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Kaffeespezialist Ralf Rüller eröffnete 2010 sein erstes Café.

© Kai-Uwe Heinrich

Frischer Wind im alten "Weinhaus Hut": Edelrösterei „The Barn“ eröffnet Filiale am Potsdamer Platz

Mit dem Weinhaus Huth hat Ralf Rüller jetzt die fünfte Filiale. Neben dem Café Kranzler konnte er so eine weitere geschichtsträchtige Adresse gewinnen.

Von Laura Hofmann

Das Weinhaus Huth am Potsdamer Platz, dem Berliner Times Square der Zwanziger Jahre, war jahrzehntelang ein Treffpunkt der Berliner Gesellschaft. An diese Tradition möchte Ralf Rüller anknüpfen: Dem Inhaber der bewusst hochpreisigen Kaffeerösterei „The Barn“ ist es gelungen, nach dem Café Kranzler in der City West eine weitere geschichtsträchtige Adresse als Standort für sein Café-Konzept zu gewinnen.

Erst im Oktober eröffnete The Barn eine Dependance in der Nähe des Maybachufers in Neukölln. Kurz vor Weihnachten, am Samstag, den 22. Dezember, feiert nun die fünfte Filiale Eröffnung: im Traditionshaus an der Alten Potsdamer Straße 5, benannt nach seinem ehemaligen Inhaber Willy Huth und bekannt als „das letzte Haus am Potsdamer Platz“.

Rüller, 48 Jahre, stets mit Käppi unterwegs, hat 2010 sein erstes Café in der Auguststraße in Mitte eröffnet. Heute hat er mehr als 60 Mitarbeiter. Und er ist erstmalig als deutscher Kaffeespezialist Preisträger des renommierten „Best Independent European Coffeeshop“-Awards. In die Schlagzeilen geriet er aber, weil er 2016 einer Mutter das Stillen ihres Babys in seinem Laden in Prenzlauer Berg untersagte. Und vor dem Café Poller installierte, damit Kinderwagen draußen bleiben.

Wie ein Sommeliers

Am Potsdamer Platz werden wohl vor allem die Angestellten aus den umliegenden Büros zu seinen Kunden zählen. Im Sortiment stehen deshalb auch leichte Lunch-Angebote. Außerdem: handgebrühte Filterkaffees, Single Origin Espressi und saisonale „Signature Drinks“ wie der Rote Bete Flat White oder der Roiboos Espresso Coffee. Als Highlight auf der neuen Karte kündigt Rüller Kaffeecocktails an, die aus einer Kollaboration mit dem Freimeisterkollektiv, einer Verbindung unabhängiger Kleinbrenner und führender Bartender, hervorgehen. Die Naturweine kommen von Viniculture aus Charlottenburg. Aus der eigenen Backstube werden hausgemachte Kuchen und Stullen geliefert.

„Die Auseinandersetzung mit Kaffee ist der Tätigkeit eines Sommeliers sehr ähnlich“, sagt Rüller. „Insofern tragen wir die Tradition des Gebäudes quasi weiter.“ Nach der Einweihung des Hauses am 2. Oktober 1912 befand sich im Erdgeschoss die Weinhandlung und im ersten Stockwerk ein Weinrestaurant und Veranstaltungslokal. Das Weinhaus Huth gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg zu den wenigen weitgehend erhaltenen Gebäuden in der Umgebung. Was an der Stahlskelett-Konstruktion, eine der frühesten in Berlin, lag. Die Architekten hatten sich dafür aufgrund der Belastung durch das Flaschenlager entschieden.

Ort der Entschleunigung

Nach dem Mauerbau 1961, als der Potsdamer Platz durch die Berliner Mauer geteilt wurde, geriet die Umgebung des Hauses ins Abseits der städtischen Entwicklung. Bis Mitte der 70er Jahre wurden nahezu alle übrig gebliebenen Gebäude abgerissen. 1967 bis 1989, nach Willy Huths Tod, wurde das Haus an den damaligen Bezirk Tiergarten verkauft und mehrere Sozialwohnungen eingerichtet. Nach dem Mauerfall, im Jahr 1990, erwarb die Daimler-Benz-AG das Haus und bezog es in die Entwicklung ihres Gebäudeensembles an diesem Ort mit ein. Es folgten Residenzen des Berliner Traditionsrestaurants Lutter & Wegner, ebenfalls mit Weinhandlung, sowie des Restaurants Josef Diekmann und des Café Möhring.

Die Kraft des Gebäudes soll das Interior-Konzept des neuen Cafés widerspiegeln. Der massive Tresen ist aus geflammtem italienischen Granit gefertigt. Die Wände sind roh verputzt, und der unbehandelte Boden soll den Gästen eine Referenz zur Purheit des Produkts Kaffee geben. Eine freischwebende, zwölf Zentimeter dicke Sitzbank aus Eiche zieht sich entlang der geschwungenen Wand. Bei den bequemen Sitzmöbeln setzt Rüller auf Designklassiker von Charles Eames. Er will, dass The Barn ein Ort der Begegnung und der Entschleunigung ist. „Wir wollen Barrieren senken, denn Geschmack geht schließlich durch alle Altersklassen und Schichten“, sagt er.

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