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Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen Berlin), ist seit Ende 2016 Wirtschaftssenatorin von Berlin.

© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop: „Wir dürfen nicht lockerlassen“

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop spricht im Interview zum „Equal Pay Day“ über Berliner Besonderheiten beim Lohn. Und sie hat Tipps für schlecht bezahlte Frauen.

Von Laura Hofmann

In Berlin verdienen Frauen rund 14 Prozent weniger als Männer. Damit hat sich Berlin auf dem Weg zur Gleichstellung im Vergleich zum Vorjahr um einen Prozentpunkt verschlechtert. Wie bewerten Sie das?

Berlin steht immerhin deutlich besser da als andere Bundesländer. Im Vergleich zu 21 Prozent Pay Gap deutschlandweit zeigt sich, dass Berlin eine moderne Metropole ist. Aber dass es diese Lücke überhaupt gibt, bedeutet, dass wir noch einiges vor uns haben. Wir dürfen nicht lockerlassen, damit sich etwas verändert.

In Brandenburg beträgt die Lohnlücke dagegen nur zwei Prozent. Kann sich Berlin da etwas abgucken?

Grundsätzlich fällt der Gender Pay Gap in den neuen Bundesländern deutlich geringer aus, ganz anders als in den westlichen Bundesländern. Berlin ist da in der Mitte, zusammengesetzt aus Ost und West. Im Osten sind nach der Wende viele Industrie-Jobs weggebrochen. Auch hatten Frauen historisch andere Arbeitsbiografien und es gibt eine andere Tradition der Erwerbstätigkeit von Frauen.

Seit mehr als einem Jahr gilt das Entgelttransparenzgesetz. Verändert hat sich der Verdienstunterschied dadurch nicht. Ist das Gesetz eine Luftnummer?

Das Gesetz ist schon ein wichtiger, aber eben erster Schritt auf dem Weg zur Lohngleichheit, weil überhaupt erstmals Gehaltsstrukturen in Unternehmen offengelegt werden müssen. Zumindest in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Frauen haben oft nicht den Mut, ein höheres Gehalt zu fordern. Das Transparenzgesetz macht den Vergleich immerhin möglich, aber das führt noch lange nicht dazu, dass der männliche Chef das höhere Gehalt auch gutheißt oder dass Frauen sich tatsächlich trauen, den Vergleich einzufordern.

Was würden Sie denn einer Frau raten, die weiß, dass ihre männlichen Kollegen in gleicher Position mehr verdienen als sie?

Das zu machen, was Männer ganz selbstverständlich machen. Zum Chef gehen und sagen: Ich liefere hier hervorragende Arbeit ab, ich habe seit mindestens einem Jahr keine Gehaltserhöhung bekommen. Und ich habe auch gesehen, dass es in meiner vergleichbaren Gruppe bessere Gehälter gibt. Also habe ich das jetzt auch verdient. Ich kenne das von der anderen Seite und zwar mit welcher Klarheit Männer für sich Gehaltssteigerungen einfordern. Da müssen Frauen auch hinkommen.

Man hört immer wieder, Frauen trügen selbst die Schuld an den Verdienstunterschieden. Weil sie sich Berufe aussuchen, die schlecht bezahlt sind. Wie sehen Sie das?

Es ist ja leider wirklich so, dass Berufe, in denen Frauen arbeiten, schlecht bezahlt werden. Daran ist aber nicht die Frau schuld, sondern die Unternehmensführung, oder auch die gesellschaftliche Anerkennung, die für einige Berufe nicht so hoch ist, wie sie es verdient hätten. Gerade soziale und Pflege-Berufe, die unglaublich wichtig für die Gesellschaft sind, werden am schlechtesten bezahlt. Es ist erstaunlicherweise auch so, wenn Männerberufe zu Frauenberufen werden.

Der Sekretär war früher ein angesehener Posten. Und seitdem es hauptsächlich Sekretärinnen gibt, ist auch das Gehalt gesunken. Da haben wir ein riesiges Gleichberechtigungsproblem. Unser Ziel muss sein, die Anerkennung von allen Berufen mit ihren Belastungen gleichzuziehen - vor allem beim Gehalt. Das ist wirklich noch ein hartes Stück Arbeit.

Ihr Regierungskollege Michael Müller sagt, es sei an den Entscheidern in den Führungsetagen, diesen Tag überflüssig zu machen. Kann die Politik in Berlin also gar nichts tun?

Unser Ziel heißt: Equal Pay Day muss am 1. Januar sein. Wir sind alle gefragt, das Thema auf der Agenda zu halten und Gleichberechtigung einzufordern. Es geht natürlich um die Entscheider, aber auf beiden Seiten. In Deutschland werden die meisten Gehaltsstrukturen und Entgelte über Tarifverhandlungen entschieden. Beide Tarifparteien sind gefragt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Gleicher Lohn in Tarifverträgen muss als feste Norm definiert werden. Das ist auch ein Thema, an dem wir in Berlin arbeiten müssen. Ob es dann noch gesetzliche Regelungen braucht, muss man dann sehen. Beim Mindestlohn war es ja auch so, dass die Tarifparteien gesagt haben, sie schaffen eine armutsfeste Mindestsicherung für Arbeitnehmer. Und da, wo es nicht klappt, haben wir mit dem Mindestlohn eine gesetzliche Regelung geschaffen, die sich sehr bewährt hat. Auch bei Equal Pay kann man gesetzliche Maßnahmen überlegen, wenn alle anderen Maßnahmen nicht greifen.

Ramona Pop ist seit Ende 2016 Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Die Politologin gehört Bündnis 90/Grüne an.

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