zum Hauptinhalt
Ulrike Gote (Grüne), Berliner Senatorin für Gesundheit und Wissenschaft.

© dpa / Christoph Soeder

Update

Berlins Senat zur Krise in den Kinderkliniken: Große müssen „ein Stück weit“ für Kleine zurückstecken

Atemwegsinfektionen wie RSV belasten das Gesundheitswesen, erste Behandlungen für Erwachsene werden verschoben, um Platz und Personal für Kinder freizuhalten.

| Update:

Volle Stationen, kaum noch Zeit für die kranken Kinder und zunehmend besorgte Eltern – nach den dramatischen Schilderungen aus Berliner Kliniken hatte Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) am Montag öffentlich reagieren sollen. Das wünschte sich jedenfalls die oppositionelle CDU im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses. Doch Gote kam nicht, sie wurde von Wissenschaftstaatssekretärin Armaghan Naghipour (parteilos, für Grüne) vertreten.

Naghipour versicherte, die Landesregierung sei aktiv. Die Kliniken verschöben in Absprache mit der Gesundheitsverwaltung elektive, also planbare Eingriffe und organisierten intern den Personaleinsatz um. Die Charité übernehme stadtweit die Federführung. Angesichts massenhafter Virusinfektionen von Kleinkindern hatte die Universitätsklinik angekündigt, ein Netzwerk für Kindermedizin einzurichten.

Vergleichbar ist dieses Vorgehen mit dem in der Corona-Pandemie, als die Intensivstationen in Berlin drei „Levels“ zugeteilt wurden. Als Level I behandelte die Charité die schwersten Fälle. Für Level II zuständig waren 16 Kliniken, darunter die ebenfalls landeseigenen Vivantes-Häuser, die auch schwere Covid-19-Patienten versorgten. Level-III-Kliniken kümmerten sich um Intensivfälle, die nicht mit Sars-Cov-2 infiziert waren.

Verwaltung weist Kritik zurück

Doch damit berichtete Staatssekretärin Naghipour weitgehend Bekanntes. Am Wochenende hatte ein Sprecher der Senatsgesundheitsverwaltung die Kritik von Kinderärzten zurückgewiesen. Sie hatten in einem Brandbrief bemängelt, es habe sich bei der Versorgung von Kindern trotz steter Hinweise auf die schwierige Lage wenig getan.

Nachdem die Senatorin am Montag nicht im Ausschuss auftauchte, sagte sie am Dienstag dem öffentlich-rechtlichen RBB: „Und gegebenenfalls müssen wir schauen, ob wir auch Betten, die für Erwachsene gedacht sind, jetzt vorübergehend in dieser dringenden Lage auch für Kinder nutzen können.“ Große müssten nun „ein Stück weit“ für Kleine zurückstecken, was sich auf die verschobenen, planbaren OPs bezieht. Die Lage sei bundesweit „sehr, sehr prekär“, bestätigte Gote, der Senat aber habe schon viel getan.

Mit den Chefärzten der Kinderkliniken und der Leitung des Rettungsdienstes habe es schon im November ein Treffen gegeben, sagte der Sprecher. Zudem verhandele die Senatsverwaltung mit der Kassenärztlichen Vereinigung, die für die niedergelassenen Mediziner zuständig ist, darüber, ob die Praxen länger öffnen könnten.

Kommission stellt Reformplan vor

Der Senat habe sich im Bund dafür eingesetzt, sagte Staatssekretärin Naghipour am Montag noch, dass die Kinderkliniken kostendeckend arbeiten können, nun müsse man die Pläne der Bundesregierung abwarten.

Am Dienstag will die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzte Expertenkommission ihren Plan für eine Reform der Krankenhausversorgung vorstellen. Dabei geht es um die Frage, wodurch das aktuelle System der Fallpauschalen ersetzt wird. Bislang zahlen die Krankenkassen den Kliniken pro Behandlungsfall eine fixe Summe – weshalb es lukrative, kostendeckende Eingriffe gibt und solche, für die Kliniken mehr ausgeben, als sie finanziert bekommen.

Die Lage in den Kliniken und Praxen für Kinder ist gefährlich, die Not enorm.

Mario Czaja, CDU-Bundesgeneralsekretär

Insbesondere Kinderabteilungen arbeiten mit hohem Personalaufwand, aus betriebswirtschaftlicher Sicht müssten viele von ihnen schließen. Lauterbach war auch dafür zuletzt scharf kritisiert worden. „Neben der chinesischen Regierung scheint Minister Lauterbach der einzige zu sein, der keinen angemessenen Umgang mit Corona gefunden hat. Doch während sich Lauterbach auf dieses Virus versteifte, vergaß er insbesondere die Jüngsten“, sagte CDU-Bundesgeneralsekretär Mario Czaja, der von 2011 bis 2016 Berliner Gesundheitssenator war. „Die Lage in den Kliniken und Praxen für Kinder ist gefährlich, die Not enorm.“

Die Kliniken werden durch steigende Fallzahlen atemwegserkrankter Kleinkinder – vor allem durch das RS-Virus und Grippe – belastet. An RSV kann man in jedem Alter erkranken, vor allem für Kleinkinder ist der Erreger gefährlich. Er kann einfache Atemwegsinfektion hervorrufen, aber auch schwere, mitunter lebensbedrohliche Verläufe sind möglich.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false