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Reichelt

© David Heerde

Lebensmittel: Jobwunder im Supermarkt

Ganz Deutschland in der Krise. Ganz Deutschland? Noch immer finden sich Unternehmen, die sich dem Abschwung widersetzen können: Der Lebensmittelhändler Edeka will in Berlin und Brandenburg Hunderte neue Arbeitsplätze schaffen.

Berlin - Bei Deutschlands größtem Lebensmittelhändler Edeka ist von Krise keine Spur. Das Unternehmen, zu dem auch Reichelt gehört, plant in diesem Jahr Hunderte neuer Jobs in der Region zu schaffen. 600 bis 700 Menschen sollen in Berlin und Brandenburg einen neuen Arbeitsplatz finden, eingeschlossen sind allerdings Teilzeit- und Aushilfskräfte. Das kündigte Dirk Schlüter, Sprecher der Geschäftsführung der größten Edeka-Regionalgesellschaft Edeka Minden-Hannover, im Gespräch mit dem Tagesspiegel an. Geplant sei, in diesem Jahr 15 neue Märkte in der Region zu eröffnen, darunter zwei Reichelt-Filialen.

Edeka Minden-Hannover ist als eine von sieben Regionalgesellschaften für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg, Bremen und den nördlichen Teil Nordrhein-Westfalens zuständig. Ungeachtet von Wirtschaftskrise und hoher Inflation hat sie ein gutes Jahr hinter sich. Der Umsatz stieg auf vergleichbarer Fläche um 4,4 Prozent und liegt damit über dem Branchendurchschnitt. 6,3 Milliarden Euro setzte die Gesellschaft insgesamt um, darin eingeschlossen allerdings der Zuwachs durch Übernahme der Marktkauf-Häuser. Davon entfielen 1,1 Milliarden Euro auf Berlin und Brandenburg, 463 Millionen Euro allein auf die 55 Reichelt-Märkte, die Edeka vor sechs Jahren übernommen hatte.

Das Unternehmen profitiert davon, dass Lebensmittel im Gegensatz zu Autos oder Fernsehern kaum konjunkturanfällig sind. „Gegessen wird immer“, sagt der Volksmund – da scheint was dran zu sein. Der Lebensmitteleinzelhandel sei immer erst „ganz am Ende“ von konjunkturellen Krisen betroffen, bestätigt Schlüter, der auch für das laufende Jahr zuversichtlich ist. Ob die Wirtschaftskrise überhaupt Spuren im Lebensmittelhandel hinterlasse, hänge vom weiteren Verlauf ab. „Wenn es im dritten Quartal tatsächlich schon wieder bergauf geht, wie einige Experten prophezeien, dann erwarten wir gar keine Einbußen.“

Allerdings, meint er, müsse der Handel seinen Kunden noch stärker entgegenkommen. Der Verbraucher entscheide je nach Stimmungslage, wie er sein Geld ausgebe. „Es ist jetzt unsere Aufgabe zu verhindern, was Experten vorhersagen: Dass, wenn das Geld nicht mehr so locker sitzt, die Kunden zunehmend bei Discountern einkaufen“, sagte Schlüter.

Marktforschern zufolge profitieren Billigheimer wie Aldi und Lidl am stärksten von der Wirtschaftskrise. Sie stecken bereits rund 43 Prozent der Handelsumsätze in Deutschland ein, Tendenz steigend. Erst am vergangenen Montag hatten Aldi und Penny zum zweiten Mal innerhalb einer Woche die Preise für zahlreiche Produkte nach unten gesetzt, teilweise um bis zu 18 Prozent. Da Aldi als Preisführer gilt, blieb der Branche nichts anderes übrig als nachzuziehen: Auch Edeka und Rewe senkten zweimal die Preise – unter anderem für Pflanzenöl, Brot, Käse, Wurst und Joghurt.

Nun ist allerdings auch Edeka über seine Töchter Netto und Plus ein Discounter und verkauft zudem auch in seinen Edeka- und Reichelt-Märkten Handels- oder Eigenmarken. Schlüter erwartet im Billigsegment auch künftig starkes Wachstum, aber auch eine stärkere Segmentierung. Schon 2008 sei der Umsatz mit der hauseigenen Handelsmarke gut &günstig, die rund 700 Artikel umfasst, zweistellig gewachsen. „Der Trend zu Handelsmarken wird steigen.“ Gleichzeitig wachse aber auch der Umsatz mit teuren Premiummarken. „Früher gab es drei Preisklassen: billig, mittel, edel. Heute schrumpft die Mitte zunehmend zusammen, stattdessen wachsen das günstige und das gehobene Segment.“ Es werde aber immer Menschen geben, für die zur Lebensqualität auch gutes Essen und Trinken gehöre und die bereit seien, dafür entsprechend mehr zu bezahlen.

Nach den heftigen Preisrunden zu Jahresbeginn macht der führende deutsche Lebensmittelhändler Verbrauchern wenig Hoffnung auf weitere Verbilligungen. „Jetzt kehrt ein bisschen Ruhe ein“, sagte Regionalmanager Schlüter, dessen Eltern schon einen Edeka-Laden hatten. „Ich erwarte, dass die Preise erst einmal stabil bleiben.“

Maren Peters

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