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Berliner Wirtschaft: Gute Chancen für Friedrich Schulze

Bei der insolventen Berliner Spedition Friedrich Schulze müssen nach Ansicht des Insolvenzverwalters Sebastian Laboga vermutlich nur wenige der gut 1800 Arbeitsplätze gestrichen werden, um das Unternehmen zu retten.

Berlin - „Ich sehe gute Chancen, dass ein sehr großer Teil der Stellen erhalten bleibt“, sagte Laboga am Freitag dieser Zeitung. Er schränkte aber ein, es sei „vermessen“, zum jetzigen Zeitpunkt zu sagen, dass alle Jobs erhalten würden. Zugleich schloss er nicht aus, dass die Firma an externe Interessenten verkauft wird.

Die traditionsreiche Spedition Friedrich Schulze mit Sitz in Ludwigsfelde, 1914 in Berlin gegründet, hatte vergangene Woche Insolvenz beim Amtsgericht Potsdam angemeldet. Die Familienfirma mit ihren elf deutschen Standorten steckte schon länger in der Krise. In den vergangenen Jahren seien stets im ersten Halbjahr Verluste aufgelaufen, die dann mit Gewinnen im zweiten Halbjahr wieder ausgeglichen worden seien, sagte Laboga. „Das muss in Zukunft anders werden“, verlangte er. Zum aktuellen Liquiditätsengpass hätten die Lkw-Maut und der stark gestiegene Dieselpreis geführt. Der zweite Insolvenzverwalter neben Laboga ist Bruno M. Kübler.

Schulze transportiert nicht nur, sondern übernimmt vor allem für die Lebensmittelindustrie ganze Lieferketten. „Friedrich Schulze holt die Tafel Schokolade beim Hersteller am Band ab und befördert sie, sauber verpackt und nach Sorten getrennt, bis in das Regal des Supermarktes", erläuterte Laboga. Am Standort Ludwigsfelde beschäftigt das Unternehmen gut 1450 Menschen und verfügt zudem über große Lagerkapazitäten.

Der Betrieb sei gesichert. „Bis heute halten alle Kunden zum Unternehmen“, berichtete Laboga. Dies gelte auch für Subunternehmer und Spediteure. Er könne aber nicht ausschließen, dass es hier zu Folgeinsolvenzen komme. Den Mitarbeitern habe er signalisiert, „dass es weitergeht und alle pünktlich ihr Geld bekommen“. Hilfreich sei, dass in der Süßwarenindustrie gerade die Saison begonnen habe. Für Friedrich Schulze beginne „eine umsatzstarke Phase, das verschafft uns Zeit, die richtigen Entscheidungen zu treffen“.

Derzeit gehe es darum, die Lage des Unternehmens zu analysieren „und es wieder auf sichere Füße zu stellen“. Noch sei man dabei, die Verlustträger zu identifizieren. Es gebe „ein, zwei kleinere Standorte, bei denen wir fragen, wie wichtig sie für das Unternehmen sind“, sagte er, ohne Details zu nennen. Er bezweifle aber, dass es sinnvoll sei, sich von ganzen Bereichen zu trennen. „Das Logistikgeschäft ist ja sehr komplex“, sagte Laboga. Das Insolvenzverfahren biete aber die Möglichkeit, „festgefahrene Dinge in Bewegung zu bringen“.

Deutliche Kritik übte der Insolvenzverwalter am bisherigen Geschäftsführer Karl Schulze. Der habe bisweilen „nicht schnell genug auf Veränderungen reagiert“. Angesichts des anstehenden Generationswechsels – Schulze ist 67 Jahre alt – habe es ein „Entscheidungsvakuum“ gegeben, teilweise habe „die nötige Entschlossenheit“ gefehlt. „Diese Zurückhaltung war sehr problematisch.“ Bei internen Abläufen, beim Personalmanagement oder der EDV sei „ein gewisser Optimierungsbedarf sofort erkennbar“, sagte Laboga. Ob in Zukunft Friedrich Schulze, Urenkel des Firmengründers, oder sein Bruder Alexander eine wichtigere Rolle spielen werden, ist noch unklar. Sie sind wie ihr Onkel Karl Schulze Gesellschafter des Mittelständlers. Nach dem Tod ihres Vaters Friedrich Schulze II. im Jahr 2001 hatte Karl aber die Geschäftsführung übernommen.

Laboga kündigte an, den Betrieb längerfristig fortführen zu wollen. Man werde zu Ende Oktober die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen. Ab diesem Zeitpunkt kann der Insolvenzverwalter allein über die Zukunft des Unternehmens entscheiden. „Es haben schon Interessenten angeklopft“, berichtete Laboga. Man führe allerdings noch keine Gespräche mit ihnen. „Wenn es aber eine kurzfristige Lösung gibt, werden wir diese Chance wahrnehmen.“ Man sei „für alle Lösungen offen“. Carsten Brönstrup

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