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Berlin: Berliner Zoo: Aufstand der Aktionäre: Geht der Zoo Pleite?

Dem Berliner Zoo droht der Verlust der Gemeinnützigkeit, wenn er seinen Aktionären weiterhin kostenlosen Eintritt in die Tiergärten gewährt. Das bestätigten Zoo-Vorstand und die Senatsverwaltung für Finanzen dem Tagesspiegel.

Dem Berliner Zoo droht der Verlust der Gemeinnützigkeit, wenn er seinen Aktionären weiterhin kostenlosen Eintritt in die Tiergärten gewährt. Das bestätigten Zoo-Vorstand und die Senatsverwaltung für Finanzen dem Tagesspiegel. Damit drohe dem Zoo, so sein Vorstand Hans Peter Czupalla, "unmittelbar die Insolvenz". Müsse der Zoo seine Einkünfte bis ins Jahr 1994 zurück versteuern, "sind wir sofort bankrott und auf das Land kommt eine neue Finanzkatastrophe zu".

Hintergrund des Streits ist die Praxis des Berliner Zoos, seinen Aktionären eine Dauereintrittskarte für den Zoo zu spendieren. Diese Dauerkarten stellten eine "verdeckte Gewinnausschüttung" dar, urteilt die Steuerabteilung des Finanzsenators in einem Schreiben an die Zooverwaltung. Da aber Eigentümer gemeinnütziger Unternehmen kein Gewinninteresse haben dürfen, müssten die Aktionäre, so die Finanzverwaltung, entweder auf die Eintrittskarte verzichten - oder dem Zoo wird die Gemeinnützigkeit aberkannt. Für Dienstag, den 16. Oktober, ist eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen worden, auf der die Aktionäre einem Verzicht auf den kostenlosen Eintritt zustimmen sollen.

Tierparks, deren Gemeinnützigkeit nicht anerkannt ist, sind voll steuerpflichtig. Das betrifft vor allem Erlebnisparks, in denen es neben Tieren auch andere Attraktionen zu besichtigen gibt. Diese Parks, die in der Regel kein zoologisches Forschungsinteresse haben, müssen Grund- und Einkommensteuer entrichten, Erbschaftsteuer bezahlen, außerdem dürfen sie keine Spendenquittungen ausstellen. "Das hieße, dass wir diese Spenden und Nachlässe in Millionenhöhe nicht mehr bekommen würden," erklärt Czupalla. Das Land, das seine Zuschüsse für die Tierparks gerade von 11 auf sechs Millionen Mark reduziert hat, müsste in bislang ungekannter Größenordnung einspringen.

Viele Aktionäre denken nicht daran, der verlangten Satzungsänderung zuzustimmen. Schon bei der ordentlichen Hauptversammlung im Mai kam es zu Tumulten, als eine entsprechende Änderung zur Debatte stand. Und auch für dieses Mal haben die sonst so friedlichen Zooaktionäre, die sich traditionell stärker für das Paarungsverhalten von Nilpferden interessieren als für die Bilanzierungsvorschriften , Widerstand angekündigt. "Wenn es die Eintrittskarte nicht mehr gibt, gibt es keinen rationalen Grund mehr, eine Zooaktie zu kaufen", sagt Aktionär Frank Woschczytzky, der auf der außerordentlichen Hauptversammlung einen Gegenantrag zur Abstimmung stellen wird, nach dem Aktionäre nicht verzichten sollen.

Ohnehin habe das Wertpapier den Aktionären keine rechte Freude mehr gemacht. Von einem Höchststand von nahezu 10 000 Euro im April 1999 stürzte die Aktie auf 1712 Euro am 2. Oktober. Noch schlimmer erwischte es die Aktie mit Zusatzeintrittskarte für das Aquarium: Sie stürzte von knapp 11 000 Euro auf 1900 Euro. Schon jetzt ist es für Zooaktien-Verhältnisse zu einer richtigen Verkaufswelle gekommen: Kam früher alle paar Monate mal eine Aktie in den Handel, von der sich ein traditionsvergessener West-Berliner Erbe trennte, so werden heute täglich drei bis fünf Aktien verkauft - jeweils mit einem saftigen Abschlag. Woschczytzky fürchtet, dass die Aktie ins Bodenlose fällt, wenn die Satzung nach dem Willen der Finanzverwaltung geändert wird.

Woschczytzky will die Mitaktionäre davon überzeugen, es einfach darauf ankommen zu lassen: "Den Zoo kann man nicht pleite gehen lassen", sagt er. Das sieht auch Zoo-Vorstand Czupalla so. Er appelliert aber an die Moral der Aktionäre: "Vom Zoo Berlin war 1945 nur Schutt und Asche übrig. Nicht die Aktionäre haben Geld gegeben, um den Zoo auferstehen zu lassen, sondern das Land Berlin, die Klassenlotterie und private Spender. Das sollten sich die Aktionäre klar machen, bevor sie auf der Hauptversammlung gegen unseren Vorschlag stimmen."

Inzwischen hat die Finanzverwaltung ihre Position insoweit abgeschwächt, als sie den Altaktionären vorschlägt, eine Karte für lebenslangen Eintritt zum Sonderpreis von 250 Euro zu erwerben. Neuaktionäre sollen dagegen nach dem Willen der Finanzverwaltung das zehnfache des normalen Jahreskartenpreises bezahlen, wenn auch sie ein lebenslanges Eintrittsrecht haben wollen. Zoo-Vorstand Czupalla glaubt, dass das die Aktionäre besänftigen kann: Schließlich sei die Zoo-Aktie schon immer eher ein ideelles Papier gewesen, das den kalten Gesetzen des Shareholder-Value nie gefolgt sei.

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