zum Hauptinhalt

Harte Konkurrenz: Bestatter in Nöten

Marktführer Ahorn muss seine Börsenpläne stoppen, denn das Geschäft ist schwierig. Immer mehr Deutsche setzen auf Billiganbieter.

Rolf-Peter Lange ist entsetzt: „Viele Angehörige sehen einen Verstorbenen nicht mehr als Menschen, den man würdevoll bestatten möchte“, sagt der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Bestattungsunternehmen. Stattdessen versuchten immer mehr Bundesbürger, tote Verwandte wie einen „nicht mehr funktionsfähigen Eisschrank schnell und billig zu entsorgen“. Discount-Bestattungen haben Konjunktur, berichtet der Verbandschef. Rund zehn Prozent aller Beerdigungen würden heutzutage von Billiganbietern erledigt. Das spart Geld: Statt 2500 Euro für eine klassische Feuerbestattung werben die Discounter mit Preisen um die 600 Euro.

„Geiz ist geil“ gilt auch für die Bestatter, sagt Lange. Das bekommt nun auch der Marktführer, die Berliner Ahorn AG, zu spüren. Die großen Pläne für einen Börsengang wurden gestoppt. Stattdessen versucht das Bestattungsunternehmen jetzt, mit einem neuen Vorstandschef und einer Rückbesinnung auf die regionalen Wurzeln Kunden zu gewinnen.

Mitte des Monats hat Olaf Dilge, bislang im Vorstand für die Bereiche Informationstechnologie, Betriebsorganisation und zentrale Dienste zuständig, Oliver Schulz als Vorstandschef abgelöst. Gerade einmal zwei Jahre hatte Schulz das Unternehmen geleitet. Eigentlich sollte der Betriebswirt Ahorn für die Börse vorbereiten. Doch davon ist jetzt erst einmal keine Rede mehr. „Ein Börsengang ist derzeit kein Thema“, sagt Unternehmenssprecher Gerald Herde. Angesichts der Unruhe an den Finanzmärkten will die Tochter der Berliner Ideal-Lebensversicherung den Gang an die Börse jetzt doch nicht wagen. Ursprünglich hatte die Ideal den Börsengang bereits für Ende des vergangenen Jahres ins Auge gefasst. Zwischen 80 und 120 Millionen Euro hätte der Gang auf das Parkett bringen sollen.

Auch weitere Projekte sind jetzt erst einmal verschoben. Mit dem Geld aus dem Börsengang hatte die Ideal eigene Pflegeheime bauen wollen, doch auch dieses Vorhaben ist nun erst einmal zu den Akten gelegt. Unternehmenssprecher Herde schiebt das auf die Pflegereform, die die Unternehmenspläne durchkreuzt habe.

Realisiert hat Schulz jedoch ein anderes Projekt. Mit einigen Kliniken in Berlin hat Ahorn Kooperationsverträge geschlossen. Diese regeln, dass verstorbene Patienten von Ahorn abgeholt werden, wenn die Krankenhäuser keine Kapazitäten haben, die Leichen zu lagern. In der Branche haben diese Verträge für Verärgerung gesorgt. Der Verband und die Innung prüfen derzeit rechtliche Schritte.

Um im zunehmend schwieriger werdenden Gewerbe Erfolg zu haben, sollen die Ahorn-Tochtergesellschaften jetzt mehr eigenes Profil bekommen. „Wir sind zu wenig auf regionale Besonderheiten eingegangen“, sagt Gerald Herde. Vor Ort sollen die Tochterfirmen – etwa Grieneisen in Berlin und Denk in Bayern – wieder unter ihrem Namen auftreten. Außerdem sollen sie regional differenzierte Angebote machen dürfen. Allerdings kann man auch bei Ahorn Billigbestattungen buchen – über die Schwester „Volksbestattung.de“ gibt es „einfache Bestattungen schon ab 599 Euro“.

Zur Startseite