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Berlin: Berlins Chancen, Strieders Thesen

Vier Beispiele aus dem Papier des Stadtentwicklungssenators

Brücke zwischen West und Ost

Berlin ist durch seine besondere Geschichte, seine geographische Lage und die Erfahrung der außerordentlichen Umbruchsituation nach der Wiedervereinigung prädestiniert, sich in einen „Zukunftsdialog der Metropolen“ einzubringen. Ähnlich der Berlin-Rede des Bundespräsidenten sollte jährlich ein Präsident oder Regierungschef eines mittel- oder osteuropäischen Landes zu einer Berliner Rede eingeladen werden. Die Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen Berlins sollten ihre Kooperation mit Ländern Mittel- und Osteuropas (MOE) intensivieren und Studienprogramme für Studierende aus MOE-Ländern auflegen. Preiswerte Unterkünfte könnten die städtischen Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung stellen. Wohnungen, die genutzt werden, müssen nicht abgerissen werden. Viele Berlinerinnen und Berliner hatten und haben vielfältige Kontakte in die Länder Mittel- und Osteuropas. Ihre Fremdsprachenkenntnisse und beruflichen Erfahrungen müssen im Interesse Berlins im Rahmen der Osterweiterung der EU nutzbar gemacht werden. Sprachauffrischungskurse gehören ins öffentliche Angebot genauso wie Begegnung und Austausch, um Kenntnis, Vertrauen und Zusammengehörigkeit wachsen zu lassen.

Die gemischte Stadt

Städte werden durch ihr Zentrum zusammengehalten. Nachhaltige Stadtentwicklung heißt daher, die Zentren zu reurbanisieren und zu vitalisieren, innerstädtische Entwicklungspotentiale zu aktivieren und damit der Zersiedelung und Suburbanisierung entgegenzuwirken. Berlins Stärke liegt in der Vielfalt seiner Angebote: Dienstleistung und Industrie, Handwerk und Gewerbe, Kunst und Kultur, Wohnen und Freizeit sind nicht getrennt und profitieren gegenseitig. Die Innenstadt als Ort des Lebens, Arbeitens und Wohnens stärkt die soziale wie funktionale Mischung und damit eine zukunftsfähige Stadtentwicklung. Kurzfristige Verwertungsinteressen z. B. für Büroflächen müssen hinter den mittel- und langfristigen Perspektiven einer lebendigen und gemischten Stadt zurückstehen. Wenig anpassungsfähige Strukturen wie in den bisher bestehenden Entwicklungsgebieten gehen an den Bedürfnissen der Stadt vorbei, sie schwächen die Innenstadtbezirke und verbrauchen Ressourcen, die in den Zentren besser eingesetzt wären. Berlin hat die Chance, durch eine intelligente Wiederbelebung von Markthallen und -plätzen Tradition und Modernität zu verbinden und damit einen Beitrag für das Einkaufserlebnis in der Innenstadt zu leisten. Die Attraktivität der Innenstadt ist wichtiger als die Rettung von Fehlinvestitionen an der Peripherie. Die Supermärkte auf der grünen Wiese zielen auf die Kaufkraft Berlins und schwächen damit den städtischen Einzelhandel. Sie müssen zurück in die Stadt. Sie erzeugen zusätzliche Verkehre, weil sie vor den Toren der Stadt liegen und nur mit dem Auto erreichbar sind. Bau- und Möbelmärkte, Gartencenter und Teppichzentralen sind heute nicht mehr wegzudenken. Sie sind wegen ihres großen Flächenbedarfs nicht zentrumstauglich, auch wenn sie mit Teilen ihres Sortiments der Innenstadt Konkurrenz machen. Zwischen der Innenstadt und der Peripherie ist entlang der Ausfallstraßen genügend Raum für städtebauliche Konzepte, mit deren Hilfe die Integration großer Fachmärkte in die Stadt gelingen kann und so städtische Kaufkraft stabilisiert wird.

Berlin und Brandenburg

Berlin hat verglichen mit anderen großen Städten eine außergewöhnliche Stadt-Umland-Situation. Dem Agglomerationsraum Berlin mit mehr als vier Millionen Menschen stehen große ländliche Gebiete mit sehr geringer Einwohnerzahl gegenüber. Die Abwanderung aus dem ländlichen Raum des Ostens ist eine überwiegend nachholende Entwicklung dessen, was in der Oberpfalz, auf der schwäbischen Alb oder in Ostfriesland längst stattgefunden hat. Das Problem besteht darin, dass die Städte des Ostens wie Berlin, Leipzig und Dresden nicht ausreichend wirtschaftlich stark sind, um die Menschen in der Region halten zu können. Berlin und der Brandenburger Gürtel haben die Aufgabe, einen Kern zu bilden, der den Menschen die Chance gibt, zwar vom Land in die Stadt zu ziehen, aber dennoch in der Region bleiben zu können. Wenn Berlin und der brandenburgische Gürtel prosperieren, wird auch Kaufkraft in die entfernten Regionen zurückkehren. Die sich jetzt entleerenden Dörfer erhalten in Teilen eine neue Funktion: Orte der Ruhe und Erholung, der zeitweisen ungestörten Arbeit. Je mehr Einkommen im Großraum Berlin vorhanden ist, desto mehr Kaufkraft wird von hier in die ländlichen Regionen Brandenburgs fließen. Die Bildung eines gemeinsamen Landes ist die Voraussetzung dafür, Maßnahmen gegen Zersiedelung umzusetzen und strukturelle Defizite ausgleichen zu können.

Zuwanderung und Integration

Berlins Aufstieg war stets mit dem Zuzug von Menschen aus anderen Ländern verbunden. Auch heute braucht Berlin als Dienstleistungsmetropole Zuwanderung. Das verlangt von jedem Einzelnen Gemeinsinn und Toleranz gegenüber Andersdenkenden, gegenüber Menschen anderer Ethnien und Kulturen. Voraussetzung für ein akzeptiertes Zusammenleben ist ein umfassendes Integrationsangebot, vor allem in den Quartieren mit einem hohen Anteil von Migrantinnen und Migranten. Auf der anderen Seite können nur diejenigen erfolgreich integriert werden, die auch den Beweis ihrer Integrationswilligkeit erbringen. Das Gemeinwesen muss von Neuankömmlingen Integration verlangen. Das umfasst die deutsche Sprache in Wort und Schrift, dazu gehören aber auch Verhaltensweisen städtischer Kultur. Vieles, was z. B. das Bild der Türken in Berlin prägt, stammt aus dörflichen Verhaltensweisen, die in der Großstadt Istanbul ein Integrationshindernis gewesen wären. Zur Integration gehört Offenheit, nicht aber Teilnahmslosigkeit.

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