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Komponiert, seit sie neun Jahre alt ist. Alexa Feser in einem Berliner Café. Für ihren Auftritt beim ESC-Vorentscheid unterbricht sie ihre aktuelle Tour.

© Davids/Sven Darmer

Berlinerin will zum Eurovision Song Contest: "Glück" soll Alexa Feser den Sieg bringen

"Unser Song für Österreich": Die Berlinerin Alexa Feser singt am Donnerstag beim Vorentscheid zum Eurovision Song Contest. Es ist ihre Chance auf den Durchbruch.

„Ich habe mir über das Gewinnen noch gar keine Gedanken gemacht“, sagt Alexa Feser und grinst. „Ich gehe das ganz naiv an.“ Am Donnerstagabend wird die Berliner Singer-Songwriterin in Hannover für den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest auf der Bühne stehen (20.15 Uhr, ARD). Dann hat sie die Chance, sich gegen sieben Künstler, darunter die Bands Faun und Mrs. Greenbird oder den Sänger Andreas Kümmert durchzusetzen, sich für den ESC in Österreich zu qualifizieren – und dann vielleicht sogar im Finale am 23. Mai zu singen. Musikalisch ist beim Vorentscheid alles vertreten: von mittelalterlicher Musik bis zu Elektropop. Begleitet von Chor und Streichern, braucht Alexa Feser auf der Bühne nur ein Klavier und ihre herbe und doch so kräftige Stimme.

Alexa Feser sitzt auf einem Ledersofa in einem Café in Mitte. Es herrscht mittäglicher Hochbetrieb, doch die 35-Jährige sitzt ganz entspannt da. Ihr langes blondes Haar legt sich weich über ihre Schultern, der Lippenstift sitzt perfekt. Ihre großen Augen strahlen. Vor ihr steht ein frischer Ingwertee. Doch zum Trinken kommt sie nicht, sie hat viel zu erzählen: vom ESC-Vorentscheid, von ihrer Tour.

Und von ihrer Berufung. Bereits mit vier Jahren begann die gebürtige Wiesbadenerin mit Klavierunterricht. Vorbild war vor allem ihr eigener Großvater. Der war ein erfolgreicher Jazzpianist in New York. „Mein Opa und Prince waren meine größte Inspiration“, sagt sie. Der Wunsch, die Leidenschaft zum Beruf zu machen, kam jedoch später. Erst als es darum ging von der Musik zu leben.

Das funktionierte allerdings nicht immer. Nebenbei arbeitete Feser als Flugbegleiterin oder DJane. „Manche Jobs haben mir viel Spaß gemacht, andere haben mich in meiner Freiheit als Musikerin begrenzt. Aber am Ende haben sie mir alle dazu gedient, meine eigene Musik zu machen.“ Immer, wenn sie sich auf andere Dinge konzentrierte, kam etwas Neues um die Ecke, sagt sie. So war es auch mit ihrer Plattenfirma Warner Music, bei der sie seit Oktober 2014 unter Vertrag ist.

Melodisch und hymnenhaft

Ihre Texte schreibt und komponiert Feser selbst. Das Verfassen der Lieder hilft ihr, Erfahrungen und Erlebnisse zu verarbeiten: „Das ist für mich ein Psychologenersatz“, sagt sie. Dass sie keine Noten lesen kann, nimmt sie mit Humor. „Ich war der absolute Notenleserversager! Ich habe Musik nie in Verbindung mit Papier gebracht, sondern immer nur auditiv wahrgenommen. Das hat mir geholfen schon mit neun Jahren meine eigenen Lieder zu komponieren, ich war dadurch in kein Notenkorsett gezwungen.“ Neben ihrem Großvater inspirieren sie Künstler wie Duran Duran, Prince oder auch Tears For Fears. Viel Musik aus den 80er Jahren, die sie melodisch und hymnenhaft findet.

