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Berlins frisch gekürter Lehrer des Jahres: Robert Rauh.

© Georg Moritz

Berlins bester Lehrer fordert: Länger schlafen, kleine Klassen, Nachhilfe gratis

Berlins frisch gekürter "Lehrer des Jahres" will Deutschlands Schulen besser machen. Und startet direkt nach seiner Kür mit einem Zehn-Punkte-Aufruf.

Er will "keine Revolution", aber etwas bewegen will er schon. Robert Rauh, Berlins gerade erst ausgezeichneter "Lehrer des Jahres", nutzt seine neue Popularität, um einen schon länger gehegten Plan umzusetzen: Er will Unterstützer suchen für eine große Reformbewegung, die nicht bei ideologischen Fragen ansetzt, sondern bei den Rahmenbedingungen. Prominente wie die Schauspieler Corinna Harfouch und Björn Harras sowie die Eisschnellläuferin Jenny Wolf haben den Aufruf mit dem Titel "schul-gerecht" bereits unterzeichnet, aber auch Lehrer und Schüler aus ganz Deutschland. Ab Donnerstag werden im Internet Unterschriften gesammelt. In dem Zehn-Punkte-Katalog findet sich Altbekanntes neben Innovativem, vieles kostet Geld, aber es gibt auch kostenneutrale Vorschläge.

Hier ein Überblick:

Organisation

Mit Hinweis auf die Hirnforschung votiert Rauh für einen späteren Unterrichtsbeginn. Schulen sollen selbst entscheiden können, wann zwischen 8.30 und 10 Uhr die erste Stunde beginnt. Ein späterer Start wurde am John-Lennon-Gymnasium in Mitte vor einigen Jahren lebhaft diskutiert, dann aber verworfen. Bundesweit wird immer mal wieder nach einer Lösung gesucht. Große Unterstützung dürfte es für den Vorschlag geben, kleinere Klassen mit maximal 25 Schülern einzurichten. Dies betrifft vor allem Gymnasien, die besonders häufig Klassengrößen jenseits der 30 haben. Bildungsforscher wie Jürgen Baumert bezweifeln allerdings, dass der Nutzen der sehr teuren Klassenverkleinerung in einem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten steht. Das zwölfjährige Turboabitur will Rauh nur auf freiwilliger Basis beibehalten und auch nur bei gleichzeitiger Entschlackung der Lehrpläne. Einige Bundesländer räumen diese Wahloption bereits ein, Berlin will bislang nur an den Sekundarschulen die Möglichkeit des 13-jährigen Abiturs gewähren. Ebenfalls zum Bereich „Organisation“ gehört die Abkehr von der 45-Minuten-Stunde. Die Schulen sollen auf 60- oder 90-Minuten-Takt umstellen, was manche bereits getan haben.

Investitionen

Rauh fordert Investitionen in Personal, Gebäude und technische Ausstattung. Dazu gehört, dass es in sozialen Brennpunkten kostenlose Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfeunterricht und zusätzlichen Sprachunterricht gibt. Personalintensiv ist auch die Forderung nach Schulmanagern, Netzwerkbetreuern und festangestellten Sozialpädagogen. Zu den Aufgaben der Schulmanager könnte die bessere Vernetzung mit Sportvereinen, Museen und Geschichtswerkstätten gehören. Auch das leidige Thema der maroden Sanitäranlagen spart Rauh nicht aus, und er fordert Investitionen in Kantinen und Pausenräume sowie in "zeitgemäße IT-Infrastruktur" inklusive Touchpads mit guter Unterrichtssoftware.

Reduktion

Der umtriebige Geschichtslehrer, Schulbuchautor und Moderator will den Bildungsföderalismus beibehalten, was ihn nicht davon abhält, eine stärkere Vereinheitlichung zu fordern. Dazu gehört, dass sich auch die letzten Bundesländer von ihren Hauptschulen verabschieden sollen. Das gute Beispiel der Hochbegabtenklassen in einigen Ländern will Rauh überall in Deutschland umgesetzt sehen. Darüber hinaus soll es vergleichbare Prüfungsanforderungen beim Mittleren Schulabschluss und beim Abitur geben. Der beschlossene gemeinsame bundesweite Pool mit Abituraufgaben könne nur ein Anfang sein. Zudem sollten die Beschäftigungsverhältnisse der Lehrer vereinheitlicht werden. Rauh selbst ist zwar Beamter, solidarisiert sich aber mit den Lehrern von „Bildet Berlin!“, die eine Besserstellung der angestellten Lehrer fordern. Alle Länder sollen sich zudem auf eine Reduzierung der Lerninhalte einigen. Die Inhalte sollten auf ihre „zeitgemäße Relevanz“ hin überprüft werden.

Über Facebook und die neue Homepage werden Unterstützer gesucht

Das deutsche Schulwesen sei "keine Katastrophe", betont Rauh in der Präambel seines Aufrufes, aber es müsse sich verändern. Dafür brauche es zunächst einmal eine Debatte, und die wolle er anstoßen. Es könne nicht angehen, dass im reichen Deutschland die Bildungsinvestitionen noch immer unter dem OECD-Durchschnitt lägen. Gehör hat sich der Pädagoge bereits verschafft: Seitdem er den Deutschen Lehrerpreis gewann, ist er ein gefragter Interviewpartner. Über Facebook und seine neue Homepage will Rauh jetzt Unterschriften sammeln. Aufgerufen sind alle, die sich für Schule interessieren: Lehrer, Schüler, Referendare, Lehramtsstudenten und Eltern aus verschiedenen Schulformen und Bundesländern.

Weitere Infos unter www.schul-gerecht.de

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