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Veranstaltungsorte: In Tempelhof geht die Party weiter

Firmen-Events werden häufig in ungewöhnlichen Bauten veranstaltet. Die Stadt hat viele davon - und die sind gut gebucht. Das Event-Center im ehemaligen Flughafen Tempelhof muss nun doch nicht der Modemesse Bread & Butter weichen und bekommt einen neuen Vertrag.

Totgesagte feiern länger: Mehrere Berliner Veranstaltungsorte, die man für Empfänge, Galas, Firmenfeste und Produktpräsentationen mieten kann, sind derzeit gut gebucht – trotz Wirtschaftskrise, Insolvenzverfahren oder Problemen mit dem Standort. Erleichterung herrscht zum Beispiel im „Hangar 2“ im Flughafen Tempelhof, der zu den größten der sogenannten Event-Locations gehört. Im Februar hatte die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) dem Betreiber Andreas Grunszky nach zehn Jahren gekündigt, weil die Modemesse Bread & Butter große Teile des einstigen Flughafens beansprucht. Doch nach Tagesspiegel-Informationen hat man sich arrangiert: „Ein neuer Vertrag soll noch im Oktober abgeschlossen werden“, sagt BIM-Sprecherin Katja Potzies.

Nur während der Modemesse darf die 4200-Quadratmeter-Halle nicht anderweitig genutzt werden. Der Vertrag soll zunächst für ein weiteres Jahr gelten. „Wir wollen aber über 2010 hinaus bleiben und haben bereits Anfragen für 2011“, teilte Grunszkys Firma mit. Es habe „keine nennenswerten Rückgänge“ bei den Vermietungen gegeben, von der Krise sei wenig zu spüren. Zuletzt fanden eine Preisverleihung des Art Directors Club sowie eine Party für „die besten Vertriebs- und Servicemitarbeiter eines großen Telekommunikationskonzerns“ statt. Dieses Unternehmen bestand darauf, dass sein Name nicht genannt wird – wie auch viele andere Firmen. Öffentlich ist dagegen die für November geplante Baden-Württemberger Weinmesse.

Eine kuriose Erfolgsgeschichte schreibt das skandalumwitterte Tempodrom am Anhalter Bahnhof. Das 33 Millionen Euro teure Betonzelt, dessen Finanzierung den ehemaligen SPD-Bausenator Peter Strieder den Job kostete, macht heute wieder Gewinne. Dabei steht es noch immer unter Zwangsverwaltung bei der renommierten Kanzlei Feser und Spliedt. Die Geschäfte unter dem zackigen Dach führt aber seit 2005 die Münchener Beratungsgesellschaft Treugast im Auftrag der Zwangsverwalter. Ihr gelang es, die Umsätze durch Veranstaltungen wie die Jubiläumsfeier der Zeitschrift „Elle“ zur Fashion-Week, einen Premierenempfang von „Holiday on Ice“, Stefan Raabs „Bundesvision Song Contest“ oder politische Veranstaltungen zu steigern.

„Wir werden trotz Finanzkrise das erfolgreichste Ergebnis aus dem Geschäftsjahr 2008 übertreffen“, sagt Geschäftleitungsmitglied Thomas Gross. Dabei sei der Anfang für die Berater schwierig gewesen. Das Haus habe wegen der Politaffäre und dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss dazu in schlechtem Ruf gestanden. Heute sei das Tempodrom eine interessante Location, auch für Konzerte: Velvet-Underground-Legende Lou Reed und Schockrocker Marilyn Manson spielten hier ebenso wie Peter Maffay oder Amy Winehouse. Wer ein Konzert veranstaltet, bezahlt mindestens 6000 Euro plus Nebenkosten, bringt dafür aber 3500 zahlende Gäste unter. Die „kleine Arena“ fasst 400 Personen und wird ab 600 Euro Miete für Galas oder Präsentationen gebucht. Auch Parteien nutzen das Tempodrom: Zuletzt gastierten dort die SPD und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier zum Parteitag.

In Steglitz führt der „Bierpinsel“ nur scheinbar ein Schattendasein. Öffentlich soll der Turm über der Schloßstraße erst Ostern 2010 wieder zugänglich sein, doch er wird bereits während der laufenden Sanierung vermietet. Vor drei Jahren hatte Geschäftsführerin Larissa Laternser das Steglitzer Wahrzeichen zusammen mit ihrer Mutter übernommen. Auch die Raststätte am einstigen Grenzübergang Dreilinden, die der Liegenschaftsfonds gerade an den Unternehmer Thomas Drechsel verkauft hat, wird wohl nicht nur eine Disco. Nach Auskunft des Liegenschaftsfonds will der Erwerber das rote Baudenkmal auch für Events vermieten.

Ihre Preise behandeln die meisten Betreiber als Geschäftsgeheimnis, nur auf Anfrage erfahren Interessenten mehr. Volkmar Thieme vom alten Wasserwerk am Hohenzollerndamm in Wilmersdorf verweist darauf, dass der Aufwand oft völlig unterschiedlich sei. Beliebt seien Akrobatikshows am Kran, der zu den alten Geräten im Pumpenhaus zählt. Unter den Mietern sind Pharmakonzerne, Autohersteller und Telekommunikationsfirmen. Sorgen die Nutzer nicht selbst für ein Programm, „haben wir eine Künstleragentur an der Hand“. Für November plant Opel eine Abendveranstaltung für Autoverkäufer, denen andernorts in Berlin ein neues Modell vorgestellt wird.

Das originale 60er-Jahre-Interieur ist die Besonderheit der „Panam Lounge“ im Eden-Hochhaus am Breitscheidplatz. Seit 2005 betreibt die Schauspielerin Natascha Bonnermann die Dachetage mit Terrasse. Früher wohnten darunter Piloten und Stewardessen der Fluggesellschaft Panam. Die Wirtschaftskrise habe die Buchungszahlen sogar erhöht, sagt Bonnermann. „Die Lounge läuft super, weil Leute viel Akquise machen müssen.“ Der Retrocharme der Möbel und die exzellente Aussicht auf die City-West überzeugten auch die IHK Berlin, die in der Lounge vor kurzem ihren Jahresempfang feierte.

Die Liste ungewöhnlicher Locations ist lang und reicht vom Spiegelzelt der „Bar jeder Vernunft“ in Wilmersdorf bis zu Baudenkmälern wie dem E-Werk an der Wilhelmstraße oder dem Alten Stadthaus am Molkenmarkt, wo man als Nachbar der Innenverwaltung mit bis zu 500 Gästen im „Bärensaal“ feiern kann. Auch viele Hotels, etwa das Intercontinental oder das Neuköllner Estrel, sind gefragte Adressen. Der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) vermietet oft zwei Säle im Ludwig–Erhard-Haus an der Fasanenstraße. Und nicht zuletzt ist das „Goya“ am Nollendorfplatz wieder im Geschäft: Nach der Pleite der Gründer wird es von der Treugast bewirtschaftet, die auch das Tempodrom gerettet hat.

Veranstaltungsorte im Überblick: www.visitberlin.de/bco

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