Sie spielt Klavier und ein bisschen Ukulele, außerdem bringt sie sich gerade Gitarre bei. Überhaupt, sagt Feser, könne sie noch viel lernen. Auch neben der Musik: „Ich merke, dass ich ungern die Kontrolle abgebe, weiß aber auch, wie wichtig es ist, anderen zu vertrauen und loszulassen“, sagt sie. Ihr Lied „Glück“ handelt genau von diesem Loslassen, davon, das Hier und Jetzt wahrzunehmen und zu genießen. „Man verpasst manchmal die Chance, etwas im Moment zu genießen und das Glück zuzulassen“, sagt sie. „Glück“ wird sie auch am Donnerstagabend singen. Ihr zweites Lied heißt „Gold von morgen“ und handelt von Schicksalsschlägen und davon, nicht den Glauben an das Gute zu verlieren.

Wenn Alexa Feser mal nicht auf Tour ist oder auf der Bühne des ESC-Vorentscheids steht, genießt sie freie Tage in ihren eigenen vier Wänden, mit Freunden beim Spaziergang oder alleine auf dem Sofa mit einem Buch. „Eher langweilig“, sagt sie und grinst. Ihren Laptop lässt sie auch gerne mal zu; sie verwendet lieber Stift und Zettel, ihren Kopf und manchmal die Aufnahmefunktion ihres Handys, um ihre Lieder zu entwickeln. Und auch in den sozialen Netzwerken möchte sie sich nicht allzu sehr verlieren: „Ich versuche mich davon weitestgehend fernzuhalten, um meine Kreativität zu behalten. Man wird davon zu schnell abhängig.“

Momentan tourt Alexa Feser mit ihrem aktuellen Album „Gold von morgen“ durch Deutschland. Nahezu jeden Tag in eine andere Stadt – von Bochum bis Dresden. Sie reist im Nightliner, einem großen Bus mit Betten. Immer mit an Bord: ihre Band, ein Nackenkissen, ihre eigene Bettwäsche und zwei Gesellschaftsspiele. Und ganz viel Musik für zwischendurch – wenn sie jeden Abend ihre eigenen Lieder spielt, hat sie Lust auf Abwechslung. Während Feser das alles erzählt, spricht sie ganz aufgeregt und voller Freude.

Für den ESC-Vorentscheid unterbricht sie ihre Tour. „Ich finde es toll, dass ich die Möglichkeit habe, vor solch einem großen Publikum zu spielen. So etwas hatte ich bisher noch nicht. Das ist ein anderes Level“, sagt Feser. Sie mag, dass es ein Abend ist, an dem alle unter den gleichen Bedingungen antreten. Musik von der Konkurrenz hat sie sich noch nicht angehört, weil sie am Donnerstagabend ganz unvoreingenommen den anderen lauschen und dann entscheiden möchte, wen sie favorisiert.

Für eine Echo-Nominierung hat's schon gereicht

Sowieso schaut sie dem Spektakel sehr locker und positiv entgegen: „Es sind so unterschiedliche Bands, das ist doch toll! Wenn die alle die gleiche Musik machen würden wie ich, wäre es eine viel größere Wettbewerbssituation. Es wird von jedem eine komplett andere Performance geben. Da habe ich einfach Bock drauf“, sagt sie. Aber natürlich ist da auch immer eine große Aufregung, besonders die letzten fünf Minuten vor ihrem Auftritt und während des ersten Lieds. Feser sieht es als positive Anspannung.

Dass der ESC-Vorentscheid nicht das größte Abenteuer ihrer Karriere sein wird und die positive Anspannung bestimmt noch häufiger vorkommt, deutet die Nominierung beim diesjährigen Echo in der Kategorie „Beste Künstlerin National“ an. Alexa Feser freut sich über all das, was gerade passiert, und sie zeigt sich dankbar. Sie strahlt, ganz entspannt. Ihr Ingwertee ist inzwischen kalt.

Merle Collet

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