zum Hauptinhalt
Festlich geschmückt. Ein großer Winterpark ziert im Advent das KaDeWe, das an Spitzentagen bis zu 100 000 Menschen aus aller Welt anlockt.

© Mike Wolff

Wieder gefragt: Schöne Bescherung fürs Warenhaus

Die großen Generalisten des Konsums wurden schon für tot erklärt, Karstadt war schon insolvent. Nun erleben große Warenhäuser eine Renaissance.

Es war eine schwungvolle Rede, die in einer kühnen These gipfelte: „Die besten Zeiten der Warenhäuser liegen noch vor uns“, sagte der Interims-Chef von Karstadt, Thomas Fox, gerade beim Deutschen Handelskongress in Berlin. Keine Filiale schreibe mehr rote Zahlen, und Schließungen werde es nicht geben. Der Umsatz sei von Juli bis September um 7,4 Prozent gestiegen. Fox habe „mit viel Pathos“ gesprochen, aber gut argumentiert, urteilt die Einzelhandelsexpertin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, Jeanette Streier. Trotz der Konkurrenz durch Shoppingcenter und Filialketten sieht sie auch in Berlin „nach wie vor Potenzial“ bei den Kauf- und Warenhäusern.

Tatsächlich meldet auch die Kaufhof-Gruppe bundesweit ein vierprozentiges Umsatzplus im vorigen Quartal. Die zwei Warenhausketten seien „Kinder der Großstadt“, auch wenn ihre Geschichte mit Läden in mittelgroßen Städten begonnen habe, sagt Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen vom Handelsverband Berlin-Brandenburg. In Berlin nutze es ihnen, dass „die Innenstadt attraktiver geworden ist“ und die Kunden kaum noch Gründe sähen, zu Shoppingcentern im Umland zu fahren. Warenhäuser seien traditionell „eingebettet in das Wohnumfeld und fußläufig erreichbar“. Allerdings sieht Busch-Petersen einen „permanenten Bedarf an Innovation“. Die Kaufhof-Gruppe behaupte sich gut, da sie ihr „Galeria“-Konzept mit einem höherwertigen Sortiment ständig fortentwickelte. Karstadt dagegen benötige neue Konzepte. Der ehemalige Mutterkonzern Arcandor habe bis zur Insolvenz „zu viel Ertrag in andere Abenteuer gesteckt“, statt in die Häuser zu investieren.

Die größten Konkurrenten sind die 59 Shoppingcenter in Berlin und die wachsende Zahl von Modeketten, Elektronikmärkten und anderen Filialisten in den Einkaufsstraßen. Karstadt-Sprecher Wolfgang Weber-Thedy gibt zu, dass beispielsweise die Elektronikabteilung eines Warenhauses sich nur schwer gegen einen nahen Saturn- oder Media-Markt behaupten könne. Die Stärke der Warenhäuser sei aber ihre „einheitliche Philosophie“, die ein „rundes Einkaufserlebnis“ vermittele. Geschäftsführer Fox spricht von „Einkaufscentern ohne Wände“.

Außerdem seien Karstadt und Kaufhof durch ihre lange Tradition fast schon „Kultmarken“ und „fest in der deutschen Konsumenten-DNA verankert“, glaubt Sprecher Weber-Thedy. Es sei richtig, das man neue Konzepte benötige, diese würden aber noch erarbeitet – schließlich liege die Übernahme durch den neuen Eigentümer Nicolas Berggruen bis zum heutigen Mittwoch erst 55 Tage zurück. Eine Neuerung ist, dass Karstadt weltweit erfolgreiche, aber in Deutschland noch wenig bekannte Marken wie Manoukian aus Frankreich ins Sortiment nahm.

Eine Besonderheit in Berlin sind die vielfältigen Funktionen der Häuser. Manche dienen überwiegend der Nahversorgung, während das KaDeWe und die Galeria Kaufhof am Alexanderplatz als Konzern-Flaggschiffe viele Touristen anziehen. „Abends spricht in unserer Lebensmittelabteilung kaum noch jemand Deutsch“, sagt Detlef Steffens, Geschäftsführer der Galeria Kaufhof am Alex. Der Bau immer neuer Hotels in der Umgebung steigere den Umsatz. „Wir sind sehr zufrieden.“ Vor fünf bis sechs Jahren „hätte ich noch nicht so optimistisch geklungen“, sagt Steffens. Dann aber hätten große Geschäftseröffnungen die Attraktivität der Gegend und auch die Kundenfrequenz in seinem Haus gesteigert. 2006 war C & A ins Berolina-Haus gezogen, im Herbst 2007 folgte das Alexa-Center und im März 2009 der Neubau „die Mitte“ mit dem Hauptmieter Saturn. Der Kaufhof habe auf die Mitbewerber durchaus reagieren müssen, sagt Steffens: Man habe den Schwerpunkt der Sortiments „zu Markenmode und weg von den unteren Preislagen verschoben“. Im Foyer gebe es statt Sonderangeboten nun die Parfümerie, Uhren und Schmuck: „Die Zeiten der Wühltische sind vorbei.“

Laut Steffens schätzen es die Kunden, Waren vorzufinden, für die es kaum noch Fachgeschäfte gebe – zum Beispiel Strümpfe, Unterwäsche, Bettwäsche oder Reisekoffer und -taschen. In einem Center gebe es zwar Markenshops von Herstellern, man finde dort aber nicht alle Marken zusammen. „Im Warenhaus bekommt man alles aus einer Hand auf engerem Raum“, betont auch IHK-Expertin Streier. Insbesondere ältere Kunden bevorzugten kurze Wege und „wollen nicht in 25 Einzelläden gehen“. Außerdem seien die Älteren bereit, „mehr Geld für guten Service auszugeben“. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinne das „generationenübergreifende Einkaufen“ an Bedeutung.

Von funktionierenden Kaufhäusern profitiert auch die Umgebung. So sieht der Charlottenburg-Wilmersdorfer Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD) in Karstadt an der Wilmersdorfer Straße einen wichtigen Publikumsmagneten. Sogar die Wilmersdorfer Arcaden schräg gegenüber „leben auch von der Karstadt-Kundschaft“, sagt Schulte. Das Kaufhaus sei ideal, um den Alltagsbedarf zu decken.

Auf der Erfolgsspur bleibt das Kulturkaufhaus Dussmann in der Friedrichstraße. Der Jahresumsatz stieg zwischen 2007 und 2009 von 31,2 auf 35 Millionen Euro, und die Verkaufsfläche wird gerade erweitert: Am Nikolaustag eröffnet auf 300 Quadratmetern die neue Abteilung für englischsprachige Bücher.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false