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Region: Gestörte Beziehung

Berlin und Brandenburg tun sich schwer mit der Wirtschaftsförderung. Und der gemeinsame Internetauftritt sorgt für Streit.

Berlin - Ein böses Wort über den Nachbarn würde Detlef Stronk nie rausrutschen; nicht mal ein kritisches. Gut-Wetter-Machen gehört nun mal zum Geschäft der Wirtschaftsförderer. Seit 2001 leitet der Berliner Stronk die Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB). Und als oberster Werber und Akquisiteur des Landes Brandenburg ist er angewiesen auf ein einigermaßen funktionierendes Verhältnis zu Berlin. „Wir machen das Beste daraus und haben mit den Berliner Partnern eine vernünftig Zusammenarbeit“, sagt Stronk. Ein glückliche Beziehung hört sich anders an.

Tatsächlich hat sich das Verhältnis zwischen den Wirtschaftsförderern deutlich abgekühlt, seitdem Klaus Wowereit vor knapp zwei Jahren eine Fusion der beiden Fördergesellschaften von der politischen Agenda genommen hatte. Das Lieblingsprojekt der Wirtschaftspolitiker hier wie dort, nämlich mit einer gemeinsamen Fördergesellschaft ein Bekenntnis für die einheitliche Wirtschaftsregion und perspektivisch auch für die Länderfusion abzugeben, war damit tot.

Zwar vermarkten Berliner und Brandenburger gemeinsam den Flughafen und kooperieren Teams bei der Betreuung von Investoren. Doch das Trennende wächst. Auf der Internetseite Berlin Location Center gibt es Informationen aus beiden Ländern über besondere Branchen, sozusagen regionale Spezialitäten und allerhand Service-Informationen. Die Seite ist das Schaufenster der Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg. Über diese Seite gibt es Streit, es geht um Geld und Einfluss. Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) hat sich bei seinem Potsdamer Kollegen Ulrich Junghanns (CDU) beschwert, die Potsdamer erwägen nun den Rückzug und planen einen eigenen Internetauftritt. Jeder macht seins. Stronk hofft noch. „Wir wollen einen gemeinsamen Internetauftritt“, sagte er dem Tagesspiegel. „Die Entscheidung, wie diese Plattform aussehen wird, ist noch nicht gefallen.“

Das Theater um Wowereits Modecoup für den früheren Flughafen Tempelhof, bei dem sich das Filmstudio Babelsberg als Interessent mindestens schlecht behandelt fühlte, hat auch Auswirkungen auf Stronk. „Der Investor ist verärgert. Deshalb müssen wir ihm jetzt helfen, Kapazitäten in Potsdam oder Berlin zu finden.“ Als Berufsoptimist ist der ZAB-Chef guter Dinge. In diesem Fall und überhaupt. Auch wegen der Krise, die das Geld billiger mache. „Die Finanzierungsbedingungen sind jetzt so gut wie noch nie. Der Zeitpunkt zum Investieren ist also ideal.“ Stronk zufolge „entdecken die Banken den Mittelstand wieder, und die Bereitschaft zur Kreditvergabe wird langsam wieder besser“.

Allerdings sind Fördermittel und günstige Kredite nicht der entscheidende Punkt im Ansiedlungsgeschäft. Wichtiger sind Fachkräfte und Grundstücke. Zum Beispiel in Schönefeld. 900 Hektar rund um den Flughafen BBI sind ansiedlungsreif. „Wir haben Fläche in Hülle und Fülle“, sagt Stronk und gibt sich ambitioniert. „Wir haben den Ehrgeiz, Exzellenz in das Umfeld des Flughafens zu holen, also Headquarters und F+E-Abteilungen. Das ist der Kern unserer innovativen Ansiedlungsstrategie.“ Das Interesse ist offenbar enorm, in diesem Jahr „legen wir erheblich zu“, kündigt Stronk an und hofft auf eine positive Dynamik. „Wenn die erste große Ansiedlung kommt, wird allen klar werden: Jetzt geht es richtig los, wir schaffen die Inbetriebnahme zum Winterflugplan 2011.“ Stronk selbst ist dann in Rente. Anfang kommenden Jahres macht er den Platz frei für Steffen Kammradt, derzeit ZAB-Geschäftsführer. Stronk will künftig Bücher schreiben und sich für die Fusion von Berlin und Brandenburg einsetzen – und damit auch der Fördergesellschaften. Alfons Frese

Alfons FreseD

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