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Berlinpass & Co: Berliner Kinder konnten trotz Hartz IV mitspielen - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren gab es für bedürftige Kinder in Berlin bereits zahlreiche vergünstigte Bildungsangebote. Was Christoph Spangenberg darüber schrieb.

172 000 Kinder und Jugendliche leben in Berlin in Hartz-IV-Haushalten – das ist etwa jeder dritte Berliner unter 18 Jahren. Ihnen will die Regierung ab Januar mit dem Bildungspaket unter die Arme greifen. Darin enthalten sind auch Gutscheine im Wert von maximal zehn Euro, die direkt bei Sportverein oder Musikschule eingelöst werden können. Für Kinder aus finanziell schlecht gestellten Familien gibt es schon jetzt zahlreiche Angebote in Berlin.

Die zwölf Musikschulen der Stadt gewähren 50 Prozent Nachlass für Hartz-IV-Kinder. 30 Minuten Einzelunterricht am Klavier kosten dann 40 Euro monatlich, Kurse mit vier Kindern zwölf Euro. Kinder aus Familien mit geringem Einkommen und Wohngeldempfänger bekommen 30 Prozent Rabatt. In Neukölln seien nur drei Prozent der 4100 Schüler aus Hartz-IV-Familien, sagt der Leiter der Paul-Hindemith-Musikschule, Daniel Busch. Gar nichts müssen die Kinder zahlen, wenn die Musikschule in Kitas und Schulen kommt. Dort versucht Busch die Kinder mit musikalischer Grundbildung oder Streicherklassen für Musik zu begeistern und für die kostenpflichtigen Kurse zu gewinnen. „Die Schulen sind der einzig mögliche Weg, um an die bildungsfernen Schichten ranzukommen“, sagt Busch. Für Kinder aus Neukölln gebe es derzeit nicht einmal eine Warteliste. Das ist in anderen Bezirken anders. „Wir können nicht so viel Unterricht erteilen, wie nachgefragt wird“, sagt etwa Udo Krzyzynski von der Musikschule Mitte, gleichzeitig Vorsitzender des Berliner Landesverbands deutscher Musikschulen. Den geplanten Gutscheinen im Bildungsgpaket sieht er daher mit Skepsis entgegen, könnten die doch einen neuen Ansturm auslösen. Zehn Euro im Monat seien zudem viel zu wenig, um die Zuschüsse der Bezirke zum Unterricht entscheidend zu verringern.

Im Projekt „Kids in die Sportklubs“ finanziert der Landessportbund (LSB) bedürftigen Kindern den monatlichen Vereinsbeitrag von bis zu zehn Euro. Mithilfe des Projekts treiben derzeit 2000 Kinder in 140 Berliner Vereinen Sport. „Bei den Plätzen gibt es eigentlich kein Limit nach oben“, sagt Heiner Brandi, Vorsitzender der LSB-Sportjugend, denn es fließen EU-Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds. In den Vereinen gebe es aber zu wenig Übungsleiter und freie Trainingszeiten in Hallen und auf Sportplätzen. Zudem sei die Einzelfall-Abrechnung mit der EU kompliziert. Brandi spricht von 8000 Formularen im Jahr. Die Folge der Bürokratie und der mangelnden Kapazitäten in den Vereinen ist, dass schon jetzt die Nachfrage das Angebot übersteigt und der LSB nicht einmal mehr Werbung für das Projekt macht. Von den geplanten Gutscheinen erhofft sich Brandi ein einfacheres Verwaltungsverfahren, weil die Vereine dann direkt mit den Jobcentern abrechnen könnten. Allerdings sei „Kids in die Sportklubs“ in der jetzigen Form nicht mehr möglich. Eltern, die für ihr Kind keinen Platz in dem Projekt ergattern konnten, rät Brandi, beim Sportverein um Rabatt zu fragen. Dies würde im Einzelfall gewährt, was mehrere Vereine gegenüber dem Tagesspiegel bestätigten.

Zusätzlich gibt es zahlreiche Rabatte für Besitzer des Berlinpasses, darunter verbilligten Eintritt in Schwimmbäder und Konzerthäuser. 700 000 Personen können den Pass beantragen, im Juli waren laut Senatssozialverwaltung 305 000 ausgestellt. Über den Anteil der Kinder gibt es keine Zahlen. Beim Nachhilfeanbieter Lernwerk gibt es mit dem Pass 20 Prozent Rabatt – ein Nachlass, den es für Nachhilfe sonst nicht in der Stadt gebe, heißt es beim Lernwerk. Der Anteil der Schüler mit Berlinpass werde aber nicht erhoben.
Informationen zum Berlinpass: www.berlin.de/sen/soziales/sicherung/berlinpass

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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