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Stephan Schwarz, Präsident der Berliner Handwerkskammer und Geschäftsführer der Gebäudereinigungsfirma GRG Services Group.

© Mike Wolff

Berliner Verwaltung: 140 Anträge und Genehmigungen pro Jahr

Michael Müller will eine modernere Verwaltung. Doch davon ist Berlin noch weit entfernt, schreibt Handwerkschef Stephan Schwarz in seinem Gastbeitrag.

Eine moderne, kundenorientierte Öffentliche Verwaltung - die beste Werbung für den Wirtschaftsstandort Berlin!

Über die Berliner Verwaltung wurde in den letzten Jahren viel geschimpft: keine Termine in den Bürgerämtern, lange Wartezeiten und frustrierte Mitarbeiter. Kein Wunder, über Jahrzehnte wurde einzig von der Substanz gelebt, wenig investiert und modernisiert. Personal wurde in starkem Maße abgebaut, Neueinstellungen gab es nur wenige. Erschwerend kommt die Verteilung der Aufgaben zwischen den Bezirken und dem Land Berlin hinzu.

Wichtige Aufgaben für Bürger – aber auch Unternehmen – liegen in der Zuständigkeit der einzelnen Bezirke. Das ist für den Bürger vielleicht nicht so entscheidend, für einen Baubetrieb mit wechselnden Baustellen im ganzen Stadtgebiet oder eine Fleischerei mit mehreren Filialen in verschiedenen Bezirken dagegen schon. Obwohl alle Anträge und Genehmigungen auf derselben Rechtsgrundlage basieren, legen die Bezirksverwaltungen die Regelungen durchaus unterschiedlich aus. Für die Antragsteller hat das Auswirkungen sowohl hinsichtlich des Detaillierungsgrades der Antragsunterlagen als auch hinsichtlich der umzusetzenden Maßnahmen. Muss das sein?

Dass es auch anders – nämlich einheitlich – geht, hat die Berliner Verwaltung im Herbst letzten Jahres gezeigt. Da wurde zur Verfolgung illegaler Handwerksausübung eine zentrale Stelle dauerhaft eingerichtet, die diese Aufgabe für alle Berliner Bezirke zentral übernimmt. Bitte mehr davon.

Konsequente Digitalisierung

Von einer modernen, digitalen Verwaltung kann auch heute noch nicht die Rede sein. Ein Blick in den Verwaltungsführer des Landes Berlin – zu finden unter www.berlin.de – frustriert eher: Da findet man zwar eine Sammlung sämtlicher Berliner Antrags- und Verwaltungsverfahren, von der Abfallsammlung bis hin zur Festsetzung der Zweitwohnsteuer. Aber wie oft ersetzt der Mausklick die herkömmlichen Amtswege? Und ist das Ganze auf die Zielgruppen, etwa das Handwerk, zugeschnitten? Eher nicht.

Wenn dann jährlich mehr als 50 000 Menschen neu in unsere Stadt kommen, die Wirtschaft expandiert und nahezu überall gebaut werden soll, wird es eng. Die Politik hat dies inzwischen erkannt und ist mit dem Servicekonto für Bürger, welches im Sommer 2018 starten soll, auf einem guten Weg. Ab dann können Anträge und Genehmigungen vom Bürger online gestellt werden, Daten und Anträge gespeichert sowie Gebühren entrichtet werden.

Für Unternehmen, die aufgrund ihrer unternehmerischen Aktivitäten dagegen ein Vielfaches an Anträgen und Genehmigungen benötigen, fehlt bislang ein entsprechendes Angebot. Dabei wären hier die Skaleneffekte aufgrund der deutlich höheren Bedarfe entsprechend höher. Nach einer Studie des DIHK benötigt jedes Unternehmen pro Jahr 140 Anträge und Genehmigungen!

Wenn ich mir etwas für das neue Jahr wünschen dürfte, wäre das ein zentrales Portal für alle unternehmensrelevanten Antrags- und Genehmigungsverfahren. Sprachlich und organisatorisch zugeschnitten auf die Berliner Unternehmen. Eine konsequente Digitalisierung der Prozesse – natürlich nach vorheriger Prüfung ihrer Relevanz.

Dies würde nicht nur den bürokratischen Aufwand für die Berliner Unternehmen und die Verwaltung reduzieren, sondern wäre auch die beste Werbung für den Standort Berlin. Und der Handwerker könnte sich deutlich stärker auf das konzentrieren, was er ja am besten kann: sein Handwerk ausüben.

Was muss sich ändern in Berlin? Lesen Sie jetzt die gesamte Serie zur Verwaltungsreform als kostenfreies E-Magazin.

Stephan Schwarz

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