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Grinsebacke. Mc Fitti aus Friedrichshain hat mit seinem Musikvideo "30 Grad" einen Youtube-Hit gelandet.

© David Heerde

Berliner Youtube-Stars: Klicks zum Ruhm

Pro Minute werden 60 Stunden Material auf Youtube hochgeladen - eine ungeheure Menge. Trotzdem bringen es einige Berliner fertig, aus der Masse herauszustechen – mit bekloppten Musikvideos, lustiger Lebensberatung oder praktischen Lifestyle-Tipps.

Über Scheitern oder Ruhm entscheiden auf Youtube meist wenige Sekunden. Gefällt ein Video, wird es geteilt und der Kanal des Machers abonniert. Ist es langweilig, wird es weggeklickt und verschwindet für immer in der Online-Versenkung. So schaffen es nur nur wenige Clips aus den 72 Stunden Videomaterial, die pro Minute auf die zu Google gehörende Videoplattform hochgeladen werden, aus der Masse herauszustechen. Die wenigen echten Hits machen ihre Macher zu Stars. Und die Klicks der User sind bares Geld. Manche Filmer verdienen mit Werbung den Lebensunterhalt, andere schaffen den Sprung aus dem Internet heraus. Das sind Berlins Youtube-Stars.

So geht Kult. Die Grinsebacke mit dem Rauschebart und der scheinbar festgetackerten Sonnenbrille landete mit „30 Grad“ einen der Sommerhits des vergangenen Jahres – natürlich auf Youtube. Drei Minuten lang gibt’s Ausschnitte der 80er-Kultserie „Miami Vice“, auf die Körper der Figuren hat MC Fitti ein Foto des eigenes Kopfes montiert.

„30 Grad, Flamingos und Flipper, Sonnenbrille auf und rein in die Slipper. 30 Grad, kolumbianischer Schnee, rosanes Sakko im Cabriolet“, heißt es im Refrain, unterlegt mit Gute-Laune-Synthie-Beat samt Kopfnickgarantie. Die Videos vor „30 Grad“ hatte kaum jemand angeklickt. Der Überraschungshit hat mittlerweile beinahe 1,5 Millionen Klicks, auch die Nachfolger wie „Whatsapper“ und „Yolo“ wurden erfolgreich.

Gute-Laune-Rap: MC Fitti

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Der Rapper hat nun einen Plattendeal, trat bei der Musikshow „The Dome“ auf, grinste sogar in DJ Ötzis Musikvideo „Wie ein Komet“ in die Kamera. „Ötzi ist voll der nette Typ, ich bin voll der nette Typ. Er hat mich nach Österreich eingeladen und es war der Überhammer“, sagt er im Tonstudio in der Königstadtbrauerei in Prenzlauer Berg. Fitti, der live stets mit als Flamingos verkleideten, Konfetti werfenden Backgroundtänzerinnen auftritt, hatte sogar Anfragen vom Ballermann auf Mallorca, doch darauf hat er keine Lust.

Am 3. Mai beginnt im Bi Nuu die nächste Tour und im Juni kommt das erste richtige Album. Ein Berlin-Song wird auch drauf sein, zusammen mit Felix von Kraftklub. „Ein Track über unsere Ecke, in dem wir erzählen, dass unsere Ecke die geilste ist und dass wir cool sind.“ Seine Ecke ist rund ums Ostkreuz, wo Fitti gerne im kleinen Park an der Simplonstraße abhängt, oder Hamburger essen geht beim Burgeramt am Boxhagener Platz.

„Ich mag Vollgas“, sagt der Friedrichshainer, der seinen echten Namen nicht nennen will. Die eigene Musik beschreibt er mit dem für Rapper typischen Super-Ego als „Hits und Brummer“. Hits, das seien die Tracks mit Sinn, Brummer seien volles Chaos. Vollgas halt. „Ich sag einfach, was geht. Ich bin nicht 100 Prozent perfekt, aber man muss nicht perfekt sein“, sagt Fitti. Schließlich könne ja jeder machen, was er mache.

Von dem plötzlichen Ruhm wurde er dennoch überrascht. „Dass es solche Ausmaße annimmt, hätte ich nicht gedacht.“ Vor dem Leben als Internetphänomen zog Fitti als Streetartkünstler durch Berlins Straßen und war Bühnenbauer beim Film. Er riss Wände ab, zog Böden ein, arbeitete auch beim oscarprämierten Kinofilm „Das Leben der Anderen“ mit. Autogrammjäger war er aber nie. „Da gab es für mich keinen Zauber bei der Sache“, sagt er. Nur einmal sei er aufgeregt gewesen: als Tom Gerhardt, vor allem bekannt als Hausmeister Krause, mal am Set war. Auch so ein schräger Typ wie Fitti.

Der will den Hype auskosten, so lange er anhält. Für die Zeit danach ist auch schon vorgesorgt. Er will wohl als Social Media Berater arbeiten, Anfragen gab es bereits und seiner Facebook-Seite folgen über 50 000 Fans. Das könnte eine gute Aufgabe sein für einen, der seinen Erfolg dem Internet verdankt.

