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Berufsstart: Neue Chancen für Neuköllner Hauptschüler

EIn Projekt soll Jugendlichen den Weg in den Beruf erleichtern – mit speziellen Kursen und Betriebspraktika.

Viele Haupt- und Gesamtschüler sind für den Berufseinstieg schlecht gerüstet. Mangelnde Disziplin und Leistungsbereitschaft, Lese- und Rechtschreibkenntnisse auf Grundschulniveau und eine falsche Selbsteinschätzung erschweren es ihnen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Das Projekt "HiB - Hauptschüler in den Beruf" - eine Initiative der Agentur für Arbeit, regionaler Unternehmen, der IHK und der Handwerkskammer - soll ausgewählten Problemschülern aus Neukölln während der Schulzeit die Kernkompetenzen vermitteln. Wer von den 30 Teilnehmern durchhält, dem wird nach eineinhalb Jahren eine von 46 Lehrstellen garantiert. Behalten darf die aber nur, wer sich in der Probezeit bewährt.

"Das Niveau der Schüler wird immer schlechter, gleichzeitig werden die Anforderungen der Ausbildungsplätze immer anspruchsvoller", sagt der IHK-Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung, Christoph von Knobelsdorff. Im vorigen Herbst gab es erstmals seit sieben Jahren mehr Ausbildungsplätze als Bewerber. Zum Jahresende seien rund 100 Lehrstellen unbesetzt gewesen.

Ab Februar sollen die Teilnehmer auf ihren Berufseinstieg vorbereitet werden. "Wir wollen nicht die Schüler haben, die es ohnehin schaffen, aber auch nicht die, deren Chancen zu schlecht stehen. Wir suchen Schüler, die eine positive Bereitschaft zeigen. Das erfordert Fingerspitzengefühl", sagt der Neuköllner Bundestagsabgeordnete Ditmar Staffelt. Die Auswahl der Schüler erfolge an den Schulen, in der Regel durch den Klassenlehrer in Absprache mit den Eltern. Auf freiwilliger Basis sollen die Schüler ab dem zweiten Halbjahr der neunten Klasse jeweils freitags und sonnabends in Spezialkursen gefördert werden. "Schon allein wenn ein Schüler jeden Sonnabend aufsteht, beweist er damit einen großen Einsatz in Bezug auf seine Ausbildungsreife", sagt Knobelsdorff.

Die Schüler interessieren sich für das Projekt

Im ersten halben Jahr, der Eignungsphase, soll festgestellt werden, welcher Beruf zu jedem Schüler passt. "Oft gibt es eine komplette Unkenntnis darüber, was für Berufe es überhaupt gibt. Die Jugendlichen wollen Anwälte oder Ärzte werden, weil sie das im Fernsehen gesehen haben, wissen aber gar nicht, welche Voraussetzungen sie mitbringen müssen", sagt Knobelsdorff. In der zweiten Phase gehen die Schüler in den Sommerferien in die Praktika. Ein anschließender Stütz unterricht soll das Gelernte festigen, bevor ab Februar 2010 die Bewerbungsphase beginnt.

In den sieben teilnehmenden Schulen herrscht reges Interesse an dem 200.000 Euro teuren Projekt, das je zur Hälfe von der Agentur für Arbeit und den 18 ausbildenden Unternehmen finanziert wird - darunter Dussmann, Gegenbauer, die Medizintechnikfirma Biotronik und die Wohnungsbaugesellschaft Degewo.

Schon jetzt gibt es mehr Bewerber als Plätze. "Solche Angebote sind selten. Hauptschüler, die keine Drei in Deutsch haben, bekommen so ein Praktikum normalerweise gar nicht und geben dann oft auf", sagt Gertrud Tobies, Lehrerin der Hermann-von-Helmholtz-Oberschule. Staffelt nennt es eine Gewinnsituation für alle. "Wir wollen den Schülern vermitteln, dass es sich lohnt, sich anzustrengen. Aber wir sehen auch das Risiko, dass vielleicht nicht alle dran bleiben. Das müssen wir eingehen."

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