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Berlin: Berlins CDU sieht sich nicht mehr im Tal der Tränen CDU-Landeschef Stölzl spricht von einem „wunderbaren Ergebnis“, und der Streit um Fraktionschef Steffel ist vorläufig beigelegt

Von Stefan Jacobs und Ulrich Zawatka-Gerlach Die Berliner CDU ist mit ihrem Wahlergebnis zufrieden. 26,0 Prozent der Zweitstimmen – immerhin ein Zuwachs von gut zwei Prozent gegenüber der Bundestagswahl 1998 und dem nicht minder desaströsen Stimmergebnis bei der Abgeordnetenhauswahl 2001.

Von Stefan Jacobs und

Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner CDU ist mit ihrem Wahlergebnis zufrieden. 26,0 Prozent der Zweitstimmen – immerhin ein Zuwachs von gut zwei Prozent gegenüber der Bundestagswahl 1998 und dem nicht minder desaströsen Stimmergebnis bei der Abgeordnetenhauswahl 2001. Im Westteil der Stadt blieb die CDU mit 32,6 Prozent zweitstärkste Partei; mit relativ knappem Abstand zur weiterhin führenden SPD. In den östlichen Stadtregionen konnte die Union erwartungsgemäß keine Lorbeeren gewinnen und blieb mit 15,9 Prozent weit hinter Sozialdemokraten und Sozialisten zurück.

Trotzdem wurde der Aufschwung im Vergleich zu den vergangenen Wahlen von der Parteiführung dankbar registriert. Leicht euphorisiert sprach der CDU-Landesvorsitzende Christoph Stölzl von einem „wunderbaren Ergebnis.“ Ja, man sei aus dem Tal der Tränen heraus, sekundierte der ehemalige CDU-Generalsekretär und Bezirksbürgermeister von Mitte, Joachim Zeller. „Jetzt zeigt sich, dass der Erneuerungskurs und die Verjüngung des Berliner Parteiverbandes richtig waren“, freute sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Steffel auf der Wahlparty der Bundespartei.

Steffel hatte noch einen Grund sich zu freuen. Angesichts der Stimmengewinne der Union auch auf Landesebene wurde der parteiinterne Streit um die Person des Fraktionschefs stillschweigend vom Tisch gewischt. „Die CDU ist mit Stölzl und Steffel auf einem guten Weg“, signalierte CDU-Landessprecher Matthias Wambach Versöhnung zwischen den Lagern innerhalb der Union. Die „absurde Debatte um meine Person“ sei erledigt, meinte Steffel. Es sei – bezogen auf das Berliner Ergebnis der Bundestagswahl – nie eine Schmerzgrenze festgelegt worden, unterhalb derer eine „Steffel-Diskussion“ geführt werden sollte, relativierte Landeschef Stölzl die Diskussionen innerhalb der CDU-Abgeordnetenhausfraktion in der jüngeren Vergangenheit. Die nächsten Aufgaben werde er gemeinsam mit Steffel angehen. Er hoffe, so Stölzl, dass die Personaldebatten nunmehr ein Ende hätten.

In den vergangenen Tagen hatte es noch geheißen, Steffel müsse bei einem miserablen Wahlergebnis sein Amt aufgeben. Ex-Finanzsenator Peter Kurth werde möglicherweise neuer Fraktionsvorsitzender. „Von Heckenschützen sollte sich die Berliner CDU in Zukunft nicht mehr beirren lassen“, goss auch Zeller gestern Abend Öl auf die Wogen. Kurth selbst äußerte sich zu dem Thema nicht, sondern zeigte sich gegenüber der rot-roten Regierungskoalition auf Landesebene kampfeslustig. „Das miserable Abschneiden der PDS wird nicht ohne Auswirkungen auf die Senatsarbeit bleiben“, sagte er voraus. Bundesweit habe die PDS den Spagat zwischen den „Rentnerbrigaden der SED“ und den ganz linken Gruppierungen nicht verkraftet. Um das künftige Verhältnis Berlins zum Bund zu klären, so Kurth, müsse jetzt auch die Opposition gehört werden. „Das ist nicht mehr eine Privatsache zwischen dem Regierenden Bürgermeister und einem wohlwollenden Kanzler.“

Die Christdemokraten sind sehr froh darüber, dass die in der Hauptstadt mitregierende PDS im Bundestag an der Fünfprozenthürde gescheitert ist und nur noch mit den Berliner Politikerinnen Petra Pau und Gesine Lötzsch vertreten sein wird. „Die Beteiligung an der rot-roten Koalition in Berlin hat mitgeholfen, der PDS in der Bundespolitik das Genick zu brechen“, frohlockte CDU-Sprecher Wambach. Der Berliner Spitzenkandidat der Christdemokraten, Günter Nooke, kommentierte die Sachlage so: „Die PDS ist verzichtbar, das ist auch ein Wahlergebnis.“

Weniger froh war die Berliner CDU darüber, dass Rot-Grün im Bund möglicherweise weiterregieren kann. Am Wahlabend, als SPD und Grüne sich mit CDU und FDP über viele Stunden ein Kopf-an-Kopfrennen lieferten, hoffte Stölzl sehnsüchtig auf einen Regierungswechsel. „Die Fortsetzung von Rot-Grün wäre eine Katastrophe für Deutschland.“ So oder so – die Berliner Union schaut jetzt optimistischer als bisher nach vorn, auch wenn sie auf Landesebene in der Opposition bleibt. „Wir werden weiterhin eine konstruktive Oppositionspolitik betreiben und keine Polemik“, versprach Fraktionschef Steffel. Viele in der Union hoffen seit Monaten auf einen vorzeitigen Bruch der rot-roten Koalition auf Landesebene. Diese Hoffnungen bekommen nun neue Nahrung.

Trotz aller Zufriedenheit ist die Berliner CDU, was das Wahlergebnis betrifft, noch nicht auf neuen Gipfeln des Erfolges angelangt. 1990, bei den ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen, kamen die Christdemokraten in Berlin auf 39,4 Prozent der Stimmen. 1994 rutschten sie auf 31,4 Prozent ab, um 1998 mit 23,7 Prozent die Talsohle zu erreichen. Während es der Partei im Westen Berlins auch in schlechten Zeiten immer gelang, wenigstens über der 30-Prozentgrenze zu bleiben, verlor sie in den vergangenen Jahren im Osten fast jeden Rückhalt. Diese Zeiten, so hoffen die Christdemokraten, sind nun vorbei.

Wahlkreise konnte die Berliner CDU voraussichtlich nicht erobern. So gut war das Wahlergebnis nun auch nicht. Nur der innenpolitische Experte der Union, Roland Gewalt, rechnete sich am späten Abend in Reinickendorf noch Chancen aus – vergeblich.

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