. Ein Hinweis darauf, dass die Briefe von der CDU verschickt wurden, fehlt. Es entsteht der Eindruck, Reck und Pausder hätten das Schreiben als Privatpersonen verschickt.

Die Briefe wurden aus dem Budget der CDU in Steglitz-Zehlendorf bezahlt, bestätigt Heilmanns Sprecherin, Mareen Theil, dem Tagesspiegel. An wie viele Menschen das Schreiben verschickt wurde, könne sie nicht sagen.

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Pausder und Reck rufen darin dazu auf, Thomas Heilmann mit der Erststimme zu wählen. Heilmann habe im Bundestag „extrem wichtige Impulse" gesetzt und „mit ganz viel Herz für die Modernisierung des Staates sowie für eine neue Digitalpolitik gearbeitet“, heißt es in dem Brief weiter.

Sie sind nicht die ersten, die Heilmann im Bundestagswahlkampf unterstützen. Zuvor ging bereits ein ähnlicher Brief im Namen des Ex-Polizeivizepräsidenten Gerd Neubeck an potenzielle Wähler:innen, in dem er Heilmanns Ambitionen im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität lobte.

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Was einige Empfänger an den Briefen irritierte: Wie kommen zwei Unternehmer und ein Ex-Polizeipräsident, die kein politisches Mandat haben, an sensible Daten wie Vor-, Nachname und Adresse? Zumal sie dem Erhalt der Briefe nicht zugestimmt hatten.

Liegt ein Verstoß gegen den Datenschutz vor?

Mandatsträger und Parteien dürfen sechs Monate vor der Wahl Daten aus dem Melderegister abfragen. Diese dürfen laut Meldegesetz ausschließlich für den Wahlkampf verwendet werden und müssen spätestens einen Monat nach der Wahl wieder gelöscht werden. Das Melderecht schreibt außerdem vor, dass die Auskünfte nur über einzelne Altersgruppen erteilt werden dürfen, nicht über sämtliche Wahlberechtigte. Andere Informationen, wie das genaue Geburtsdatum der Anwohnenden oder ihre Religionszugehörigkeit etwa, dürfen gar nicht herausgegeben werden.

Die CDU fragte die Daten der potenziellen Wähler:innen in Steglitz-Zehlendorf ab, was damit ein zulässiges Vorgehen ist. Doch der Adresskopf, in dem die Unternehmer Pausder und Reck genannt werden, führt zu Verwirrung.

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„Vielleicht wäre ein Satz gut gewesen, in dem klargestellt wird, woher die Adressdaten stammen und dass sie ordnungsgemäß streng nach den Vorgaben verarbeitet wurden. Wir haben nicht damit gerechnet, dass das für so viel Verwirrung sorgt“, sagte Sprecherin Mareen Theil dem Tagesspiegel Checkpoint. „Hinterher ist man immer schlauer.“

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Peter Wedde, Jurist und Professor mit Schwerpunkt für Datenschutzrecht an der Frankfurt University for Applied Sciences, findet, das Vorgehen der CDU habe „zumindest ein Geschmäckle“. Wedde sagt: „Solange die Partei die Meldedaten nicht an Dritte weitergegeben hat, ist das Vorgehen datenschutzrechtlich sauber. Doch die abgefragten Daten dürfen nur für Parteizwecke verwendet werden. Das ist jedoch in diesem Fall nicht direkt ersichtlich.“ Eine endgültige Bewertung müssten Datenschutzbehörden des Landes Berlin treffen.

