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Arbeitsmarkt: Rosarote Brillen in Berlin

So gut wie derzeit war die Stimmung im Mittelstand selten zuvor. Jede dritte Firma im Raum Berlin will neue Jobs schaffen

Die Stimmung im Berliner Mittelstand ist so positiv wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Bei einer Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform bewerteten gut 60 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut oder sehr gut. Dieser Anteil hat sich seit dem vergangenen Jahr fast verdoppelt: Im Herbst 2006 waren es nur 36,8 Prozent. Auch in Brandenburg herrscht eitel Sonnenschein. Hier melden sogar 68,6 Prozent der Firmen gute Geschäfte.

„Die Stimmung ist phänomenal“, sagte der geschäftsführende Gesellschafter der Creditreform, Christian Wolfram, dem Tagesspiegel. „Berlin scheint sich zu erholen und gegenüber dem Bund endlich aufzuholen.“ Tatsächlich sind die Hauptstadtunternehmen im nationalen Vergleich überdurchschnittlich zuversichtlich. Bundesweit bewerteten nur 51,8 Prozent ihre Lage als mindestens gut. Auch in den übrigen Kategorien liegt Berlin besser als Rest der Republik. Ein knappes Drittel der Unternehmen erwartet hier bessere Umsätze. Ebenso viele Firmen gaben an, im kommenden Jahr Personal aufstocken zu wollen (siehe Grafik). Zum Vergleich: Bundesweit wollen nur 21,4 Prozent der Befragten mehr Leute einstellen.

Auch bei der Investitionsneigung liegt die Hauptstadt mit 59 Prozent weit über dem Durchschnitt und auch deutlich über dem Vorjahreswert. „Die Investitionsbereitschaft ist eindeutig gestiegen“, sagte Wolfram. „Anders als in der Vergangenheit sind das nicht mehr nur Ersatz-, sondern auch Erweiterungsinvestitionen.“ Er verwies auch darauf, dass gut die Hälfte der befragten Berlin Unternehmen angab, bereits in den vergangenen sechs Monaten ihren Personalbestand aufgestockt zu haben. Im Vorjahr konnte dies nur jede fünfte Firma behaupten.

Creditreform hatte Mitte September rund 4000 mittelständische Unternehmen befragt, etwa 100 davon in Berlin. Auch deutschlandweit hat sich die Stimmung gegenüber dem Vorjahr demnach erheblich verbessert.

Noch spiegelt sich die Zuversicht der Berliner Unternehmen nicht so recht in den harten Wirtschaftsdaten wider. Während die deutsche Wirtschaft insgesamt im ersten Halbjahr um 2,9 Prozent gewachsen ist, hinkt Berlin mit einem Prozent Wachstum noch deutlich hinterher. Auch unter den befragten Mittelständlern gab für die vergangenen Monate lediglich ein Drittel höhere Umsätze an, ein Viertel berichtete von Rückgängen.

Für die zweite Jahreshälfte und auch für das kommende Jahr sehen die Wachstumsprognosen zwar etwas besser aus. Wie stark die regionale Wirtschaft aber tatsächlich aufholen kann, hängt auch vom internationalen Umfeld ab. „Die Berliner Wirtschaft ist globalisierter denn je“, sagte Creditreform-Chef Wolfram. Deshalb könne sie auch Probleme wie den hohen Ölpreis, den schwachen Dollar oder die US-Hypothekenkrise zu spüren bekommen. „Die Gefahr, dass die Stimmung kippt, ist vorhanden“, sagte Wolfram. Bisher sehe es aber nicht danach aus.

Stefan Kaiser

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