Antworten auf fast alle Fragen: Dr. Allwissend

„Zum Ausgleich ein Furzgeräusch. Pppfff.“ Dr. Allwissend alias Borja Schwember, 36, marschiert als Youtube-Aufklärer in Hornbrille und hellblauem Hemd auf dem schmalen Grat zwischen Quatsch und Wissensvermittlung. Meist beantwortet er Fragen der Fans. Beispiel: Wie findet man den richtigen Job? „Es gibt ja Menschen, die beschäftigt die Frage, welcher Beruf der richtige ist, bis ins hohe Alter, so dass sie die ersten 15 Jahre ihres Berufslebens bis auf Astronaut und Lokomotivführer jeden Beruf ausprobieren, bis sie irgendwann mit Mitte 30 merken, dass ihre wahre Leidenschaft darin besteht, sich mit ihrem Videoblog im Internet zum Vollhorst zu machen.“ Satzende. Dann erzählt er, wie man die wahre Leidenschaft findet. „Ich recherchiere das wie ein Journalist“, sagt Schwember, aufgewachsen in Reinickendorf, und bereite das Thema dann nach dem „Klassenclownprinzip“ auf. Zwei bis drei Tage dauert es, bis ein neues Filmchen fertig ist.

Die Idee zum eigenen Youtube-Kanal hat Schwember aus den USA. Das Youtube-Erfolgsrezept? „Ein interessantes Thema.

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Und man muss es regelmäßig machen, damit die Leuten den Kanal abonnieren, und man muss mit der Community interagieren“, sagt er. Mittlerweile verdient der ausgebildete Koch und studierte Kommunikationswissenschaftler seinen Lebensunterhalt mit dem Werbepartnerprogamm der Internetplattform – Autogrammwünsche auf der Straße inklusive. Ein Buch ist auch schon geplant.

Styling-Tipps: Elisa von alive4fashion

„Berlin ist die inspirierendste Stadt, die es gibt“, sagt Elisa. Die Styles, die sie in den Kiezen aufsaugt, vermischt sie mit ihren eigenen Ideen und präsentiert sie als Kurzfilme auf Youtube. Das sind Tipps für Frisuren und coole Nägel und Anleitungen, wie man einen Bubikragen selbst macht. „Ich möchte jungen Frauen vermitteln, sie selbst zu sein und sich nicht so sehr auf den Mainstream einzulassen“, sagt Elisa, 27. In ihrem Beruf als Modemanagerin muss sie nur noch zu einem Drittel arbeiten, das restliche Geld kommt über Youtubes Werbeprogramm rein.

Die Idee zum Blog kam ihr, als Freunde sie in der Uni fragten, wie sie denn ihre Frisur so gestylt habe. Los ging es mit Fotos, später drehte sie professionell aussehende Videos. Kommt nun der naheliegende Sprung aus dem Internet ins Fernsehen? 

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„Es gab noch keine Angebote, aber ausschließen will ich das nicht“, sagt Elisa.

Hipster-Lifestyle und Verbrechen: Entr Berlin und Trigger.TV

Hier arbeiten Profis. Seit November produzieren Kristian Costa-Zahn und seine bis zu 20 Mitarbeiter in den Ufa Labs am Kreuzberger Mehringdamm zwei der eigens für das Online-Netzwerk hergestellten „Originalkanäle“. Dahinter steckt der Filmgigant Ufa. Entr Berlin zeigt das Leben der Hauptstadt-Hipster, trifft Bonnie Strange und MC Fitti und guckt auf der Modemesse Bread & Butter vorbei. „Wir haben global relevante Inhalte. Auch die Leute in Schanghai und New York sollen die Trends in Berlin sehen, Berlin hat eine große Strahlkraft“, sagt Costa-Zahn, Kreativchef der Ufa Labs. Nun will er mit dem Kanal in zehn weiteren Städten wie New York und London durchstarten. Der zweite Kanal Trigger.TV beschäftigt sich mit realen Verbrechen.

Das Prinzip bei beiden Sendern: Kurze Clips ohne langen Einstieg. „Man weiß, dass viele Leute ungeduldig sind und schnell aussteigen“, sagt Costa-Zahn. Einzelne Videos selbst zusammenstellen – ist dies das Fernsehen der Zukunft? „Eine Spielart davon. Ich denke aber, dass es die Grundbedürfnisse nach bestimmten Shows und zweistündigen Spielfilmen auch weiterhin geben wird“, sagt Costa-Zahn. Parallel würden sich einige Leute ihr Programm selbst zusammenstellen wollen. Richtig viele Klickzahlen haben nur einzelne Videos, die im Internet oft geteilt wurden.

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„Das Problem ist nicht, dass die Leute es nicht interessiert. Das Problem ist, dass sie nicht wissen, dass es das gibt“, sagt der Kreativchef und will mit verstärktem Marketing nachhelfen. Geld verdient er über klassische Werbung, Product Placement und gesponsorte Channels.

Noch mehr Berliner Youtube-Stars

In dem alten Ladengeschäft in der Friedrichshainer Samariterstraße dreht die Band Onkel Berni ihre eigene Late Nite Show. In Onkel Bernis Butze – ebenfalls ein extra für Youtube produzierter Sender – begrüßen Jonas Mann und Theo Rio Promis und Pornostars, lassen sie Lexikoneinträge singen und ordentlich Bier trinken. Hinter dem vermeintlichen Chaos steckt die Produktionsfirma First Entertainment, eine Tochter der Bavaria Film.

Der Student Florian Mund greift als LeFloid humorvoll ungewöhnliche Nachrichten aus der Welt auf, wie „8-Jähriger heiratet 61-Jährige!“ und „Sexsklaven bei Scientology?“, und schlüpft vor der Webcam in verschiedene Ichs. Die User finden’s toll: LeFloid hat beinahe 500 000 Abonnenten.

Schauspielerin Nilam Farooq gibt als „daaruum“ Tipps gegen lästige Pickel oder erklärt Lifestyle und Mode. Gucker von Trigger.TV kennen Farooq: dort moderiert sie den Trigger Crime Report.

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