Die Berliner Datenschutzbeauftragte habe bereits Beschwerden über die in Rede stehende Wahlwerbung von Herrn Heilmann erhalten. Diese würden nun geprüft werden, wie ein Sprecher mitteilt. Hingegen würden keine konkreten datenschutzrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung von Wahlwerbung existieren. „Inwieweit hier Vorschriften aus dem Wettbewerbs- oder Verbraucherrecht derartige Pflichten vorsehen, kann von uns nicht beurteilt werden.“

Unternehmer Reck wollte nicht als Absender genannt werden

Gründer Johannes Reck soll der Brief mit ihm als Absender irritiert haben, wie er der "B.Z." sagte. „Ich bin ein großer Fan von den Inhalten von Thomas Heilmanns Buch 'Neustaat' und hatte ihm angeboten, das Buch und ihn persönlich als Fürsprecher zu unterstützen. Abgestimmt war, dass Verena Pausder und ich in einem Rundschreiben an CDU-Mitglieder, die dem Erhalt zuvor zugestimmt hatten, zu Wort kommen sollten. Thomas Heilmann sollte ganz klar der Absender sein“, sagte Reck der B.Z.

Und weiter: „Es war aber nicht geplant, dass der Brief als Wahlwerbung für Heilmann mit Pausder und mir als Absender an einen unbestimmten Empfängerkreis von Einwohnern geht, die den Brief gar nicht empfangen wollten.“ Verena Pausder äußerte sich nicht öffentlich zu dem Brief und ließ eine Tagesspiegel-Anfrage unbeantwortet.

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Die Sprecherin des Bundestagskandidaten Thomas Heilmann stellt die Genese des Briefes jedoch anders dar: „Herr Reck wusste, wofür der Brief verwendet wird, er und Frau Pausder haben den Brief samt Briefkopf genauso freigegeben, wie er verschickt wurde." Dass die Wählerpost gefälscht sei, wie die B.Z. schrieb, stimme daher nicht, sagte Sprecherin Theil.

Die beiden Unternehmer:innen seien unabhängig voneinander auf Heilmann zugekommen und hätten gefragt, wie sie ihn unterstützen könnten. Heilmann sei weder mit Pausder und Reck befreundet, noch stehe er zu ihnen in wirtschaftlichen Beziehungen. Er kenne sie lediglich von Veranstaltungen.

Adresse im Briefkopf führt in ein Industriegebiet

An dem Wahlbrief führt aber noch ein Detail zu Verwirrung: Die angegebene Absenderadresse unter Pausders und Recks Namen. Goerzallee 229 in 14167 Berlin steht im Briefkopf. Die B.Z. hatte versucht, die beiden Unternehmer:innen in der Goerzallee anzutreffen, doch sie seien dort keine Mieter:innen, wie ein Mitarbeiter in dem Industriegebiet der Zeitung bestätigte.

Heilmanns Sprecherin Theil erklärt das so: „Die CDU hat dort einen Lagerraum für Wahlkampfmaterialien angemietet. Wir haben die Adresse angegeben, damit Empfänger:innen des Briefs postalisch antworten können.“ Aus Datenschutzgründen habe man Pausders und Recks private Adressen nicht angegeben. Auch ihre Firmenadressen sollten nicht benutzt werden, da sie sich als Privatpersonen für Heilmann aussprechen würden.

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Erst am vergangenen Freitag deckte „Der Spiegel“ auf, dass Thomas Heilmann über eine Firma an einem Unternehmen für erneuerbare Energien beteiligt ist, das sein Geld über eine Berliner Geflüchtetenunterkunft verdient. Die Beteiligung wirft Fragen nach möglichen Interessenskonflikten auf - doch unklar ist, ob Heilmann von dem Geschäft profitiert hat.

Heilmann wurde kürzlich als Experte für erneuerbare Energien in das Zukunftsteam von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet berufen. Heilmann war vor seiner Zeit als Politiker erfolgreicher Unternehmer, ist heute über Treuhänder noch immer an Firmen beteiligt.

Der Steglitz-Zehlendorfer Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux kritisiert: „Heilmann lässt Briefe verschicken, in denen sein vermeintlicher Kampf gegen die Organisierte Kriminalität gelobt wird. Dabei bedient er sich selbst solcher Methoden, indem er mit Treuhandkonstrukten seine Vermögen und Interessenskonflikte verschleiert.“

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