zum Hauptinhalt

Heik Afheldt trifft…: Studio-Chef Carl Woebcken

Neugierig betrete ich Haus 62, ein Säuleneingang aus den 30er Jahren, im Kopf Bilder von Marlene Dietrich, Hans Albers, Goebbels, Tom Cruise und den imposanten Universal Studios in Hollywood. Aber hier ist alles anders, nüchterner und irgendwie real und virtuell zugleich.

Neugierig betrete ich Haus 62, ein Säuleneingang aus den 30er Jahren, im Kopf Bilder von Marlene Dietrich, Hans Albers, Goebbels, Tom Cruise und den imposanten Universal Studios in Hollywood. Aber hier ist alles anders, nüchterner und irgendwie real und virtuell zugleich. Ein „Kreativzentrum“ in hohen Hallen mit modernen Handwerksbetrieben und hunderttausenden von zum Teil leicht angestaubten Requisiten.

Alles andere als verstaubt wirkt der jugendliche Mann mir gegenüber, der das geschichtsträchtige Film-Studio Babelsberg, mit seinem Partner 2004 von der französischen Vivendi übernommen, neu strukturiert und an die Börse gebracht hat. Groß, sportlich gebräunt, mit lindfarbenem T-Shirt und weißen Slacks, erfrischend direkt und offen. Carl Woebcken heißt der in Bonn geborene Sohn eines Professors für Naturwissenschaften und promovierte Maschinenbauingenieur.

Schon früh hatte er richtig gut Posaune gespielt – so auch später beim Bund im Stabsmusikkorps und im Hochschulorchester. Aber sein Vater riet zu etwas „Richtigem“. Die beruflichen Schritte sind schnell erzählt: Eine Firma für Lackiergeräte, dann bei einem Pumpenentwickler in der Schweiz, danach als Berater bei der Boston Consulting Group in München. Sanieren wurde mit dem Erwerb eines Triebwerksherstellers in Pirna bitterer Ernst – und endete in der Insolvenz. Es folgten vier Jahre bei Roland Berger als Sanierungsberater. Dann Partner einer Venture-Capital-Gesellschaft und erste Kontakte zur Medienwelt. Beim Trickfilmproduzenten TV-Loonland, der an der Börse Furore machte, stieg er mit ein und bei der Berlin Animation Film GmbH. Für die Dresdner Bank sanierte er Filmfonds. Und so hatte er Erfahrung genug, zusammen mit Christoph Fisser, der als Konversionsmanager erfolgreich diverse Kasernen umgewidmet hatte, Mehrheitsgesellschafter in Babelsberg zu werden.

Seitdem geht es kräftig bergauf. Zwölf große Kinofilme wurden 2007 produziert, darunter Valkyrie und die Hexe Lilli. Einen Umsatz von fast 90 Millionen Euro – doppelt so viel wie 2005 – vermelden sie für 2007 und ein Ergebnis von sechs Millionen Euro. 85 feste Mitarbeiter und 15 Azubis arbeiten hier. In Spitzenzeiten können es 1500 sein. Der deutsche Hollywood-Konkurrent hat entscheidende Vorteile im heißen internationalen Wettbewerb: Günstige Mieten für die Hallen, die Dienstleistungen und die Unterbringung der Crews, ein attraktives deutsches Filmförderungsprogramm, eine große Motivvielfalt für Außenaufnahmen und einen vorzüglichen Ruf für Pünktlichkeit und Qualität. International sind sie heute „voll auf dem Radar“ in der Branche. Auf ihrem eigenen Radar findet sich übrigens der Flughafen Tempelhof mit den riesigen Hangars. Ideal für sie. Jeder zweite aufgelassene Airport, lerne ich, sei zum Medienstandort konvertiert worden.

Nicht nur geschäftlich steht der Mann fest auf zwei Beinen. Seine Frau und die beiden Kinder leben in München. Er versucht, immer schon freitags bei ihnen zu Hause zu sein – so mag er es.

Heik Afheldt war Herausgeber des

Tagesspiegels

Carl Woebcken (51) stammt aus Bonn und ist seit rund vier Jahren Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG in Potsdam-Babelsberg.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false