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Berlins historische Mitte: Am Schlossplatz ist der Würfel gefallen

Thyssen-Krupp will einen Glaskubus unmittelbar vor das Staatsratsgebäude am Schlossplatz stellen. Das stößt auf Kritik - eine Architekturdebatte ist programmiert.

Zwei Monate hat es gedauert. Jetzt endlich hat Senatsbaudirektorin Regula Lüscher gemeinsam mit Managern vonThyssen-Krupp das Ergebnis des internationalen Architekturwettbewerbs für einen Neubau des Konzerns unmittelbar am Schloss vorgestellt. Ein Kubus mit „Glasvorhang“ soll in dieser erstklassigen Lage entstehen, vis-à-vis von Bauakademie, Schloss und Einheitsdenkmal. Und er wird den Blick auf das wohl wichtigste Baudenkmal der DDR-Zeit verstellen, das Staatsratsgebäude. Eine Architekturdebatte ist programmiert, zumal schon jetzt niemand so richtig zufrieden zu sein scheint mit dieser Bauaufgabe.

Der „Grundstücksverkauf war gerade abgewickelt, als ich angetreten bin“, sagte Senatsbaudirektorin Lüscher fast entschuldigend. Für das von Amtsvorgänger Hans Stimmann geerbte Projekt fand sie aber auch lobende Worte, vor allem für dessen „öffentliche Nutzung“. Denn auf Straßenniveau ist ein Café vorgesehen und im zweiten Geschoss eine offene Terrasse, die den Kubus wie ein Schnitt in zwei Teile trennt. Oberhalb der Terrasse entstehen Büroflächen, von denen Thyssen-Krupp selbst nur Teile nutzen will.

Wie weit der Bauherr sein neues Haus wirklich öffnen wird, ist aber nicht ausgemacht. Thyssen-Krupp-Manager Martin Grimm ist zurückhaltend: Fragen der „Sicherheit und der Kosten“ seien noch zu klären. Und auch gebe es „Unwägbarkeiten“ bei dem Projekt: Der morastige Baugrund sei schwierig und archäologische Voruntersuchungen ließen „umfassende historische Funde verschiedener Epochen erwarten“. Fundamente und Holzpfähle aus mittelalterlichen Siedlungen, Reste des Friedhofs des ehemaligen Dominikanerklosters und von Schleusenbauwerken. Auch gebe es noch keine „endgültige Klärung grundstücksrechtlicher Fragen“. Abstimmungen mit den Nachbarn seien außerdem erforderlich.

Das wird nicht einfach. Denn einer der Nachbarn, der Bauherr des Schlosses, sieht das Projekt sehr kritisch: „Durch den Neubau versinkt das letzte qualitätsvolle Gebäude aus der DDR-Zeit in die Bedeutungslosigkeit“, sagt Manfred Rettig, Chef der Stiftung Berliner Schloss Humboldtforum. Das Staatsratsgebäude zeichne sich aus durch einen fein ausgearbeiteten Rhythmus zwischen dem historischen Schlossportal IV im Zentrum und den Neubauteilen rechts und links davon. Der Kubus von Thyssen-Krupp, der bis zu 14 Meter an das Baudenkmal heranrückt, verstellt aber dessen westlichen Flügel.

Zu wenig Sorgfalt bei der Suche nach Lösungen für die schwierige Bauaufgabe ist dem Investor nicht vorzuwerfen. Das Büro Schweger & Partner, von dem der Entwurf stammt, hat sich gegen 257 Wettbewerber in einem zweistufigen Verfahren durchgesetzt. Die Jury war hochkarätig besetzt. Und auch die drei zweitplatzierten Büros legten Variationen eines Kubus vor. Einige erinnern an die rationalistische Berliner Architektur der 90er Jahre (Kaspar Kraemer), andere zeichnen in der Fassade den leichten Bogen im Straßenverlauf nach (Grüntuch Ernst).

Der 26 Meter hohe Neubau soll sieben Geschosse bekommen mit einer Fläche von 5000 Quadratmetern. Auf 20 Millionen Euro schätzt der Investor die Kosten. Zum Baustart wollte er sich nicht äußern. „Wir werden dieses Projekt nicht durchboxen“, so Thyssen-Krupp-Geschäftsführer Martin Grimm. Es werde dort nur ein Gebäude errichtet, „das von der Berliner Öffentlichkeit auch akzeptiert wird“.

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