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Berlin: Berliner Warenhausarchitektur: Die Tücke des Objekts - "Das Haus liegt im Koma"

Eigentlich sollte es schon längst vermietet sein: das ehemalige Kaufhaus Jandorf an der Brunnen- / Ecke Veteranenstraße im Bezirk Mitte. Der Bau ist ein architektonisches Schmuckstück in auffallender Ecklage und eines der wenigen erhaltenen Beispiele der Berliner Warenhausarchitektur aus den ersten Jahren des 20.

Eigentlich sollte es schon längst vermietet sein: das ehemalige Kaufhaus Jandorf an der Brunnen- / Ecke Veteranenstraße im Bezirk Mitte. Der Bau ist ein architektonisches Schmuckstück in auffallender Ecklage und eines der wenigen erhaltenen Beispiele der Berliner Warenhausarchitektur aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts.

Die Chancen für eine erfolgreiche Projektentwicklung standen von Beginn an gut. Die Eigentumsverhältnisse waren geklärt, der Investor wollte offensichtlich nicht nur das schnelle Geld machen, die Abstimmung mit dem Denkmalschutz warf keine massiven Probleme auf, eine Baugenehmigung wurde erteilt, sogar die Jugendstilfassade mit orientalischen Elementen und das Dach konnten zügig restauriert werden.

Und dennoch sind es heute nur der Bauleiter und der Hausmeister, die das Gebäude regelmäßig betreten. "Das Haus liegt im Koma", sagt Projektsteuerer und Bauleiter Michael Trillmich. Und das schon seit zwei Jahren. Den entscheidenden Schlag versetzte dem Haus ein Stahlträger, den Bauarbeiter unvorsichtig gelöst hatten und der durch den Fahrstuhlschacht nach unten donnerte und die Wand zu einer dortigen Bank durchschlug, die damals noch Mieter im Erdgeschoss war. Ohnehin der letzte Mieter, blieb auch die Bank nach diesem Vorfall nicht mehr lange. Wenige Wochen nachdem das Geldhaus einen Baustopp durchgesetzt hatte, strichen die Banker die Segel und zogen aus. "Der Kundenbetrieb einer Bank verträgt sich nun mal nicht mit einer Grundsanierung", sagt der Bauleiter achselzuckend.

Der Frankfurter Hotelier Jakob Schultz hatte das ehemalige Kaufhaus Jandorf 1992 von der Treuhand voll vermietet gekauft. Zu den Mietern gehörte auch der Nachfolger des DDR-Modeinstituts, das zu Honneckers Zeiten dort residierte und zentral festlegte, was im Arbeiter- und Bauernstaat unter Chic und Eleganz verstanden werden sollte. Hier stellte das Modeinstitut regelmäßig dem versammelten Politbüro die neuen Kollektionen vor - ein Stück der wechselhaften Gebäudegeschichte.

Schultz nutzte den Baustopp und zog die Notbremse. Das Haus war nun ohne Mieter. Der Innenausbau war schleppend verlaufen. Mehrfach musste umgeplant werden, denn anfangs wollte Schultz zur früheren Nutzung des Hauses zurückkehren und ein Kaufhaus einrichten. Doch die zweifelhaften Aussichten des Einzelhandels ließen ihn umdenken. Auch der Umbau des Kellers zu einem Supermarkt erwies sich als nicht praktikabel. Schließlich entschied er sich für den Ausbau zum Bürohaus.

Trillmich, der zu dieser Zeit die Projektsteuerung übernahm, macht auch die Vergabepraxis im Bausektor für ständige Verzögerungen verantwortlich. "Bei Ausschreibungen erhält bekanntlich der günstigste Anbieter den Zuschlag." Das Resultat der Vergabe war, dass die verschiedenen Akteure über die ganze Republik verteilt waren. "Darunter litt natürlich die Abstimmung."

Während des Baustopps wurde auch der Ausbaustandard noch einmal überprüft. Denn 1992 war man von einem weitaus höheren Mietniveau ausgegangen. Die ursprünglich erwarteten Miethöhen von 50 bis 60 Mark pro Quadratmeter waren aber 1998 völlig illusionär geworden. Somit war auch die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus nicht mehr gegeben. Schultz musste sich in der Folge nicht nur mit der Bank vergleichen, sondern wollte sich auch von den Architekten, den Fachplanern und der Baufirma trennen und mit einer neuen Mannschaft von vorn beginnen. "Das kostete viel Zeit und Geld", sagt Trillmich.

Jetzt hat Schultz das Darmstädter Architekturbüro Planquadrat beauftragt, das Gebäude fertig zu stellen. Die Darmstädter Architekten planen, den Lichthof, der bis zum ersten Umbau des Kaufhauses im Jahr 1926 den Mittelpunkt des Gebäudes bildete, wieder herzustellen. Dazu müssen die eingezogenen Zwischendecken wieder abgerissen, Treppenhaus und Fahrstühle verlegt werden. Die Trennwände der um den Lichthof angeordneten Büros werden in Glas ausgeführt, was die Räume von beiden Seiten belichtet. Im Erdgeschoss sind Läden und Gastronomie für die Versorgung des Bürohauses vorgesehen. Die vier Obergeschosse mit Grundflächen von knapp 1100 Quadratmetern will Schultz an Unternehmen aus den Branchen Werbung, Computer und Internet vermieten. Büros stehen in Größen von 200 Quadratmetern bis zu ganzen Etagen zur Verfügung und kosten je nach Lage zwischen 30 und 35 Mark pro Quadratmeter. Das Dachgeschoss, in dem sich früher eine Turnhalle für die Mitarbeiter des Warenhauses befand, soll Büroloft werden.

Parkplätze sind in der verkehrsgünstig und zentral gelegenen Brunnenstraße allerdings Mangelware. Deshalb sind in dem Anbau hinter dem Haus Parkplätze für die Mieter geplant. Das Interesse potenzieller Mieter sei mittlerweile wieder deutlich angestiegen, sagt Schultz. Bislang habe er aber noch keine Flächen vermietet. Ausbauwünsche der Mieter hinsichtlich Raumgrößen und -aufteilung können deshalb noch berücksichtigt werden.

In Kürze soll die Auftragsvergabe an die Baufirmen erfolgen. Ende kommenden Jahres rechnet Schultz mit der Fertigstellung. Die Mehrkosten für die lange Verzögerung möchte er allerdings nicht beziffern.

Harald Olkus

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